Fantasien des Fifa-Chefs Das EM-Niveau ist nicht "ausgezeichnet"

Fifa-Chef Gianni Infantino äußert sich begeistert über die bisherige EM.

Fifa-Chef Gianni Infantino äußert sich begeistert über die bisherige EM.

(Foto: dpa)

Als Gianni Infantino Fifa-Chef werden wollte, warb er für mehr Teams bei der WM. Nun sieht er sich von der aufgestockten Fußball-EM bestätigt: Das spielerische Niveau sei "ausgezeichnet". Mit der Realität hat das nicht viel zu tun.

Fifa-Chef Gianni Infantino ist offenbar ein Fan von der EM-Ausweitung auf 24 Mannschaften - und will die Weltmeisterschaften in Sachen Vergrößerung nicht hintenanstehen lassen. Bereits im kommenden Herbst könnten Infantino und das neue Fifa-Komitee beschließen, dass die WM-Turniere künftig mit 40 statt 32 Teams ausgetragen werden. "Ich glaube, dass wir so weltweit noch mehr Fußballfans gewinnen", sagte Infantino. Mehr Länder, mehr Einwohner, mehr Fußball-Anhänger - eine simple Rechenaufgabe, die nichts mit der Attraktivität der Spiele zu tun hat.

Infantino sieht in der Fußball-EM 2016 mit erstmals 24 Mannschaften eine gute Werbung für die geplante Aufstockung des Teilnehmerfeldes bei Weltmeisterschaften: "Die Spiele waren fast allesamt sehr umkämpft, in den Gruppen ging es rund bis zum Ende, alles war sehr ausgeglichen", sagte der Schweizer. Das spielerische Niveau sei "ausgezeichnet" gewesen, sagte der Weltverbands-Chef. "Die EM und auch die Copa América haben gezeigt, dass das Niveau des Weltfußballs sehr hoch ist und die WM die Teilnahme von 40 Teams verträgt." Infantino betreibt Augenwischerei - oder er hat den Großteil der Turnierspiele nicht in voller Länge gesehen.

Offensichtliche Parallele

Die Copa Améria war mitnichten hochklassig: Chile verteidigte den Titel mit einem Team, das zwischenzeitlich sehr durchwachsene Leistungen zeigte und eher von Aussetzern und Formschwäche der Gegner profitierte; wie etwa beim historisch hohen 7:0 gegen Mexiko im Viertelfinale. Und das "ausgezeichnete spielerische Niveau" bei der bisherigen Europameisterschaft in Frankreich? Meint er etwa Schweiz gegen Albanien? Das Dilettantenfest Österreich gegen Ungarn? Deutschland gegen Polen? Oder das Schlafspiel Kroatien gegen Portugal?

Spielerisch wertvoll waren auch die anderen Partien in den seltensten Fällen - wie es auch viele erwarteten. Schließlich wurde Fast-Ex-Uefa-Boss Michel Platini nicht von einer plötzlichen europaweiten Qualitätsexplosion zur Ausweitung des EM-Teilnehmerfelds genötigt - sondern seinem Bedarf nach Unterstützung von den kleineren Verbänden.

Die Parallele zur Fifa ist offensichtlich: Bei seinem Wahlkampf zum Chefposten hatte Infantino die Aufstockung der Weltmeisterschaft ebenfalls immer wieder angekündigt und verteidigt. Nun sagte er, vor der Entscheidung bei der nächsten Komitee-Sitzung werde die Fifa "zunächst mit allen Involvierten sprechen: den Spielern, den Klubs, den Ligen, den Verbänden und auch unseren Partnern. Dann werden wir sehen, was die überwiegende Meinung von allen ist."

Die Antworten werden klar sein - wer will schon nicht bei einer Weltmeisterschaft mitspielen oder mitfiebern? Aber um die Antworten und den Fußball geht es weniger. Sondern um Machterhalt - und Geld.

Quelle: ntv.de, mit sid

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