Für Viertelfinale wohl gesetzt Draxler verhagelt Götze die EM

Überraschte gegen die Slowaken mit einer starken Vorstellung: Julian Draxler.

Überraschte gegen die Slowaken mit einer starken Vorstellung: Julian Draxler.

(Foto: imago/Matthias Koch)

Gesagt, getan: Der Bundestrainer rät Julian Draxler vor dem EM-Achtelfinale, doch einfach mal die Slowaken schwindelig zu spielen. Und was macht er? Genau das. Erstaunlich. Für Mario Götze ist das allerdings keine gute Nachricht.

So simpel kann Fußball sein. Da setzt der Bundestrainer Julian Draxler für eine Partie auf die Bank - und prompt dreht der in der nächsten Partie auf, dass es eine helle Freude ist. So agil, so energisch und letztlich auch so erfolgreich wie am Sonntagabend in Lille hatte der 22 Jahre alte Wolfsburger lange nicht mehr gespielt. Beim nahezu weltmeisterlich souveränen 3:0 (2:0) der deutschen Nationalelf gegen die Slowakei im Achtelfinale der Europameisterschaft war er einer der Besten seiner Mannschaft. Auch seinetwegen geht es nun am kommenden Samstag in Bordeaux im Viertelfinale gegen Italien oder gegen Spanien, die sich heute (ab 18 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) im Stade de France gegenüberstehen.

Wer sich vorher gewundert hatte, dass Draxler nun wieder in der Startelf stand, der fragte sich hinterher: Wer steckt im weißen Trikot mit der schwarzen Nummer 11? Die Erklärung, die Draxler für seine Verwandlung vom Spezialisten für abgebrochene Dribblings zum durchsetzungsstarken Flügelstürmer anbot, klang denkbar einfach. Joachim Löw habe mit ihm darüber gesprochen, was genau er auf dem Rasen tun soll - nämlich in die offensiven Zweikämpfe zu gehen und sie möglichst auch zu gewinnen. "Das hat er von mir gefordert", berichtete Draxler und sagte dann den schönen Satz: "Das war Teil seiner Ansprache, die er an mich gerichtet hat." Aber noch etwas hatte der Trainer getan. "Er hat mir sehr viel Selbstvertrauen zugesprochen. Er weiß, dass ich gut bin. Und er hat von mir verlangt, dass ich diese Eins-zu-eins-Situationen suche." Will heißen: Er sollte etwas versuchen, auch auf die Gefahr hin, dass nicht alles klappt. Und als Musterschüler hat Draxler das natürlich getan.

Löws Plan geht auf

Beim 2:0 gegen die Ukraine und beim 0:0 gegen Polen hatte genau das gefehlt, um aus einer soliden Leistung eine gute bis sehr gute zu machen. Auf der eigentlich für den verletzten Dortmunder Marco Reus reservierten Planstelle hatte Draxler dem Offensivspiel nicht die Impulse gegeben, die die Mannschaft entscheidend weiterbringen. Daher baute Löw für das letzte Gruppenspiel sein Team um. Beim 1:0 gegen Nordirland vertraute er mit Mario Gomez einem Mittelstürmer den Job des Mittelstürmers an, Mario Götze wechselte auf die linke Seite - und Draxler auf die Bank. Und weil das gut klappte, dachten viele, das war es nun für den ehemaligen Schalker bei dieser EM. Wie ist er damit umgegangen? "Wir haben eine sehr gut veranlage Mannschaft. Daher ist es kein Problem, wenn man das eine oder andere Spiel mal nicht dabei ist. Ich habe einfach versucht, im Training weiter zu zeigen, dass ich bereit bin, dass ich den Kopf nicht hängen lasse und dass der Bundestrainer auf mich zählen kann."

Offenbar mit Erfolg. Nach dem Sieg gegen die Slowakei sagte Löw: "Draxlers Aufstellung war eine Folge seines sehr guten Trainings. Ich habe ihn aufgefordert, mutig zu spielen und das Risiko zu suchen." Der Plan ging auf, wie nicht nur die 44.321 Zuschauer im Stade Pierre Mauroy sahen. Nachdem Jérôme Boateng die DFB-Elf in Führung gebracht (8.) und Mesut Özil einen Elfmeter mit einer Rückgabe verwechselt hatte (14.), war es Draxler, der kurz vor der Pause das zweite deutsche Tor über seine, die linke Angriffsseite vorbereitete. Erst spielte er Juraj Kucka schwindelig, inklusive Übersteiger, dann passte er den Ball so vors Tor, dass Mario Gomez nur noch seinen Fuß hinhalten musste. Und das 3:0 (63.) besorgte Draxler dann selbst. Nach einem Eckball von Toni Kroos köpfte Mats Hummels den Ball im hohen Bogen dorthin, wo der Wolfsburger stand, nämlich links an der Ecke des Fünfmeterraumes. Draxler schoss den Ball volley ins Tor, was nicht so einfach war, wie er es aussehen ließ.

In einem Klub mit Griezmann und Hazard

Die Uefa hatte ihn gar zum Mann des Spiels wählen lassen. Da war er an diesem Sonntag in guter Gesellschaft, der Franzose Antoine Griezmann und der Belgier Eden Hazard hatten nach ihren gewonnen Achtelfinalspielen gegen die Iren und die Belgier diese Auszeichnung ebenfalls erhalten. Dementsprechend euphorisch zeigte sich Draxler beim Frage-und-Antwort-Spiel nach der Partie. Nein, das tat er nicht, er handelte die Angelegenheit nüchtern ab. Aber ein bisschen hatte er es denen schon zeigen wollen, die gesagt und geschrieben hatten, einen Platz in der Startelf bekomme er bei diesem Turnier nicht mehr - oder?

"Nun, ich wollte einfach der Mannschaft helfen", sagte Draxler und wackelte auf seinem Drehstuhl hinter dem Tisch auf dem Podium hin und her. "Heute habe ich eine weitere Chance bekommen und ich bin sehr froh, ein gutes Spiel geliefert zu haben." War es denn sein bestes von nun 22 Länderspielen, ein Durchbruch im Nationaltrikot gar? "Ich freue mich einfach, dass ich heute sicherlich ein gutes Spiel gemacht und der Mannschaft geholfen habe. Inwiefern es jetzt das beste oder zweitbeste Spiel war - keine Ahnung. Das können andere viel besser beurteilen als ich."

Vielleicht Mario Götze? Der schlenderte am späteren Sonntagabend in Lille entspannt durch die Mixed-Zone, dem Ort im Keller des Stadions, an dem sich Spieler und Journalisten zu Gesprächen treffen - obwohl das kein guter Tag für ihn war. Niemand unterstellt ihm, er täte nicht alles für den Erfolg der DFB-Elf. Aber es spricht nun einmal viel dafür, dass Draxler auch im Viertelfinale auf der linken Seite stürmt und Gomez in der Mitte spielt. Was er denn zur Leistung des Konkurrenten sage, wurde Götze gefragt. "Er hat sehr gut gespielt", beschied er - und betonte flugs, dass nicht nur Draxler, sondern die ganze Mannschaft gegen die Slowakei überzeugt habe. Dass Löw den Mann des Spiels nach 72 Minuten ausgewechselt hatte und dafür Lukas Podolski auf dem linken Flügel hatte spielen lassen, dazu sagte Götze lieber nichts.

Quelle: ntv.de

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