Mit derselben Elf gegen Ungarn Nagelsmann klettert von der kollektiven EM-Wolke sieben
18.06.2024, 19:10 Uhr
Nagelsmann und sein Leader haben einen Plan für die Partie gegen Ungarn.
(Foto: IMAGO/Beautiful Sports)
Gegen Ungarn kann das DFB-Team bereits das Ticket für die K.-o.-Phase bei der Heim-EM buchen. Die Euphorie im Land ist spätestens nach dem Auftakt gegen Schottland entfacht, doch ausgerechnet Bundestrainer Julian Nagelsmann dämpft die Erwartungen.
Die völlig losgelöste Fußball-Nation träumt von der nächsten Rasen-Gala, doch Julian Nagelsmann ist auf EM-Wolke sieben plötzlich ins Grübeln geraten. Droht der jähe Absturz? Der Angstgegner Ungarn jedenfalls, sagt der Bundestrainer, ist "unangenehm, schwer vorzubereiten" und irgendwie "schwer zu packen". Damit seine Zauberfüße um das magische Duo "Wusiala" bei der EM-Premiere der pink-lila Auswärtstrikots nicht ihr blaues Wunder erleben, redet er ihnen ins Gewissen - wie bei der auffällig langen Ansprache beim Abschlusstraining am Dienstag.
Was genau Nagelsmann da erzählte, verrät er nicht - für den erhofften nächsten Sieg aber, sagt er, habe er gleich mehrere "Schlüssel" gefunden. "Wir haben die Ungarn sehr gut analysiert und eine klare Idee, wie sie spielen." Diese impft er Kapitän İlkay Gündoğan und Co. ein, damit sie ja "im Flow" bleiben und weiter auf der Euphoriewelle surfen.
Nur so viel, meint Nagelsmann: Ungarn stehe nach dem 1:3 gegen die Schweiz "ein bisschen mehr unter Druck als wir, er erwarte den Weltranglisten-26. daher "einen Tick offensiver". Und genau darin liege die "Chance" seiner Elf. Zugleich warnt Nagelsmann vor allzu überzogenen Erwartungen. Es dürfe niemand glauben, "dass wir jeden Gegner aus dem Stadion schießen", betont er.
Keine Wechsel in der Startelf
Beim Rudelgucken auf dem "Dorfplatz" oder im "Wohnzimmer" des Turnierquartiers haben sich die Stars selbst ein Bild gemacht - und sie sind offenbar beeindruckt. Manuel Neuer spricht von einem "großen Warnsignal", Toni Kroos ergänzt: "Ich will gar nicht auf die Euphoriebremse treten, das ist ja das, wonach sich Fußball-Deutschland so lange gesehnt hat", aber: Der Weg zum Erfolg "kann nicht sein, zu träumen", betont Kroos, man müsse "wissen, dass ein deutlich schwereres Spiel vor unserer Brust ist" als beim mitreißenden 5:1 zum Auftakt gegen schwache Schotten.
Danach hat Nagelsmann seine Spieler zunächst genießen lassen. Sie aßen Eis beim Familienbesuch, radelten durch die fränkischen Blumenfelder, kickten am Pool, feierten eine Party beim Partner Adidas, spielten Poker oder pflegten kleinere Wehwehchen wie Kroos seine Nackenbeschwerden. "Wir hatten ein paar Stunden, um durchzuschnaufen, das tut den Spielern und den Familien gut", sagt Nagelsmann. Kroos sieht "ein cooles Miteinander, ein gutes Gefühl. Jetzt müssen wir nur noch weit kommen."
Ein Sieg über Ungarn am Mittwoch (18 Uhr/ARD, MagentaTV und im ntv.de-Liveticker) in Stuttgart - und das Achtelfinalticket könnte schon vor dem abschließenden Duell mit der Schweiz gebucht sein. Lösen soll es die Schottland-Elf, als erste Wechselspieler stehen wie in München Niclas Füllkrug, Leroy Sané und Pascal Groß bereit.
Letzter Sieg gegen Ungarn vor acht Jahren
Eine besonders wichtige Rolle kommt Kroos' Nebenmann Robert Andrich zu, der beim launigen Pool-Kick den Ton angab. Bei Ungarn, sagt Nagelsmann, "sind viele Freigeister unterwegs", gerade der frühere Leipziger Dominik Szoboszlai turne "überall rum, ist mal Innenverteidiger, mal Zehner, mal Spitze. Er ist sehr schwer zu greifen, der Schlüsselspieler" - und damit ein Fall für "Zerstörer" Andrich. Der Leverkusener geht allerdings mit der Hypothek einer Gelben Karte ins Spiel.
Der letzte Sieg gegen Ungarn gelang mit einem 2:0 in einem EM-Testspiel vor acht Jahren noch unter Ex-Bundestrainer Joachim Löw. Beim 2:2 im Gruppenfinale 2021 fehlte Szoboszlai verletzt, in der Nations League führte er Ungarn 2022 aber zu einem 1:1 und 1:0 gegen Deutschland. Gleich zehn Ungarn, die damals in Leipzig über die DFB-Elf triumphiert hatten, standen gegen die Schweiz in der Anfangsformation, von den deutschen Startspielern sind nur Antonio Rüdiger, Joshua Kimmich und Gündoğan noch gesetzt.
Letzterer setzt bei der Revanche voll auf den Faktor Nagelsmann - besonders angesichts der neuen Begeisterung im Umfeld. "Die Ruhe und Gelassenheit, die er hat, sich nicht von äußeren Dingen beeinflussen zu lassen, gibt der Mannschaft viel Ruhe und Selbstvertrauen", sagt der Spielführer und lobt: "Das ist echt herausragend."
Und so fürchtet kaum jemand, dass es im zweiten Gruppenspiel wie etwa bei der WM 2010 oder 2014 schiefgehen könnte. "Wir wissen", sagt DFB-Sportdirektor Rudi Völler, was Ungarn den neuen deutschen EM-Helden "abverlangen" werde. "Aber auch da sind wir gewappnet." Das Ziel sei klar: "Wir wollen natürlich versuchen, Gruppenerster zu werden."
Quelle: ntv.de, ara/sid