16-jähriges "Geschenk Gottes" Rekord-Teenie Yamal crasht feurige Party der Kroaten

Augen aufs Wesentliche: Lamine Yamal war von Kroatien kaum zu stoppen.

Augen aufs Wesentliche: Lamine Yamal war von Kroatien kaum zu stoppen.

(Foto: IMAGO/Propaganda Photo)

Er hat Schulaufgaben im Gepäck und sein Trainer wird bei ihm religiös: Lamine Yamal verzaubert in Berlin Freund und Feind. Und das mit 16 Jahren. Beim Sieg der Spanier über Kroatien schießen andere die Tore, doch der Sensations-Teenie bricht einen Rekord - und hat ein Date mit dem Finale.

Sommer, Sonne, EM-Stimmung. In Berlin ist am Samstag alles gemacht für eine große Party. Eine Party für die Kroatien wohlgemerkt, die bei der Fußball-Europameisterschaft ein vielleicht letztes Mal mit der goldenen Generation um Superstar Luka Modric für Furore sorgen wollen. Zehntausende Kroaten, die nach Berlin gereist sind, feiern den Tag über sich und ihr Team. Beim Fanmarsch, der sich am West-Berliner Breitscheidplatz in Richtung Olympiastadion aufmacht, sorgen etwa 7000 Anhänger der "Vatreni" ("Feurige"), so wird die kroatische Nationalmannschaft passenderweise genannt, für ordentlich Lärm und Pyro-Zündelei.

Doch auf dem Rasen macht Spanien den eiskalten und viel zitierten Party-Crasher. Im Aufeinandertreffen der nächsten EM-Favoriten, Kroatien muss man nach dem 2:1 gegen Portugal bei der Generalprobe vor dem Turnier durchaus dazuzählen, nach dem fulminanten Auftakt der DFB-Elf am Freitagabend dominiert eine effiziente "La Roja" und gewinnt verdient mit 3:0 (3:0). Dabei sticht besonders heraus: ein 16-jähriger Teenager. Der erste, der jemals bei einer Europameisterschaft eingesetzt wurde. Lamine Yamal wird zum jüngsten EM-Spieler jemals und lässt Spanien träumen.

Spanien - Kroatien 3:0 (3:0)

Tore: 1:0 Morata (29.), 2:0 Fabian Ruiz (32.), 3:0 Carvajal (45.+3)
Spanien: Unai Simon - Carvajal, Le Normand, Nacho, Cucurella - Pedri (59. Olmo), Rodri (86. Zubimendi), Fabian Ruiz - Yamal (86. Torres), Morata (67. Oyarzabal), Williams (68. Merino). - Trainer: de la Fuente
Kroatien: Livakovic - Stanisic, Sutalo, Pongracic, Gvardiol - Modric (65. Pasalic), Brozovic, Kovacic (65. Sucic) - Majer, Budimir (56. Perisic), Kramaric (72. Petkovic). - Trainer: Dalic
Schiedsrichter: Michael Oliver (England)
Gelbe Karten: Rodri -
Bes. Vorkommnis: Simon hält Foulelfmeter von Petkovic (80.)
Zuschauer: 68.844 in Berlin

Er habe eine "große Lust" in seiner Mannschaft wahrgenommen, sagt Spaniens Kapitän Álvaro Morata nach der Partie bei MagentaTV und denkt dabei möglicherweise vor allem an Yamal. Sein Dank gilt auch den spanischen Fans, die nach den Toren ihres Teams immer mehr mit der kroatischen Übermacht auf den Rängen mithalten können. Die Atmosphäre sei "wunderbar" gewesen. Man habe "tolle Arbeit geleistet" und sei sehr geschlossen aufgetreten, sagt Fabián Ruiz.

Zunächst Kroatiens Fans obenauf

Luka Modric, mittlerweile 38 Jahre alt, will es noch einmal wissen, er will seine Nationalmannschaftskarriere endlich wirklich vergolden. In der Nations League 2023 sprang erneut (nach der Vize-Weltmeisterschaft 2018 und WM-Bronze 2022) fast ein Titel heraus, aber im Finale unterlag das Team ausgerechnet Spanien im Elfmeterschießen. Bei Europameisterschaften hatte die "Vatreni" allerdings nicht so gute Leistungen abgeliefert, das sollte sich diesmal ändern. Vor allem, weil alle Kroaten auch für ihren Volkshelden Modric kicken, der langsam in die Jahre kommt.

Ein Pluspunkt der Kroatien ist zwar, dass sie vor allem im Mittelfeld über Jahre zusammengespielt hat und sich blind versteht. Hinzu kommt noch ein dickes Pfund Erfahrung. Dass das allerdings nicht nur etwas Positives ist, hat mit dem Alter der Hauptdarsteller zu tun. Mateo Kovacic durfte in diesem Jahr bei Manchester City zwar manches Mal in die Startelf, musste aber auch immer wieder auf der Bank Platz nehmen. Marcelo Brozovic spielt in einer schwachen Liga in Saudi-Arabien mit Cristiano Ronaldo und Sadio Mané für Al-Nassr.

Der nimmermüde Modric wurde bei Real Madrid zum Nebendarsteller degradiert. Auch bei der Pleite gegen Spanien ist er nicht der dominante Dirigent und die geniale Passmaschine vergangener Tage. An der Kette von Wachhund Fabián Ruiz, der später als Spieler des Spiels ausgezeichnet wird, kommt er kaum zur Entfaltung. Dabei ist das Olympiastadion fest in kroatischer Hand, die Anhängerinnen und Anhänger von "Vatreni" machen Lärm von Anfang an, zündeln immer wieder. Jeder gewonnene Zweikampf wird frenetisch gefeiert.

Spaniens Führung aus dem Nichts

Nach einer ausgeglichenen Anfangsphase wird deutlicher und deutlicher: Kroatiens Oldies können nicht mehr mit den Spaniern mithalten. Sei es der 20-jährige Pedri im Mittelfeld, sei der Boss Rodri von Manchester City auf der Sechs. Vor allem ist es aber die Teenager-Sensation Lamine Yamal. Mit seinen pfeilschnellen Läufen, nicht vorherzusagenden Körpertäuschungen und Powerdribblings stellt der 16-Jährige die kroatische Abwehr vor mächtige Probleme.

Nach dem 1:0 durch Alvero Morata (29.) mit dem ersten ernstzunehmenden Angriff (der lange Pass kommt ausgerechnet von Modric-Bewacher Fabian) kann Kroatien im Gegenzug beinahe antworten, aber Kovacic vergibt. Dann kommt erneut nur 60 Sekunden später Yamal zu seinem ersten großen Auftritt. Immer anspielbar am rechten Flügel, lauert er auf minimal zu viel gegebenen Raum, um durchzustarten. Gelingt ihm das, ist er kaum noch zu halten

So tanzt er diesmal im rechten Strafraumeck zwei Kroaten aus, bricht das Dribbling aber geistesgegenwärtig ab, weil er sieht, dass der Weg zum Tor zugestellt ist. Sein Pass in die Mitte kommt über Umwege zu Pedri. Vom 16-Jährigen zum 20-Jährigen. Herrlich. Pedri passt zu Fabián, der Modric nass macht und zwei weitere Kroaten gleich mit, sein noch leicht abgefälschter Schuss schlägt unten rechts ein. Spaniens Fans tanzen, während die vielen Kroaten im Rund verstummen.

Lamine Yamal, das "Geschenk Gottes"

Zum unnötigsten Zeitpunkt für Kroatien, weil Sekunden vor dem Pausentee, fällt das 3:0 und dieses Mal ist Yamal der direkte Vorlagengeber. Nach einer kurz ausgeführten Ecke flankt der Teenie von rechts flach vor das Tor. Der Ex-Leverkusener Daniel Carvajal spritzt in den Ball hinein und spitzelt in über die Linie. Wie die DFB-Elf führt ein effizientes Spanien dominant mit 3:0 zur Halbzeit - allerdings ist der Gegner Kroatien von einem anderen Format als Schottland.

"Er ist ein Junge mit unglaublichem Talent. Es ist fast wie ein Geschenk Gottes, nur wenige Spieler haben seine Qualität", schwärmte Spanien-Coach Luis de la Fuente jüngst von Yamal. Der Flügelstürmer hat in acht Länderspielen nun zwei Tore geschossen und fünf Assists geliefert, im September 2023 im Alter von 16 Jahren und 57 Tagen war er zum jüngsten Spieler und Torschützen der spanischen Nationalmannschaft geworden. In einem Alter, in dem andere zur Schule gehen und nur Flausen, Mädchen oder Jungs im Kopf haben. Allerdings, auch Yamal macht derzeit den mittleren Schulabschluss und reiste mit Hausaufgaben nach Deutschland. Wenn er unterwegs ist, hat er Online-Unterricht.

Mit sieben Jahren kam Yamal von seinem Heimatklub CF La Toreta in die Kaderschmiede "La Masia" des FC Barcelona. Dort wollten sie den Youngster eigentlich abschirmen, nun verzückt er das Berliner Olympiastadion. Sein größtes Vorbild nennt er - wie soll es anders sein - Lionel Messi, aber auch vom Brasilianer Neymar habe er sich viel abgeschaut.

In der zweiten Hälfte flaut das Spiel ab. Doch Yamal hat noch lange nicht genug. Immer wieder rast er mit wahnsinnigem Tempo auf den Strafraum zu. In der 53. Minute nimmt Pedri ihn rechten Eck des Sechszehners mit. Yamal visiert das lange Eck an und schlenzt technisch anspruchsvoll - doch der kroatische Keeper Dominik Livakovic reagiert glänzend. Nur eine Minute später, wieder nach einer kurzen Ecke, schlängelt Yamal sich plötzlich über links durch, seine scharfe Hereingabe verlängert Morata mit dem Knie knapp am Pfosten vorbei.

Yamal blickt aus besonderem Grund aufs Finale

Am Ende passt es zum Auftritt der Kroaten, dass sowohl eine unglaubliche Dreifach-Chance (55. Minute) als ein Elfmeter (80.) nicht zum Anschlussführen. Ein weiterer Altmeister, Ivan Perisic, war beim verschossenen Strafstoß Bruno Petkovic zu früh in den Strafraum gelaufen, hatte quergelegt und Petkovic ließ sich die zweite Chance nicht nehmen. Aber nach VAR-Einsatz zählt der Treffer nicht und der Frust auf dem Rasen wie auf den Rängen ist groß.

Bitter Dämpfer für Kroatien um den alternden Superstar Luka Modric, Statement-Sieg Spaniens: Und wer weiß, wie weit der Weg des Lamine Yamal im Turnier geht. Werden Spanien und Deutschland Gruppenerste und gewinnen ihre Achtelfinals, treffen sie im Viertelfinale aufeinander. Der 16-Jährige hat sich sein EM-Premierentor aufgehoben, man darf sich schon jetzt auf sein nächstes Spiel und die kommenden - möglicherweise 20 Jahre - mit diesem Flügelstürmer freuen.

Und Yamal hat einen wichtigen Grund, aus dem er ein mögliches Viertelfinale gegen die DFB-Elf nicht als letzten Auftritt bei dem Turnier sehen möchte. Er will in Deutschland Geburtstag feiern. Am Tag vor dem Finale wird er 17 Jahre alt.

Quelle: ntv.de

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