Fußball-WM

Iran scheidet denkbar knapp aus USA gewinnen das politischste Spiel der WM

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Der ehemalige Dortmunder Christian Pulisic brachte die USA mit seinem Treffer ins Achtelfinale.

(Foto: picture alliance/dpa)

Die USA besiegen den Iran und erreichen so das Achtelfinale der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. Das Spiel ist politisch aufgeladener als jedes andere, die iranische Mannschaft hatte ein Verlier-Verbot aus der Heimat erhalten. Fans und Spieler der beiden politischen Erzfeinde liefern den Kontrast.

Mit einem Tor der Schmerzen hat Christian Pulisic die USA im brisanten Gruppen-Finale gegen den Iran in das WM-Achtelfinale geführt. Im politisch aufgeladenen und dadurch im Fokus der Weltöffentlichkeit besonders beachteten Duell erzielte der frühere Profi von Borussia Dortmund beim 1:0 (1:0) den umjubelten Siegtreffer (38. Minute). Die USA treffen als Gruppenzweiter am Samstag im Achtelfinale auf die Niederlande, die nach einem 2:0 gegen Turnier-Gastgeber Katar ihre Gruppe gewannen.

24 Jahre nach dem 2:1-Sieg der Iraner bei der WM 1998 bejubelten diesmal die Amerikaner nach einer dramatischen Schlussphase einen prestigeträchtigen Erfolg. Nachdem die US-Auswahl die Weltmeisterschaft vor vier Jahren in Russland verpasst hatte, steht sie nun wie zuletzt beim Turnier in Brasilien 2014 wieder in der K.o.-Runde. Die Spieler beider Mannschaften lieferten auf dem Platz ein Kontrastprogramm zu den politischen Spannungen beider Länder: Es ging trotz auch der sportlichen Bedeutung der Partie überaus fair zu.

Pulisic verletzt sich beim Siegtreffer

Pulisic warf sich bei der Szene des Tages nach einer schönen Kombination über Weston McKennie und Sergino Dest in den Ball und knallte dabei mit Irans Torhüter Ali Beiranvand zusammen. Fünf Minuten später humpelte der 24-Jährige noch einmal vor 42.127 Zuschauern auf den Rasen des Al-Tuhmama Stadions. Nach der Pause konnte er wegen einer Bauchverletzung aber nicht mehr weitermachen. Der energische Torschuss des Profis des FC Chelsea stand sinnbildlich für die Leidenschaft, mit der die beiden Rivalen in einem temporeichen K.o.-Spiel zur Sache gingen.

Bereits in den Tagen vor dem bedeutsamen und von Beginn an sehr intensiv geführten Gruppenduell hatte es reichlich Ärger gegeben. Auf der einen Seite sorgten die nicht komplette Flaggendarstellung des Irans durch den US-Verband oder missverständliche Aussagen des früheren US-Nationaltrainers Jürgen Klinsmann für Verstimmung. Auf der anderen Seite mussten sich Nationalcoach Gregg Berhalter und sein Kapitän Tyler Adams provokante Fragen auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gefallen lassen.

Auf dem Platz stand trotz der überstrahlenden Bedeutung des Spiels wegen der schweren politischen Differenzen zwischen den USA und dem Iran - wie von Berhalter und seinem iranischen Amtskollegen Carlos Queiroz gewünscht - der Sport im Fokus. Dessen Auswahl um den zweimaligen Turnier-Torschützen Mehdi Taremi tat sich trotz der frenetischen Anfeuerung durch Rufe, Trommeln und Tröten der großen Mehrheit an iranischen Fans lange schwer gegen die strukturierter und abgeklärter agierenden Amerikaner - drehte aber nach der Pause mehr auf.

Inmitten der schwersten Proteste im Iran seit Jahrzehnten war die große Bedeutung des Spiels aber stets präsent; das ging schon bei der Hymne los. Nachdem die Nationalspieler vor dem 2:6 zum WM-Auftakt gegen England nicht mitgesungen hatten, stimmten sie nun wie schon beim Spiel gegen Wales mit ein - in der Summe aber recht leidenschaftslos. Iranische Aktivisten hatten das Schweigen vor dem England-Spiel als eine Geste der Unterstützung für die landesweiten Proteste im Land gewertet. In der Folge war über drohende Sanktionen vonseiten der Regierung berichtet worden.

"Das ist kein Problem, sie sind Freunde"

Die Stimmung rund um das Al-Thumama-Stadion war vor dem Anpfiff friedlich gewesen. Fans beider Seiten begrüßten sich freundschaftlich und konkurrierten nur mit Schlachtgesängen. Viele Anhänger nahmen gemeinsam Bilder auf und umarmten sich dabei. "Das ist kein Problem, sie sind Freunde", sagte ein junger iranischer Anhänger, der in Katar lebt. Und ein Iraner aus London meinte: "Das ist nur ein Fußballspiel." Die USA und der Iran stehen sich politisch feindlich gegenüber. In der Staatsdoktrin der Islamischen Republik gelten die USA als der "Große Satan". Aus der iranischen Hauptstadt Teheran hatte es geheißen, dieses Spiel dürfe nicht verloren werden.

Die Mannschaft um Mittelfeldspieler Saeid Ezatolahi, der mit ausgebreiteten Armen gen Himmel auf das Spielfeld lief und die Hände danach vor das Gesicht schlug, stemmte sich mit viel Hingabe gegen das WM-Aus. Viel fehlte nicht, und der für den wirkungslosen Leverkusener Sardar Azmoun eingewechselte Saman Ghoddos hätte zum Ausgleich eingeköpft (52.). Ezatolahi schnupperte bei seinem Schuss (70.) ebenfalls am 1:1.

Die vielen iranischen Fans in Grün, Weiß und Rot gaben nicht auf mit ihrer lautstarken Unterstützung von den Rängen - wie auch das Team auf dem Platz nicht. Das fußballverrückte Land, in dem am Dienstag nach der Freilassung von Nationalspieler Voria Ghafouri auch die von Parvis Borumand bekannt wurde, fieberte am Ende aber vergeblich mit.

Quelle: ntv.de, ter/dpa

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