Zeit für Tuchel-Klub wird knapp Abramowitsch sorgt für neuen Wirbel um Chelsea
04.05.2022, 12:07 Uhr
Handelte Roman Abramowitsch doch nicht nur aus "purer Leidenschaft"?
(Foto: IMAGO/Paul Marriott)
Die Sanktionen der britischen Regierung gegen Roman Abramowitsch treffen auch den FC Chelsea. Der Klub der englischen Premier League operiert bis Ende Mai mit einer Sonderlizenz. Dann muss der Verein verkauft sein. Eine neue Forderung des russischen Oligarchen bereitet Westminster nun Kopfzerbrechen.
Der Verkauf des englischen Traditionsklubs FC Chelsea steht auf der Kippe. Der russische Oligarch Roman Abramowitsch, Noch-Eigentümer des aktuellen Champions-League-Siegers, könnte seine Darlehen in Höhe von rund 1,9 Milliarden Euro zurückfordern. Ursprünglich hatte der mit Sanktionen überzogene Russe angekündigt, darauf zu verzichten. Es sei ihm immer nur um "pure Leidenschaft" gegangen, verkündete er noch Anfang März. Dabei erklärte er auch, dass er die Nettoerlöse aus dem Verkauf den Opfern des Krieges in der Ukraine weiterreichen würde. Dabei benannte er explizit keine Seite und schloss somit auch eine Weitergabe an russische Kriegsteilnehmer nicht aus.
Wie englische Medien übereinstimmend berichten, soll Chelsea bereits in der letzten Woche mit einem Wunsch nach einer Neustrukturierung des Verkaufs an die britische Regierung herangetreten sein. Demnach sollen die Schulden der Muttergesellschaft des Klubs bei einer auf Jersey ansässigen und offenbar mit Abramowitsch in Verbindung stehenden Gesellschaft beglichen werden. Sehr zur Verwunderung des für den Verkauf zuständigen Ministeriums für Digitales, Kultur, Medien und Sport.
Das muss auch sicherstellen, dass der Oligarch, dessen Vermögen von der britischen Regierung eingefroren wurde, nicht persönlich vom Verkauf profitiert. Dies müsste auch bei der neuen Verkaufsstruktur berücksichtigt werden. Einige Mitglieder der Regierung verlangen laut den Medienberichten Garantien dafür, dass die Rückzahlung des Darlehens nicht an eine sanktionierte Einrichtung geht. Doch die praktische Umsetzung des Deals ist dabei ungewiss.
Die Uhr läuft runter
Der "Guardian" berichtet von wachsendem Misstrauen in der britischen Regierung gegenüber dem Verkauf, bei gleichzeitiger Sorge um die Zukunft des Premier-League-Klubs. "Die Zeit wird knapp", sagte die britische Kulturministerin, Nadine Dorries, in der vergangenen Woche. Dabei bezog sie sich auf die Sonderlizenz der Regierung für den laufenden Spielbetrieb, die am 31. Mai 2022 ausläuft. Die Sorge ist nun, dass der Verkauf des Klubs nicht zur Vergabe der neuen Spiellizenzen für die englische Premier League Mitte Juni über die Bühne gegangen sein wird.
In der vergangenen Woche hielten die drei verbliebenen Bietergruppen ihre Präsentationen bei Chelsea, wo jetzt entschieden werden muss, wer die neuen Eigentümer an der Stamford Bridge sein sollen. Die besten Chancen werden aktuell einem Konsortium um den US-amerikanischen Unternehmer Todd Boehly zugerechnet. Er ist der von Chelsea aktuell bevorzugte Bieter auf den Klub, hatte sich dabei gegen zwei andere US-Konsortien durchgesetzt. Das Konsortium um Boehly will diese Woche über einen Kauf des Klubs mit Abramowitsch verhandeln.
Jedoch könnte ein Last-Minute-Angebot des britischen Milliardärs Sir Jim Ratcliffe noch für einen Stimmungsumschwung sorgen. Der 69-jährige Vorstandschef des Chemieunternehmens Ineos hatte spät seinen Hut in den Ring geworfen und Angebot über gut fünf Milliarden Euro abgeben. "Dies ist ein britisches Angebot für einen britischen Verein", erklärte Ratcliffe: "Wir würden weiterhin in die Mannschaft investieren, um sicherzustellen, dass wir einen erstklassigen Kader mit den besten Spielern, Trainern und Betreuern der Welt haben, sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen."
Tuchel ist handlungsunfähig
Die ungeklärte Zukunft des Klubs bereitet auch dem deutschen Trainer Thomas Tuchel große Sorgen. Bis zu einem Verkauf bleibt Chelsea handlungsunfähig, darf keine Spieler verpflichten und auch keine Verträge verlängern. So bangt Tuchel um die Wettbewerbsfähigkeit der Blues. Mit dem deutschen Nationalspieler Antonio Rüdiger und dem Dänen Andreas Christensen stehen zwei ablösefreie Abgänge bereits so gut wie fest.
Rüdiger steht vor einem Wechsel zu Real Madrid und Christensen, sein Partner in der Innenverteidigung, ist in Verhandlungen mit dem FC Barcelona. Die Katalanen hoffen auf weitere Transfers aus Richtung London. Mit Christian Pulisic, Hakim Ziyech, Timo Werner und Romelu Lukaku könnten gleich vier Offensivkräfte den Klub verlassen. "Jetzt sind uns natürlich die Hände gebunden. Wir können intern immer noch Gespräche führen, aber wir können nicht handeln. Die Situation ist nicht ideal", sagte Tuchel vorige Woche und an der Situation hat sich nichts verändert.
Quelle: ntv.de, sue