Fußball

EM-Titel ohne die Besten unmöglich Adrion muss U21-Team neu aufbauen

Gescheitert: Die DFB-Junioren haben schon nach zwei EM-Spielen keine Chance aufs Weiterkommen.

Gescheitert: Die DFB-Junioren haben schon nach zwei EM-Spielen keine Chance aufs Weiterkommen.

(Foto: dpa)

Der Titel sollte her, aber für den Titel sind Deutschlands Fußball-Junioren bei der U21-EM in Israel nicht reif genug. Gegen top besetzte Gegner rächt sich der Verzicht auf Jungstars wie Julian Draxler und Andre Schürrle. Coach Rainer Adrion bleibt dennoch im Amt, mag aber kein Mangelverwalter mehr sein.

Ein Hauch von Abschied lag in der heißen Luft von Tel Aviv, als Lewis Holtby am Tag nach dem EM-K.o. mit traurigen Augen vor die Presse trat. "Wir waren wie eine Familie, da kommt Wehmut auf. Es ist schade, dass es so auseinandergeht. Ich hoffe, dass sich viele Spieler in der A-Nationalmannschaft wiedersehen werden", sagte der Kapitän der deutschen U21-Junioren keine 24 Stunden nach der 0:1 (0:0)-Niederlage gegen Spanien. Die hatte für Deutschlands Titelaspiranten das EM-Aus schon nach der Vorrunde besiegelt.

Einmal die EM verpasst, einmal früh gescheitert: Die Bilanz von Rainer Adrion als U21-Coach ist ernüchternd.

Einmal die EM verpasst, einmal früh gescheitert: Die Bilanz von Rainer Adrion als U21-Coach ist ernüchternd.

(Foto: dpa)

Während für viele Spieler in Israel ihre Karriere im DFB-Trikot wohl endet, will zumindest Trainer Rainer Adrion bleiben. "Ich habe gerade meinen Vertrag um ein Jahr verlängert und werde nun ab August die neue U21 für die EM 2015 aufbauen", sagte Adrion im Brustton der Überzeugung und betonte: "Ich denke nicht, dass man die EM als totales Scheitern betrachten kann. Man darf nicht nur das nackte Ergebnis sehen."

Es ist schon richtig: Deutschlands U21-Fußballer haben bei der EM in Israel gegen die U21-Teams der Niederlande und Spanien verloren. Duelle auf Augenhöhe waren das aber nur auf dem Papier. Tatsächlich maßen sich nicht Deutschlands talentierteste Nachwuchsspieler mit der gleichaltrigen Konkurrenz aus dem Ausland, sondern ein seiner besten Spieler beraubtes deutsches Team mit gegnerischen Nachwuchsmannschaften in Topbesetzung.

"Wir sind hier bei einer EM, nicht im Kindergarten", hatte Oranje-Trainer Cor Pot vor dem Turnier betont und deshalb zwölf Akteure in seinen EM-Kader berufen, die bereits für die A-Nationalmannschaft gespielt haben.  Deutschland hatte nur Holtby. Und auch wenn sich Adrion der Rückendeckung von Bundestrainer Joachim Löw fürs Weitermachen sicher sein darf, steht fest: Es gibt Redebedarf.

USA-Reise statt EM-Turnier

Etwa über das Fehlen von Namen wie Julian Draxler oder André Schürrle, die mit Joachim Löw auf USA-Reise waren, oder Mario Götze und Toni Kroos, die auch ohne Verletzung in Israel nicht dabei gewesen wären. "Da kann man drüber diskutieren", sagte Adrion: "Man weiß, dass dieses Turnier auf Top-Niveau abläuft und die Qualität der Spieler enorm hoch ist. Das muss man berücksichtigen, wenn man erfolgreich spielen will." Für die kommende EM-Qualifikation schloss er ein neues Konzept nicht aus: "Die Analyse werden wie gemeinsam machen. Dann werden wir vielleicht zu einem Ergebnis kommen, das dies für die Zukunft relevant ist."

Schließlich musste auch Adrion zugeben: "Junge Spieler bringt weiter, wenn sie sich mit den Besten messen. Da ist so ein Turnier ein Highlight. Da kann man als junger Spieler mehr mitnehmen." Mehr mitnehmen als zum Beispiel auf einer Länderspielreise in die USA mit dem A-Team und zwei Testspielen.

Holtby sucht keine Ausreden

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(Foto: dpa)

Kapitän Holtby wollte das Fehlen von Draxler oder auch Ilkay Gündogan nicht als Ausrede gelten lassen. "Ich trauere nicht Spielern hinterher. Wir hätten es auch mit dieser Mannschaft gepackt, wenn wir erfahrener agiert hätten", sagte der 23-Jährige, der als einziger im deutschen U21-Aufgebot schon A-Länderspiele auf dem Konto hat: "Wenn man sieht, wie viele Bundesliga-Einsätze auf dem Platz standen, können wir nicht sagen, dass Leute gefehlt haben."

Während Holtby gute Chancen auf Einsätze bei Jogi Löw hat, wird für einen erheblichen Teil der Mannschaft das bedeutungslose Gruppenspiel am Mittwoch gegen Russland vielleicht das letzte Länderspiel ihrer Karriere. Der Unterschied zu den Europameistern von 2009 könnte größer kaum sein: Aus der damaligen U21-Elf gehören Spieler wie Manuel Neuer, Mesut Özil, Sami Khedira oder Mats Hummels heute zum Stamm der A-Mannschaft.

"2009 der Titel, jetzt in der Vorrunde raus. Das ist richtig bitter", sagte auch Mittelfeldspieler Patrick Herrmann, der immerhin im Notizbuch von Löw steht und schon eine Einladung erhielt. Das interessierte den Gladbacher nach dem Spiel aber herzlich wenig. "Natürlich ist das Gefühl beschissen. Wir haben eine gute Mannschaft, konnten das aber nicht umsetzen", so Herrmann. Während das 2:3 gegen die Niederlande noch unglücklich war, gab es an der verdienten Niederlage gegen Topfavorit Spanien keinen Zweifel.

"Man muss neidlos anerkennen, dass Spanien die bessere Mannschaft war", kommentierte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach, der auf der Tribüne - flankiert von Otto Rehhagel und Günter Netzer - das Spiel verfolgt hatte. Holtby wollte das Team eigentlich als Kapitän zum Titel führen, sein Traum platzte aber in Netanya: "Das ist einfach schade. Wir hätten hier mit einer anderen Punktzahl stehen können. Vielleicht fehlte uns ein bisschen die Erfahrung."

Die Partie gegen die ebenfalls noch punktlosen Russen wird nun zu einem Schaulaufen, zu einem Abschiedsspiel der anderen Art. "Wir sind topmotiviert." Fast trotzig betonte er noch mit Blick auf die Überlegenheit von Spanien: "Wir brauchen keine Angst haben, dass wir Spanien nicht überholen können. Deutschland wird durch diese Niederlage nicht einen Schritt nach hinten machen."

Und doch: Der Hauch von Abschied, er war auch in der Stimme von Lewis Holtby zu hören.

Quelle: ntv.de, cwo/dpa/sid

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