Neuer Teamchef beim Hamburger SV Arnesen ernennt sich selbst
10.10.2011, 16:59 Uhr
Für Frank Arnesen kann es als Tabellenletzter eigentlich nur nach oben gehen.
(Foto: dpa)
Der HSV fängt sich auf der Trainersuche einen Korb von Thorsten Fink. Das ficht Sportdirektor Frank Arnesen nicht an. Und ernennt sich einfach selbst zum Teamchef. "Ich bin in der Verantwortung". Das könnte auch sein komplettes Aus in der Hansestadt bedeuten.
Bis zum Wunschtrainer muss die Notlösung her, der Hamburger SV geht mit einer unorthodoxen Personalentscheidung ins Risiko. Nach ergebnisloser dreiwöchiger Suche hat sich Sportdirektor Frank Arnesen eigenmächtig zum neuen Teamchef des Bundesliga-Schlusslichts HSV ernannt. "Ich bin der verantwortliche Trainer, bis ein neuer anfängt. Das kann auch bis zum Winter dauern, denn es muss passen", sagte Arnesen nach einer Gesprächsrundreise durch Europa.
"Ich übernehme die Verantwortung, weil ich sicher bin, dass es die beste Entscheidung für den HSV ist", so Arnesen, der einräumte, ein großes Risiko mit der Entscheidung eingegangen zu sein. In Zusammenarbeit mit den Co-Trainern Rodolfo Cardoso und Frank Heinemann wird der 55-jährige Däne die Mannschaft trainieren und auch am Sonntag beim SC Freiburg betreuen. Ein neuer Felix Magath, der in dauerhafter Personalunion beim VfL Wolfsburg als Manager und Coach fungiert, will Arnesen aber auf keinen Fall werden.
Mit der endgültigen Trainernachfolge wolle er so lange warten, bis sein Gefühl ihm sage, ein Kandidat sei der richtige. Am Wochenende hatte der Sportdirektor mit dem ehemaligen Bayern-Profi Thorsten Fink vom FC Basel verhandelt, der den Champions-League-Teilnehmer aber erst im Januar verlassen kann.
Hiddink wohl zu teuer
Kommt also doch der weiterhin gehandelte Niederländer Guus Hiddink? Der Nationaltrainer der Türkei muss nach der 1:3-Niederlage gegen Deutschland um die EM-Qualifikation bangen. Ein Aus wäre wohl mit einem sofortigen Abschied aus der Türkei gleichzusetzen. Aber dass der Hamburger SV das zuletzt äußerst üppige Salär Hiddinks aufbringen kann, ist ob der angespannten Haushaltslage unwahrscheinlich.
Vorerst aber ist Arnesen die Figur, die das Team aus der Abstiegszone der Fußball-Bundesliga führen soll. Selbst bei einer Niederlage in Freiburg soll die Übergangslösung Bestand haben. Damit ist der ehemalige Chelsea-Vorstand beim HSV nun auch offiziell der "starke Mann", der sich mit der Entscheidung angreifbar macht, aber auch Rückgrat zeigt. Er wolle nicht einfach jemanden verpflichten, nur weil er auf dem Markt verfügbar sei. Die Entscheidung über seine neue Funktion und die lange Wartezeit auf die Wunschlösung traf Arnesen ganz allein, seine Vorstandskollegen nickten sie nur ab. Geht es schief, ist das Bundesliga-Abenteuer für Arnesen wohl beendet.
So stehen 21 Tage nach der Entlassung von Michael Oenning noch immer viele Fragezeichen hinter der Trainersuche der Hamburger. Bei Schalke 04 dauerte es nach dem Rücktritt von Ralf Rangnick ganze fünf Tage, bis Huub Stevens vorgestellt wurde und gleich mit drei Siegen durchstartete.
Ein Potenzial, das Ex-Torwart Frank Rost auch bei den Norddeutschen sieht: "Der HSV ist so ein bisschen ein schlummernder Riese, der nicht die Geduld aufbringt, seine Hausaufgaben zu erfüllen." Ob es sich die Hamburger in ihrer prekären Lage allerdings erlauben können, geduldig bis zum Januar zu warten, muss Frank Arnesen mit seinen Vorstandskollegen in dieser Woche entscheiden. Eine Entscheidung, die weitreichende Folgen für den HSV haben könnte.
Lange nicht am Spielfeldrand

Verpasst Guus Hiddink mit der Türkei die EM-Qualifikation, könnte er beim HSV anheuern.
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Cardoso durfte wegen der fehlenden Fußballlehrer-Lizenz nicht weiter die Verantwortung beim Tabellen-Schlusslicht innehaben. Arnesen hat die notwendige Prüfung 2002 in den Niederlanden absolviert und will in Zukunft auch bei den Einheiten auf dem Platz dabei sein. Von einer "Strohmann-Lösung" spricht man nicht beim HSV. England-Kenner Arnesen versteht sich wie ein Trainer in der Premier League, der als Manager die Oberaufsicht hat, aber vieles delegiert. Zuletzt stand er Anfang des Jahrtausends als Übungsleiter in den Niederlanden verantwortlich am Spielfeldrand.
Zu aussichtsreichen Kandidaten für die langfristige Nachfolge von Michael Oenning, der am 19. März entlassen worden war, wollte sich Arnesen nicht äußern. Er habe jetzt eine Doppelrolle und werde sie so lange ausfüllen, wie es sein müsse. Er werde sich auch der Kritik stellen, dass die Suche zu lange dauert: "Ich bin in der Verantwortung und muss mich daran messen lassen. Ich will einen Trainer haben, der gut ist - da können alle sagen, was sie wollen."
Neben Fink wurde zuletzt auch der Name Dieter Hecking vom 1. FC Nürnberg gehandelt, der angeblich zum Winter eine Ausstiegsklausel in seinem Vertrag hat. Man sei auch bereit, eine Ablöse zu zahlen, sagte Arnesen.
Quelle: ntv.de, cba/sid/dpa