"Kürzester Weg nach Europa" Aue nach Pokal-Coup außer Rand und Band
28.10.2015, 12:12 Uhr
Jubel, Trubel, Heiterkeit: Im Erzgebirge feiern sie.
(Foto: imago/Karina Hessland)
Erzgebirge Aue steht erstmals in der Klubgeschichte im Achtelfinale des DFB-Pokals. Die Sachsen feierten ihren Coup gegen Eintracht Frankfurt, denken ans Geld - und an das internationale Geschäft. Aber Obacht: "Wir brauchen jetzt nicht durchdrehen."
In der Kabine besangen die Pokalhelden aus dem Erzgebirge schon lauthals ihre legendäre "Wismut", als sich Martin Männel einen Spaß erlaubte. "Der Pokal ist ja der kürzeste Weg nach Europa", sagte der Kapitän der Sachsen. Nach dem 1:0 (0:0) des Drittligisten Erzgebirge Aue gegen den Bundesligisten Eintracht Frankfurt kannte die Euphorie kaum Grenzen.
Das internationale Geschäft ist für Aue allerdings kein ernsthaftes Ziel, deswegen trat Männel dann doch noch etwas auf die Bremse: "Wir brauchen jetzt nicht durchdrehen, wir haben nur die dritte Runde erreicht." Doch genau das war dem dreimaligen DDR-Meister zuvor noch nie gelungen, erstmals tritt Aue Mitte Dezember im Achtelfinale des DFB-Pokals an. "Was die Mannschaft abgerufen hat, war sensationell", sagte Präsident Helge Leonhardt: "Auch für unsere Budget-Planung ist das enorm wichtig, so hat man im finanziellen Bereich Souveränität."
"Ich hätte in der Kabine fast gekotzt"
527.000 Euro bekommt der chronisch klamme Traditionsklub nun garantiert, hinzu kommen Einnahmen aus einem weiteren Heimspiel. Einen Teil davon bekommt die Mannschaft als Belohnung für den Triumph in der zweiten Runde, der Rest könnte unter anderem in neue Spieler investiert werden, um die Rückkehr in die 2. Bundesliga zu forcieren. Im Sommer war Aue abgestiegen und hatte gerade in den vergangenen Woche große Probleme. Zuletzt gab es fünf Spiele in Folge keinen Sieg, in vier Begegnungen und 491 Spielminuten reichte es nicht mal zu einem eigenen Tor. "Für uns als Team ist es enorm wichtig, dass wir den Torfluch jetzt beendet haben", sagte Max Wegner, der mit seinem Treffer (74.) alle Dämme im Erzgebirgsstadion brechen ließ. Wie beim 3:0 vor drei Jahren warf Aue die Frankfurter raus.
Noch am Freitag hatte der Klub, der unter seinem alten Namen Wismut erfolgreich in der DDR-Oberliga spielte, in der Liga mit 0:4 bei Schlusslicht Werder Bremen II verloren. Die Spieler waren heftig kritisiert worden, Arbeitsverweigerung hieß ein Vorwurf - doch gegen Frankfurt war davon nichts zu sehen. Die Auer bissen sich durch, kämpften um jeden Meter und zeigten große Leidenschaft. "Ich hätte nach 45 Minuten in der Kabine fast gekotzt", sagte Christian Tiffert. Derart hoch sei der Aufwand gewesen, der Routinier hatte deswegen kurz nach dem Abpfiff noch gar keine Lust auf eine Party. "Jetzt spielen wir schon wieder am Freitag und ich muss aufpassen, dass ich gleich bei der Heimfahrt im Auto nicht einschlafe."
Trainer Pawel Dotschew lobte seine junge Mannschaft derweil in den höchsten Tönen. "Wir haben die Antworten auf viele Fragen gegeben, die in letzter Zeit gestellt wurden", sagte der Bulgare. Vor allem die Defensive überzeugte auf ganzer Linie, noch immer haben die Erzgebirgler in dieser Spielzeit im eigenen Stadion kein Gegentor kassiert. Das soll auch am Freitag so bleiben, wenn es für den Tabellen-Neunten gegen den SV Wehen Wiesbaden geht. "Es ist jetzt eine Kunst, nach so einem Spiel wieder in den Alltag zurückzukehren", sagte Dotschew: "Man sieht, dass wir auf dem richtigen Weg sind, diese Mannschaft hat Zukunft."
Quelle: ntv.de, Von Thomas Wolfer, sid