Fußball

"Es fühlt sich richtig scheiße an" BVB-Kollaps nagt an Klopp

Fataler Doppelschlag in der Schlussphase: Der BVB verlor ein Spiel, das Hannover fast schon verloren gegeben hatte.

Fataler Doppelschlag in der Schlussphase: Der BVB verlor ein Spiel, das Hannover fast schon verloren gegeben hatte.

(Foto: REUTERS)

Gut gespielt, nichts geholt - so etwas nennt sich im Fußball Ergebniskrise. Und in genau dieser befindet sich Borussia Dortmund derzeit in der Bundesliga. Gegen Hannover 96 reicht dem Meister ein 1:0 nach 87 Minuten nicht mal zu einem Punkt. Coach Jürgen Klopp bekennt nach dem sensationellen Kollaps: "Natürlich haben wir jetzt Druck."

Vor dem Auswärtsspiel bei Hannover 96 hatte Dortmunds Trainer Jürgen Klopp noch eine gewisse Lust an der Herausforderung offenbart. "Der Reiz ist groß, diese schwierige Situation zu meistern und ein besonderes Spiel daraus entstehen zu lassen", sagte Klopp angesichts des mittelmäßigen Saisonstarts des Meisters, wachsender Personalsorgen und der chronisch schwachen Chancenverwertung.

Nach der Partie ist die Herausforderung für Klopps BVB noch größer geworden. Doch die Lust ist Frust gewichen, weil Dortmund in Hannover tatsächlich ein besonderes Spiel gezeigt hat – ein besonders bitteres. Handgestoppte 116 Sekunden reichten dem Meister im Duell der Enttäuschten, um aus einer 1:0-Führung eine 1:2-Niederlage zu machen. Dass die Führung bis zur 87. Minute Bestand gehabt hatte, verlieh dem Schock aus BVB-Sicht eine geradezu groteske Note.

"Es fühlt sich genauso fies an, wie es sich jeder vorstellen kann" - BVB-Coach Jürgen Klopp nach der Niederlage.

"Es fühlt sich genauso fies an, wie es sich jeder vorstellen kann" - BVB-Coach Jürgen Klopp nach der Niederlage.

(Foto: dpa)

"Das ist ganz, ganz bitter. Es fühlt sich genauso fies an, wie es sich jeder vorstellen kann", kommentierte Klopp konsterniert die Pleite, die das Adjektiv "unnötig" nur unzureichend beschreibt. Mit etwas Abstand fand Klopp sogar: "Es fühlt sich richtig scheiße an." Während Rekordmeister FC Bayern die Liga dominiert, klemmt der Meister auf Rang elf und hat schon mehr Zähler (11) liegen lassen als in der gesamten Hinrunde 2010/11. Mit weniger Punkten als Dortmund ist seit 1984 (VfB Stuttgart) kein deutscher Meister in die Bundesliga gestartet. Die Hymnen nach dem furiosen Saisonstart sind verklungen.

Selbst Last-Minute-Sieger Hannover, der seine Mini-Krise spektakulär beendete, blieb fassungslos zurück ob des BVB-Einbruchs. "Richtig geglaubt haben wir draußen eigentlich nicht mehr dran", gestand Coach Mirko Slomka. Schon der Ausgleich sei "ja ein gefühlter Sieg" gewesen.

Rätselhafter Einbruch

Gut 80 Minuten hatte der BVB auch ohne Jungstar Mario Götze, Kapitän Sebastian Kehl, Mittelfeldabräumer Sven Bender und den unersetzlichen Torjäger Lucas Barrios ein ordentliches Spiel gemacht. Gegner Hannover wurde nicht an die Wand gespielt, aber doch beherrscht. Geschlagen wurde er nicht. Aufwand und Ertrag standen am Ende wieder einmal in einem krassen Missverhältnis. 57 Prozent Ballbesitz für Dortmund, 119 gelaufene Kilometer gegenüber 114 Kilometer für Hannover, 1:0 geführt – das alles reichte nicht, weil der BVB erst mit seinen Chancen sündigte und dann unerklärlicherweise komplett seine Linie verlor.

"Ab einem gewissen Moment haben wir nicht mehr Fußball gespielt. Wir sind zu passiv geworden, haben zu viele Standards produziert", haderte Klopp über sein Team, das ihm in dieser Saison bisher Rätsel aufgibt. Unter der Woche hatte er sich nach dem überzeugenden 1:1 gegen den FC Arsenal noch über die Wiederentdeckung seines Teams gefreut. Beim Comeback in der Champions League hatte der BVB gespielt wie in der Meistersaison. Hatte 90 Minuten mit Leidenschaft kombiniert, gepresst, gefightet und sich kurz vor Schluss mit einem fantastischen Ausgleichstor belohnt. Es war kein Sieg, aber ein Triumph des Wollens.

Shinji Kagawas Tor war zu wenig für den BVB.

Shinji Kagawas Tor war zu wenig für den BVB.

(Foto: REUTERS)

Im grauen Ligaalltag gegen Hannover reichte die Konzentration nur 80 Minuten, obwohl diesmal der Gegner einem Rückstand hinterherlief. Obwohl allein Shinji Kagawas feiner Slalomlauf durch Hannovers Abwehr mit anschließendem Lupfer zum 1:0 in der 63. Minute in Art und Ausführung dazu geeignet war, als BVB-Erweckungserlebnis in die Annalen dieser Bundesliga-Saison einzugehen.

Auf der Suche nach der Balance

In die war der BVB mit dem 3:1 (2:0) gegen den Hamburger SV glanzvoll gestartet, ehe die Balance verloren ging – wie auch in Hannover. "Wir haben uns nicht mehr so richtig dagegengestemmt. Wir müssen lernen, wieder 90 Minuten 100 Prozent zu geben", bilanzierte Linksverteidiger Marcel Schmelzer den späten K.o. und offenbarte damit ein Kopfproblem beim Meister nach der grandiosen Vorsaison. Karim Haggui (87.) per Kopf und Didier Ya Konan (89.) per Traumtor machten in zwei Minuten aus drei Punkten null - weil Hannover mit Dortmunder Siegermentalität auftrat, dem BVB hingegen "Konsequenz und Gier" (Klopp) des Meisterjahres erneut fehlten.

Die Saisonbilanz in der Liga ist so ernüchternd wie der Spielausgang in Hannover. "Sieben Punkte nach sechs Runden sind eindeutig zu wenig", findet Sportdirektor Michael Zorc. Von einer Krise will sein Trainer nach dem dritten sieglosen Spiel in Folge noch nichts wissen, dafür war die Leistung in Hannover tatsächlich zu ordentlich. In die Pflicht nimmt Klopp seine Profis dennoch, für Schönspielerei gibt es keine Punkte: "Ich habe deutliche Worte gefunden. Damit bei meinen Spielern nicht der Eindruck entsteht, dass es zufällig passiert ist."

Vor dem nächsten Spiel beim FSV Mainz, der wie Dortmund nach der Leichtigkeit der Vorsaison sucht, will Klopp nur an "kleineren Stellschrauben" drehen, um die fehlenden Prozent an Willen und Konzentration herauszukitzeln. Getreu dem Motto: Es war nicht alles schlecht, aber einiges noch nicht gut genug. Die Lust vor dem Auswärtsspiel in Hannover ist bei Klopp trotzdem Anspannung gewichen: "Natürlich haben wir jetzt Druck, keine Frage. Wir spielen ja nicht zum Selbstzweck, sondern für gute Ergebnisse."

Quelle: ntv.de, mit dpa

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