Fußball

"Ganz Deutschland drückt die Daumen" Bayer muss den BVB stoppen

Wenn die Bundesliga um 20.30 Uhr wieder angepfiffen wird, steht eines unumstößlich fest: So viele Fans wie vor dem Rückrundenstart hatte Bayer Leverkusen in Deutschland noch nie. Warum? Weil der enteilte Herbstmeister Dortmund bei der Werkself gastiert und nur kein BVB-Sieg die Meisterfrage spannend hält. Halbwegs zumindest.

Jürgen Klopp hat mit Borussia Dortmund eine grandiose Hinrunde hingelegt. Favorit auf die Meisterschaft will er trotzdem nicht sein.

Jürgen Klopp hat mit Borussia Dortmund eine grandiose Hinrunde hingelegt. Favorit auf die Meisterschaft will er trotzdem nicht sein.

(Foto: dpa)

Sie war nur 26 Tage kurz, aber dafür war die Bundesliga-Winterpause unterhaltsam wie lange nicht mehr. Auf Schalke sorgte ein Dortmunder Fahnen-Pirat für deutschlandweite Heiterkeit. In Hoffenheim wurde heimlich Luiz Gustavo verkauft und Trainer Ralf Rangnick damit unsanft der sofortige Abschied nahegelegt, ehe Bestimmer Dietmar Hopp die Hoffenheimer Bilanz noch von rot in tiefrot umfärbte und sich Demba Ba nach England streikte. Beim Rekordmeister FC Bayern bemüht man sich trotz Louis van Gaals "schockierender" (Sportdirektor Christian Nerlinger) Beförderung von Talent Thomas Kraft zum Stammkeeper um demonstrative Einigkeit. Und in Dortmund (und anderswo?!?) dürfen sich Hardcore-Fans, die vor der Saison auf den BVB als Meister gesetzt haben, schon jetzt über die Auszahlung ihres Gewinns freuen.

Der Auftakt zur Bundesliga-Rückrunde hält dieses hohe Unterhaltungsniveau mühelos, aufregender könnte der Wiederanpfiff kaum sein. Gleich im ersten Spiel nach der Winterpause steht dem souveränen Herbstmeister Borussia Dortmund ab 20.30 Uhr (n-tv.de Liveticker) bei Verfolger Bayer Leverkusen ein vorgezogenes Endspiel bevor. "Ganz Deutschland drückt uns die Daumen", glaubt Bayer-Sportdirektor Rudi Völler vor dem prickelnden Jahresauftakt. Man könnte auch sagen: Nie war die Werkself in Fußball-Deutschland beliebter.

Fluch oder Segen

Bayer-Sportdirektor Rudi Völler will offiziell nur Platz drei sicher. Inoffiziell träumt der Werkself von der Meisterschaft. Es wäre die erste.

Bayer-Sportdirektor Rudi Völler will offiziell nur Platz drei sicher. Inoffiziell träumt der Werkself von der Meisterschaft. Es wäre die erste.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Sorgen vieler Fußball-Fans um ein fades Saisonfinale sind nicht unbegründet: Nie zuvor ging ein Herbstmeister mit einem derart großen Vorsprung in die zweite Saisonhälfte. Sage und schreibe zehn Punkte liegen der Zweite FSV Mainz 05 und der Dritte aus Leverkusen zurück. Das Spitzenspiel zum Auftakt ist deshalb nicht nur ein Segen, es kann auch zum Fluch werden. Setzen die ungemein auswärtsstarken Dortmunder ihren wundersamen Höhenflug auch in Leverkusen fort, könnte die von den Konkurrenten angekündigte Aufholjagd schnell wieder abgeblasen werden. "Dann ist das Thema mit dem Titel so gut wie durch", orakelte der genesene Bayer-Edelreservist Michael Ballack.

Offiziell will vom Titel in Leverkusen ohnehin keiner reden. "Wir tun gut daran, erst einmal unseren Platz zu verteidigen. Unser dritter Platz ist eher in Gefahr, als dass wir die Chance haben, oben anzugreifen", ergänzte Völler und verweist auf Meister FC Bayern, der den Rheinländern im Nacken sitzt. Beim Rekordmeister ist man unentschlossen, wie das Topspiel enden sollte. Einerseits wünscht sich Louis van Gaal ein Remis, damit beide Teams Punkte verlieren. Andererseits würde ein Bayer-Sieg die vagen Bayern-Hoffnungen auf den Meistertitel am Leben halten, ein Sieg in Wolfsburg vorausgesetzt.

Historischer Einbruch

Inständig hoffen alle Verfolger, dass die Rasselbande aus Dortmund mangels Erfahrung Nerven zeigt und den historischen Vorsprung noch verspielt. Schließlich gab es schon zum Ende der Hinrunde erste Abnutzungserscheinungen: Das unglückliche Aus des BVB in der Europa League und das unglückliche 0:1 am 17. Bundesliga-Spieltag in Frankfurt werteten die Konkurrenten als ermutigende Signale.

BVB-Coach Jürgen Klopp befürchtet keine negative Trendwende: "Bedenken, dass es bei uns generell nicht funktionieren könnte, habe ich nicht. Bisher hat mein Team auch in Drucksituationen viel Talent bewiesen." Ähnlich zuversichtlich sieht Hans-Joachim Watzke der Rückrunde entgegen: "Druck hatten wir 2004 und 2005, als es uns wirtschaftlich sehr schlecht ging. Die Situation jetzt genießen wir", sagte der BVB-Geschäftsführer dem "Kicker".

"Das wird ein Riesenspaß"

Für Shinji Kagawa rückt womöglich Mohamed Zidan in die BVB-Startelf.

Für Shinji Kagawa rückt womöglich Mohamed Zidan in die BVB-Startelf.

(Foto: AP)

Alle Beteiligten gehen die schwere Aufgabe in Leverkusen betont gelassen an. "Das wird ein Riesenspaß", sagte Klopp und blieb seiner bisherigen Rolle als Tiefstapler treu: "Wir sind weit davon entfernt, in Leverkusen die Favoritenrolle zu haben. Wir fangen die Rückrunde bei Null an, deshalb treten wir als ganz normaler Bundesligist an." Klopps Respekt vor dem Gegner kommt nicht von ungefähr. Beim 0:2 am ersten Spieltag vor heimischer Kulisse entpuppten sich die Leverkusener als bessere Mannschaft. "Da haben wir am wenigsten von dem gezeigt, was uns auszeichnet", befand der Fußball-Lehrer.

Zudem muss Klopp auf den für den Asien Cup abgestellten Neuzugang Shinji Kagawa verzichten, der oft für reichlich Spielkultur und Torgefahr gesorgt hatte. Ob der erst vor wenigen Tagen von einer Virusinfektion genesene Lucas Barrios von Beginn an stürmt, ließ Klopp hoffen. Viel deutet darauf hin, dass Robert Lewandowski im der Startelf steht. Die zuletzt angeschlagenen Mario Götze und Roman Weidefeller signalisierten Einsatzbereitschaft.

Ballack wohl nur auf der Bank

Michael Ballack wird beim Rückrundenstart wohl ein Weltklasse-Reservist sein.

Michael Ballack wird beim Rückrundenstart wohl ein Weltklasse-Reservist sein.

(Foto: dpa)

Beim Gastgeber muss sich Rekonvaleszent Ballack voraussichtlich zunächst mit einem Platz auf der Bank begnügen. Seit seiner Fraktur im linken Schienbeinkopf vor vier Monaten hat der einstige Leitwolf der Nationalmannschaft nur beim 45-minütigen Kurzeinsatz im Test gegen Oberhausen Spielpraxis gesammelt. "Es ist wichtig, dass er realistisch ist. Wir haben einen großen Kader und viele gute Spieler", kommentierte Bayer-Coach Jupp Heynckes vielsagend.

Ein Fragezeichen steht hinter Arturo Vidal, dem besten Bayer-Akteur der Hinrunde. Wegen seines kranken Sohnes war Vidal erst verspätet ins Training eingestiegen. Klopp wäre es recht, wenn der Chilene nicht auf dem Platz steht: "Vidal hat nicht nur gegen uns im Hinspiel den Unterschied ausgemacht." Beim 0:2 zum Saisonauftakt war der WM-Teilnehmer der überragende Mann auf dem Platz. Überragende Mannschaft aber war Borussia Dortmund.

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

Bayer Leverkusen: Adler - Schwaab, Friedrich, Reinartz, Castro - Lars Bender (Vidal), Rolfes - Renato Augusto, Sam - Kießling, Helmes
Borussia Dortmund: Weidenfeller - Piszczek, Subotic, Hummels, Schmelzer - Sven Bender, Sahin - Blaszczykowski, Götze (Zidan), Großkreutz - Lewandowski
Schiedsrichter: Gagelmann (Bremen)

Quelle: ntv.de, cwo/dpa/sid

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