Fußball

Meister? Ja. Aber lange nicht am Ziel Bayern-Trauma noch nicht besiegt

Die Meisterschaft ist da. Folgen keine weiteren Titel, wird sie ein Titel mit Geschmäckle bleiben.

Die Meisterschaft ist da. Folgen keine weiteren Titel, wird sie ein Titel mit Geschmäckle bleiben.

(Foto: dapd)

Der FC Bayern ist zwar deutscher Fußballmeister, und das früher als je zuvor. Und die Münchener freuen sich auch darüber. Aber von ausufernder Ekstase keine Spur. Die Spieler und ihr Trainer Jupp Heynckes wissen, dass sie ihr Ziel noch lange nicht erreicht haben. Ein nationaler Titel ist prima, kann aber ihr Trauma nicht vergessen machen. Und ihre Sehnsucht nicht stillen.

Hoch mit ihm: 23 Jahre nach seinem letzten Meistertitel beschert Coach Jupp Heynckes den Bayern die 23. Meisterschaft, und das im Rekordtempo.

Hoch mit ihm: 23 Jahre nach seinem letzten Meistertitel beschert Coach Jupp Heynckes den Bayern die 23. Meisterschaft, und das im Rekordtempo.

(Foto: dapd)

Rekord, Rekord, Rekord. Der FC Bayern ist deutscher Fußballmeister. Und das früher in einer Saison, als das je einer Mannschaft in der 50-jährigen Geschichte der Bundesliga gelungen ist. Sie werden das zufrieden zur Kenntnis nehmen. Doch am Ziel sind die Münchner noch lange nicht. Das haben sie selbst oft genug betont. Und handeln den Titelgewinn routiniert ab. In Frankfurt wurde zwar ausgelassen getanzt und gejubelt, Trainer Jupp Heynckes sogar in die Luft geworfen. Die obligatorische Weißbierdusche wurde aber verschoben, immerhin gestattete Heynckes seinen Meisterprofis aber: "Wenn jemand gerne ein Bier trinken will, soll er das machen."

Meister sind sie, aber die Meisterprüfung haben die Bayern noch nicht bestanden. Was sie wirklich umtreibt, ist nicht die nationale Dominanz, auch wenn Präsident Uli Hoeneß nun schwärmt: "Wir haben eine überragende Saison gespielt. Selten hat die Mannschaft die Meisterschaft so dominant gewonnen." Denn die nationale Vorherrschaft beanspruchen die Bayern in ihrem Selbstverständnis von jeher für sich, die haben sie erst einmal zurückerlangt, souveräner denn je. Die Konkurrenz degradierte die Mannschaft um Kapitän Philipp Lahm in dieser Saison zu Verfolgerchen, unglaubliche 20 Punkte liegt der entthronte Titelverteidiger Borussia Dortmund zurück. Spannung sieht wahrlich anders aus, das verdient Respekt. Zumal nicht viel dagegen spricht, dass die Bayern auch den DFB-Pokal gewinnen.

Doch auch das deutsche Double könnte die Sehnsucht des Vereins nicht stillen: Die Sehnsucht nach dem Gewinn der europäischen Königsklasse. Erst Recht nicht nach dem finalen Trauma der vergangen Saison, als die Münchner und ihr Trainer Heynckes im eigenen Stadion den FC Chelsea zum Titelträger machten. Unglücklich waren sie im Elfmeterschießen gescheitert, aber auch, weil sie es nicht geschafft hatten, aus der spielerischen Überlegenheit heraus zumindest ein Tor mehr zu schießen als der Gegner. Was blieb nach einer demütigenden 2:5-Schmach gegen Borussia Dortmund im Finale des DFB-Pokals waren drei zweite Plätze. Eine Katastrophe.

Niemand kann ihnen vorwerfen, sie seien nicht lernfähig

Die Bayern haben vor allem aus der brutalen Niederlage gegen Chelsea gelernt und ihre Mannschaft mit viel Geld gezielt verstärkt. Mit dem defensiven Mittelfeldspieler Javi Martinez aus Spanien, dem Torjäger Mario Mandzukic aus Kroatien und dem Abwehrchef Dante aus Brasilien, die sich flugs als Stützen des Teams entpuppten. Rummenigge, Heynckes und auch Präsident Uli Hoeneß hatten erkannt, dass die Qualität der Ersatzspieler für einen Titel nicht reicht. Niemand kann also den Bayern vorwerfen, sie seien nicht lernfähig. Und wer 70 Millionen Euro hat, kann eben auch die Konsequenzen aus seinen Erkenntnissen ziehen. In dieser Saison darf der Trainer rotieren, wie er lustig ist. Was zur Folge hat, dass sich Größen wie Arjen Robben und Mario Gomez häufig auf der Bank wiederfinden. Und sich bisher mehr oder weniger klaglos fügen - für den Erfolg. Weil ihnen die Argumente fehlen.

Doch sie wissen es selbst am besten: Was diese Saison letztlich wert ist, entscheidet sich erst am 25. Mai. Dann findet im Londoner Wembleystadion das Finale der Champions League statt. Dort wollen sie hin, allen voran Jupp Heynckes, von dem wir seit Beginn des Jahres wissen, dass er ein Trainer auf Abruf ist. Im Sommer übernimmt Josep Guardiola, der in seiner vergleichsweise jungen Karriere großartige Erfolge mit dem FC Barcelona gefeiert hat. Und Heynckes macht durchaus den Eindruck, als wolle er seinem Nachfolger ein möglichst schweres Erbe hinterlassen. Daran soll es also nicht liegen. Die Frage ist, wie seine Mannschaft den Spannungsabfall verkraftet, jetzt, da es in der Liga um gar nichts mehr geht und das Champions-League-Halbfinale fast erreicht scheint.

Er selbst sagt natürlich, dass er da nichts befürchtet. Nur: In so einer Situation waren selbst die Bayern noch nie. Ist es nun gut oder schlecht, dass sie so früh wie nie ihr erstes Ziel erreicht haben? Selbst Vorstandsboss Rummenigge sagt: "Beides ist möglich, da kann ich keine Prognose geben." Die Antwort liegt also, wie so oft im Fußball, auf dem Platz. Am Mittwoch reist der FC Bayern als Meister zum designierten italienischen Titelträger Juventus Turin, zum Viertelfinal-Rückspiel in der Champions League.

Gerade wegen des dominanten Hinspielsiegs wird das Teil eins der Meisterprüfung, dem im für die Bayern besten Fall drei weitere Etappen folgen. Am Ziel sind sie jedenfalls noch lange nicht. Die Bierduschen, Käppis, T-Shirts und Feuerwerk müssen sie sich erst noch verdienen.

Quelle: ntv.de

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