6 Dinge, die wir gelernt haben Bayern gnadenlos, Huntelaar bierlos
24.03.2014, 11:35 Uhr
Jaja, ist ja gut. Jetzt gebt ihnen endlich die Schale ...
(Foto: imago/MIS)
Schalke und Dortmund verschieben am 26. Spieltag die Meisterfeier der Bayern. Die werden in Mainz gefordert - und bedanken sich mit zwei Toren. Sejad Sahilovic ist eine coole Sau, Gertjan Verbeek zu ehrlich.
1. Mut wird nicht immer belohnt
Eigenlob stinkt angeblich, aber wer wollte Thomas Tuchel übelnehmen, dass er nach Spiel seiner Mainzer gegen den FC Bayern von einer "absolut bemerkenswerten Leistung" sprach? Dazu hatte der Trainer einen großen Teil beigetragen, er hatte sein Team fantastisch eingestellt, er wechselte mehrmals die Taktik, stellte mittendrin auf eine Fünferkette um – und sein Gegenüber Josep Guardiola vor einige knifflige Aufgaben. Allein, es half nichts. Der FC Bayern gewann 2:0, ungerührt, und wird nach Lage der Dinge am Dienstag in Berlin schnellster Bundesligameister aller Zeiten. Die entscheidende Szene des Spiels zeigte, dass die Münchner notfalls auch mit schierer Wucht und Entschlossenheit Tore erzwingen können: Flanke von Xherdan Shaqiri, Schweinsteiger läuft ein, steigt hoch, 1:0 in der 82. Minute. Sportvorstand Matthias Sammer freute sich darüber, dass die Bayern endlich einmal richtig gefordert waren: "Ich kann gar nicht sagen, wie super das war für uns, wie die in der ersten Halbzeit gegen uns gespielt haben." Will sagen: Wenigstens war die Liga endlich mal ein gutes Training für die Champions League. Mainz dagegen war zu erschöpft, um wirklich stolz zu sein. "Das hat uns viel gekostet", sagte Tuchel, der sich schon auf das nächste Spiel gegen Braunschweig am Dienstag konzentriert: "Da brauchen wir eine ähnliche Energieleistung." Verliert Mainz beim Tabellenletzten, weil den Spielern die Kraft fehlt, muss man die Frage stellen: Lohnt es sich, den Bayern Paroli zu bieten? Oder setzt man auf die Veh-Taktik, und schont die besten Spieler gegen die Bayern? Das Ergebnis scheint ohnehin dasselbe zu sein.
2. Keiner ist effektiver als Schalkes Huntelaar
Auf Schalke sind sie zurzeit sehr mit sich und ihrer Mannschaft zufrieden, auch wenn sie sich mit dem Feiern zurückhalten, wie Klaas-Jan Huntelaar im "Sportstudio" des ZDF sagte: "Wir trinken eigentlich nicht so viel Bier. Mehr Apfelschorle - bis jetzt." Klingt absolut vernünftig. Ansonsten steuern die Gelsenkirchener unbeirrt auf Kurs in Richtung Champions League, die Kanterklatschen gegen Real Madrid und den FC Bayern scheinen sie verdaut zu haben. Sie stehen auf Platz drei der Tabelle, sechs Punkte beträgt mittlerweile der Vorsprung auf die Leverkusener, nur ein Punkt ist es bis zum BVB auf Rang zwei. Das liegt, wenn nicht an der Apfelschorle, so doch an Huntelaar. Der Niederländer darf sich rühmen, der effektivste Stürmer der Liga zu sein. Der Schalker traf zwar in dieser Saison erst zehn Mal, benötigte dafür aber nur rund 900 Spielminuten. Nach seinem Doppelpack am ersten Spieltag beim 3:3 gegen den Hamburger SV und einer torlosen Partie am zweiten Spieltag bei der 0:4-Niederlage in Wolfsburg setzte der Niederländer die Hinrunde verletzt aus - und erzielte acht seiner Tore in der Rückrunde. Beim 3:1 gegen Eintracht Braunschweig am Samstag erzielte er per Freistoß das 2:0. Und hat sich geärgert, dass Jens Keller ihn nicht durchspielen ließ. "Ich will 90 Minuten spielen. Ich bin fit. Aber es ist die Entscheidung des Trainers, die muss man akzeptieren", sagte er. Und fügte an: "Vielleicht will er nicht, dass ich Torschützenkönig werde." Ganz gut im Rennen um die Torjägerkrone liegt Robert Lewandowski mit 16 Treffern (nur Mandzukic hat mehr, nämlich 17). Beim lockeren 3:0 seines BVB in Hannover legte der Pole ein sehenswertes Solo hin, vernaschte gleich fünf 96er und schoss zum 2:0 ein. Ein schönes Tor, noch schöner für die Fans wäre allerdings ein Treffer im Derby am Dienstag. Lewandowski ist bereit: "Wir sind bis in die Haarspitzen motiviert", sagte der Pole. Das glauben aber auch die Schalker von sich. Wer gewinnt, darf bestimmt auch ein Bier trinken.
3. Hyypiä braucht dringend Punkte
Ein Stürmer hat im eigenen Strafraum nichts verloren, das sagen Kommentatoren gerne, wenn ein Angreifer entweder das eigene Tor oder das Bein eines Gegners trifft. Bayer Leverkusen sollte so langsam darüber nachdenken, Rechtsverteidiger Roberto Hilbert ein absolutes Strafraumverbot zu erteilen. Gegen Hoffenheim verursachte er den fünften Elfmeter in dieser Spielzeit. Zu Hilberts Ehrenrettung sei gesagt, dass er den Ball außerhalb des Sechzehners mit der Hand spielte, Schiedsrichter Jochen Drees zeigte trotzdem auf den Punkt. Sejad Salihovic verwandelte, als hätte er eine Packung Eisbonbons gelutscht: mit einem Chip in die Mitte. Bernd Leno, ein ausgewiesener Elfmeter-Killer, tauchte ab und zappelte hilflos mit seinem rechten Bein in der Luft herum. 1:0 für Hoffenheim in der 14. Minute, das Unheil für Bayer nahm seinen Lauf. Zwar glich Bayer zwei TSG-Führungen aus, aber Anthony Modeste hatte in der 89. Minute das letzte Wort – und suchte beim Jubel ein Loch im Tornetz. Schöne Grüße ans Phantomtor. Wie genervt die Bayer-Profis nach der sechsten Niederlage der Rückrunde sind, zeigte ein Interview mit Lars Bender. Gefragt, wie Bayer die Leichtigkeit der Hinrunde zurückbekommen könne, sagte er: "Ach was. Alle haben gesagt wir hätten guten Fußball gespielt in der Hinrunde, aber das hat meisten auch nicht gestimmt. Aber die Ergebnisse waren da, die müssen zurückkommen." Sonst könnte es so langsam ungemütlich werden für Trainer Sami Hyypiä. "Wir haben morgen Training und wenn der Verein nicht sagt, ich kann zu Hause bleiben, bin ich beim Training", sagte der Finne. Sportdirektor Rudi Völler will an Hyypiä festhalten, aber es fehlen ihm die Argumente. Die Champions League ist in Gefahr, mit Gladbach, Wolfsburg und Mainz lauern drei Vereine in Reichweite von drei Punkten auf Leverkusens vierten Platz. Keine guten Aussichten.
4. Zu viel Ehrlichkeit überrascht bisweilen
Nürnbergs Trainer Gertjan Verbeek hat einfach mal gesagt, wie es ist: "In der ersten Halbzeit war nur Angst da. Das hat mich verwundert. Wenn man wie ein Absteiger spielt, dann steigt man auch ab." Chapeau, es geht auch ohne die übliche Durchhalterhetorik. Und schließlich hatte der Club am Sonntagnachmittag mit 2:5 gegen die Frankfurter Eintracht verloren und steht nun auf dem vorletzten Tabellenplatz. Was soll er da sagen, ohne unglaubwürdig zu wirken? Ottmar Hitzfeld, im Nebenjob Nationaltrainer der Schweiz und hauptamtlich als Experte des Bezahlsenders Sky tätig, war diese ebenso treffende wie überraschende Analyse seines niederländischen Kollegen dennoch eine Spur zu ehrlich. "Unpassend und unüberlegt" sei das. Aber soll der arme Verbeek etwas stark reden, was nun überhaupt nicht stark war? Die Spieler sind ja nicht dumm. Kapitän und Torwart Raphael Schäfer jedenfalls konstatierte ebenso konsterniert: "Das war nicht das, was wir spielen wollten, von daher sind wir alle ein bisschen ratlos." Für die Nürnberger bleibt zu hoffen, dass die Einsicht in ihre eigene Unzulänglichkeit festen Boden bereitet für einen ersten Schritt zur Besserung. Und zwar möglichst schnell - am Mittwoch kommt mit dem VfB Stuttgart der nächste Konkurrent im Kampf gegen den Abstieg vorbei. Und die Frankfurter? Sie haben die Diskussion, ob Armin Veh noch der Richtige ist, vorerst überzeugend beendet. Der Trainer geht im Sommer, hängt sich rein wie eh und je. Beim Torjubel in der Schlussphase hatte er sich verletzt - Zerrung im linken Bein. Ansonsten sagte auch er, wie es ist: "Das war kein Befreiungsschlag, jede Woche kann sich die Konstellation wieder ändern."
5. Die Bundesliga ist nicht so gut, wie sie sein sollte
Klar, wir freuen uns über eine Liga, in der jeder jeden außer den FC Bayern schlagen kann. Wir freuen uns über spielstarke Mainzer, die in Reichweite der Champions-League-Plätze liegen. Aber sagt uns zum Beispiel der Höhenflug der Augsburger etwas darüber, wie gute Arbeit dort geleistet wird? Oder mehr darüber, wie schlecht woanders gearbeitet wird? Der Chef der Deutschen Fußball-Liga DFL, Christian Seifert, tendiert zu letzterer Interpretation. "Fakt ist, dass viele Bundesligisten mehr finanzielle Möglichkeiten haben als die meisten anderen Klubs in Europa. Das sollte sich auch in den sportlichen Leistungen niederschlagen." Seifert nervt, dass nur noch zwei deutsche Vereine im Europapokal vertreten sind. Dabei hätten acht Bundesligisten einen Etat von über 100 Millionen Euro. Gemeint sind mit seiner Kritik vor allem Vereine wie der Hamburger SV und Stuttgart, die sich am Wochenende im Kellerduell gegenüberstanden – mit teuren Kadern, aber ohne spielerische Idee. Dementsprechend fürchterlich anzuschauen war das Spiel denn auch, in dem eine einzige entschlossene Aktion dem VfB für den erlösenden Heimsieg reichte. Huub Stevens hat den Stuttgartern immerhin wieder Leben eingehaucht, Keeper Sven Ulreich stand sogar so so sehr unter Strom, dass er Abwehrmann nach einer missglückten Aktion Georg Niedermayer anmotzte und schubste – es gab Gelb. "Das zeigt, dass wir alle voll bei der Sache sind", sagte Ulreich nach dem Spiel. "Aber wir haben den Fokus gleich auf die nächste Partie gerichtet. Dort fängt alles von vorne an." Mittwoch beim 1. FC Nürnberg, beim nächsten Duell im Abstiegskampf, in den noch immer fast die halbe Liga involviert ist.
6. Hennes ist erstligareif
Zwei gehen mindestens runter, also lohnt so kurz vor Ende der Saison ein Blick auf die Zweite Liga und die Frage, wer denn so in der nächsten Spielzeit die Bundesliga auffrischt. Mit feurigem Herzen aufsteigen will offenbar keine Mannschaft, seit Wochen hält sich deswegen der 1. FC Köln trotz vier Unentschieden in den letzten fünf Spielen an der Tabellenspitze. Für das Highlight beim lauen 0:0 gegen Aalen sorgte ein Klub-Urgestein. Geißbock Hennes VIII. büxte in der Halbzeitpause seinen Bewachern aus. Er stürmte auf den Rasen und tanzte minutenlang seine Verfolger aus. Die Fans gaben Szenenapplaus und feierten Hennes mit Sprechchören. Der mit Abstand beste und zielstrebigste Kölner Auftritt endete aber ebenfalls ohne Erfolg: Hennes wurde unter Pfiffen von mehreren Jägern abgeführt. Die Südkurve forderte empört: "Freiheit für Hennes". Und wir freuen uns auf tierischen Zuwachs in der Bundesliga.
Quelle: ntv.de