Fußball

Von wegen Königsklassen-Freilos Bayern spielt gegen Benfica mit dem Feuer

0efb0409309e34e66e24d371fc984759.jpg

Wer den FC Bayern schon nach dem Viertelfinal-Hinspiel im Champions-League-Halbfinale erwartet, wird schwer getäuscht. Benfica Lissabon bietet den Münchnern einen ganz harten Kampf – mit beinah frustrierendem Ausgang.

Groß war der Spott nach der Auslosung der Viertelfinals in der Champions League. Der große FC Bayern München auf der Guardiola'schen Abschiedstournee mit dem unbedingten Willen das Triple zu holen, bekommt den portugiesischen Meister Benfica Lissabon zugelost. Ein Freilos sei das, was die italienische Legende Gianluca Zambrotta dem deutschen Rekord-Champion da beschert habe. So unkten viele, die dem Mia-san-mia-Klub nicht zugeneigt sind.

FC Bayern - Benfica Lissabon 1:0 (1:0)

Tor: 1:0 Vidal (2.)

München: Neuer - Lahm, Kimmich (60. Martinez),  Alaba, Bernat - Vidal - Thomas Müller (85. Götze), Thiago - Costa  (70. Coman), Ribery - Lewandowski
Benfica: Ederson - Almeida, Lindelöf, Jardel, Eliseu - Fejsa,  Renato Sanches - Pizzi (90.+1 Samaris), Gaitan - Jonas (83. Salvio),  Mitroglou (70. Jimenez)

Referee: Marciniak (Polen)  Zus: 70.000 (av)
Schüsse: 15:9  Ecken: 5:2  Ballbes: 65:35

In München freilich wollten sie davon nichts hören und redeten Lissabon stark, für die Vertreter der Freilos-Theorie indes ein bisschen zu stark. Doch das Superlativ-Trainer Josep Guardiola nicht übertrieben hatte, davon konnten sich die Bayern-Fans im Hinspiel in München überzeugen. Zwar gewannen die "Roten" das Duell gegen den portugiesischen Rekordmeister vor 70.000 Zuschauern in der ausverkauften Allianz-Arena dank eines Treffers von Arturo Vidal (2.) mit 1:0 (1:0), doch die Gäste zeigten mehrfach, dass sie dem Rekordmeister im Rückspiel am kommenden Mittwoch (13. April) noch sehr gefährlich werden können.

Beeindruckende Benfica-Serie

Benfica Lissabon kam mit der Empfehlung von 19 Siegen in den letzten 20 Pflichtspielen nach München gereist. Allein schon deswegen sah sich Guardiola in den vergangenen Tagen in der Verantwortung seiner Mannschaft die Schwere der Aufgabe bewusst zu machen. Die ganz große Stärke hatte der Katalane in der Hintermannschaft der "Aguias" ausgemacht, sie als "die vielleicht beste in Europa ausgemacht." Den Nachweis dafür konnte die Kette um die Organisator Jardel in den ersten Minuten indes nicht liefern. Bereits nach zwei Minuten düpierten Franck Ribéry, Robert Lewandowski, Juan Bernat und schließlich Vidal die hochgelobte Kette mit dem blitzschnellen 1:0. Es war das schnellste Münchner Pflichtspieltor der laufenden Saison.

Arturo Vidal brachte die Bayern schon nach zwei Minuten in Führung.

Arturo Vidal brachte die Bayern schon nach zwei Minuten in Führung.

(Foto: dpa)

Die Bayern, mutig, aggressiv und gar nicht so schlafmützig wie noch in der ersten Halbzeit des Achtelfinalrückspiels gegen Juventus Turin (4:2), drohten die Gäste hier wie ein Orkan zu überrollen. Zweikampfmaschine Arturo Vidal sicherte sich gefühlt jedes Duell, spielte den Ball dann direkt oder über mehrere Stationen zu Ribéry, der Gegenspieler André Almeida ein ums andere Mal überforderte. Was auf der Tribüne aber mitunter launig anzusehen war, war auf dem Rasen in der Konsequenz oft zu verspielt. Ganz viel Tiki-Taka, also katalanisch-schönes Kurzpasskombinieren, aber ganz wenig Radau vor dem Tor. Erst als Thomas Müller in der 20. Minute vom insgesamt sehr fehlpassanfälligen Spielmacher Thiago den Ball ganz zart vor den Fuß gehoben bekam, dann aber ziemlich kläglich an Keeper Ederson scheiterte, drohte Benfica erstmals deutlicher in Rückstand zu geraten.

Diesen Erweckungsmoment nahmen die Portugiesen zumindest für ein paar Minuten zum Anlass, endlich das aufs Feld zu bringen, was Guardiola im Vorfeld der Partie zur Lobhudelei animiert hatte. Zunehmend ballsicherer tasteten sich die Lissaboner in die Hälfte der Bayern. Und dort fanden sie, zur allgemeinen Überraschung, wenig Gegenwehr. Mit fast der ganzen Mannschaft rückte Benfica nun vor und breitete sich vor dem Strafraum der Bayern aus, ohne aber wirklich gefährlich zu werden. Nur einmal mussten die Bayern vor der Pause das Glück strapazieren, als Kapitän Philipp Lahm eine Hereingabe des Argentiniers Nicolás Gaitan an die Hand bekam. Der mögliche Elfmeterpfiff blieb aber aus.

Kein Götze, kein Martinez

Die Bayern bei denen Guardiola mit seiner Aufstellung mal wieder für Überraschungen gesorgt hatte, indem er die noch in der Bundesliga gegen Frankfurt so ordentlich spielenden Javi Martinez, Mario Götze und Xabi Alonso gegen Joshua Kimmich, Douglas Costa und Thiago tauschte, zeigten nach dem furiosen Start und der vergebenen Müller-Chance seltsamerweise nur noch selten, warum sie auch in dieser Saison als ernsthafter Anwärter auf den Champions-League-Thron gelten wollen. Zwar zog sich auch Benfica nach dem kurzen aggressiven Aufmucken wieder mehr zurück und überließ den Bayern die Ballkontrolle. Aber Tempo, kreative Lösungen, Druck? Alles Fehlanzeige. Das Spiel des FCB war eine einzige Maloche ohne Leichtigkeit – auch weil sich die Viererkette der Gäste immer mehr der Form näherte, die der Bayern-Trainer so bewundert.

Das ließ sich für die defensive Formation der Bayern indes nicht festhalten. Der von Guardiola wieder ausgepackte "Zwergenriegel" mit David Alaba und Joshua Kimmich im Zentrum der Viererkette wirkte mit zunehmender Spielzeit immer verunsicherter, wenn er auch nur vor sehr wenige Aufgaben gestellt wurde. Genauer gesagt vor zwei,und beide Male wurde es richtig gefährlich. Erst wackelte Topstürmer Jonas Gegenspieler Alaba aus, bekam dann aber freistehend Nervenflattern (57.). Neun Minuten später bekam er dann den Ball nicht am bereits geschlagenen Manuel Neuer vorbei.

Ein Remis, es wäre nun ganz sicher verdient gewesen und hätte die Aufgabe für das Rückspiel ungleich erschwert. Umgekehrt hätte es indes ausgesehen, hätte Robert Lewandowski den Ball in der Schlussminute nicht so fürchterlich ungenau auf den vor dem leeren Tor stehenden Lahm gespielt. Es war eine grotesk vergebene Großchance, von denen sich die Bayern erstaunlich wenige erspielen konnten. Guardiola darf sich bestätigt sehen, dass Benfica ganz sicher kein Freilos ist. Und spotten wird auch niemand mehr, sondern vielleicht darin erinnern, wie der letzte Viertelfinal-Auftritt der Münchner in Portugal geendet war. Beim FC Porto verloren die Bayern im Vorjahr mit 1:3.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen