Rolle bei WM-Vergabe 2018 und 2022 Beckenbauer droht Strafe durch die Fifa
21.10.2015, 16:36 Uhr
Franz Beckenbauer stimmte als Fifa-Exekutivmitglied über die WM-Vergaben an Russland und Katar ab.
(Foto: dpa)
Beim Fußball-Weltverband Fifa steht ein Urteil gegen Franz Beckenbauer bevor. Grund ist offenbar seine zunächst verweigerte Mitarbeit bei der Untersuchung der umstrittenen WM-Vergaben an Russland und Katar, über die er mit abgestimmt hatte.
Die Untersuchungskammer der Fifa-Ethikkommission hat ihre Ermittlungen gegen Franz Beckenbauer abgeschlossen. Das Verfahren sei zur rechtsprechenden Kammer weitergeleitet worden, teilte das Gremium des Fußball-Weltverbands mit, ohne weitere Details zu nennen.
Beckenbauer hatte wie alle Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees, die bei der skandalträchtigen WM-Vergabe an Russland 2018 und Katar 2022 im Dezember 2010 beteiligt gewesen waren, vor der Ethikkommission aussagen müssen. Als er dies zunächst verweigerte, wurde er im Sommer 2014 provisorisch für 90 Tage für alle Fußball-Aktivitäten gesperrt. Nach seiner danach erfolgten Aussage wurde diese Sperre aufgehoben, die Ermittlungen liefen jedoch weiter.
Die Untersuchungsergebnisse scheinen Beckenbauer nicht vollends entlastet zu haben. Theoretisch hätte das Verfahren gegen Beckenbauer auch eingestellt werden können und nicht weitergeleitet werden müssen. Ähnlich verhält es sich beim Spanier Ángel María Villar Llona, Vize-Präsident der Fifa und der Europäischen Fußball-Union. Auch gegen ihn wird nun ein Urteil erwartet.
Komplette Fußballsperre möglich
Im Fall Beckenbauers wird das Urteil nicht vom Münchner Richter Hans-Joachim Eckert als Chef der rechtsprechenden Kammer gesprochen werden. Stattdessen wird der Australier Alan Sullivan das Urteil fällen. Wann er seinen Beschluss fällen wird, ist nicht bekannt.
Damit steht dem 70-Jährigen nun im Extremfall eine Sperre für alle Fußball-Aktivitäten bevor, dies würde unter anderem auch Besuche von Stadien beinhalten. Allerdings gab es auch Anzeichen für eine mildere Strafe. Wann der Richter-Spruch fällt, ist offen. Die Untersuchungen beziehen sich allem Anschein nach nicht auf die jüngsten Berichte über vermeintlich schwarze Kassen bei der WM-Vergabe 2006 an Deutschland.
Ob die Fifa-Fahnder wegen der Bestechungsvorwürfe gegen das Organisationskomitee der WM-Endrunde 2006 in Deutschkand weitere Untersuchungen gegen Beckenbauer und Präsident Wolfgang Niersbach vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) aufgenommen haben, teilte die ermittelnde Kammer nicht mit.
Uefa droht neues Ungemach
Insgesamt ermittelt das Ethikgremium noch gegen mehr als neun aktuelle oder frühere hochrangige Funktionäre, darunter den gesperrten Fifa-Präsidenten Joseph Blatter und Uefa-Chef Michel Platini. Der suspendierte Uefa-Boss wehrt sich gegen den Verdacht der Beteiligung an möglichen Fälschungen von Bilanzen des Fußball-Weltverbandes Fifa. "Es gibt keinen Zweifel daran, dass Michel Platini nicht persönlich dafür zu sorgen hatte, dass sein Anspruch gegen die Fifa ordnungsgemäß in die Bilanzen der Fifa aufgenommen wird", sagte Platinis Anwalt Thibaud d'Ales am Mittwoch auf Anfrage der französischen Nachrichtenagentur AFP.
Mit der Fifa-Anklage gegen den Spanier Llona verschärfte sich aber auch die Krise für die Uefa weiter. In seiner Funktion als Vize der Europäischen Fußball-Union ist Villar Llona durch die 90-Tage-Sperre gegen Platini aktuell ranghöchster Funktionär des Kontinentalverbands. Villar Llona war zudem erst am Dienstag bei der Fifa zum Vorsitzenden des WM-Organisationskomitee ernannt worden.
Nach den neuesten Enthüllungen ist insgesamt bereits die Hälfte der 22 stimmberechtigten Mitgliedern der Fifa-Regierung, die über die WM-Vergaben 2018 und 2022 entschieden hatten, direkt von Korruptionsverfahren betroffen. Erst am Dienstag hatte das Fifa-Exekutivkomitee die Verschwiegenheitsklausel für die Ethikkommission aufgehoben. Damit durfte diese erstmals die Öffentlichkeit über ihre Untersuchungen informieren.
Quelle: ntv.de, cwo/dpa/sid