Welttorhüter holt Vergangenheit ein "Behandelt wie ein Verbrecher“
12.10.2010, 10:01 UhrDas durch die Fußball-WM in Südafrika aufpolierte Ansehen des Schwarzen Kontinents bekommt wieder Flecken: Politik und Fußball bedeutet in manchen Ländern Afrikas noch immer Willkür und Korruption. Ein aktueller Leidtragender ist ein Deutscher: Welttorhüter Lutz Pfannenstiel.
Die Fußball-WM in Südafrika hat die Welt verzaubert, die Fans rund um den Globus wochenlang in Atem gehalten, ja verzückt. Kurzum, die erste Fußball-Weltmeisterschaft auf afrikanischem Boden war ein voller Erfolg. Ein Erfolg, der die Schattenseiten des Fußballs in Afrika aber nur kurzzeitig überstrahlen konnte. Bereits drei Monate nach der WM zeigt der schwarze Kontinent sein wahres Gesicht - nicht in Südafrika, sondern in Simbabwe.
Leidtragender ist Lutz Pfannenstiel, ehemaliger Profitorwart und als Experte für das deutsche Fernsehen bei der WM in Südafrika vor Ort. Einen Namen hat sich der im bayerischen Zwiesel geborene Pfannenstiel als Weltenbummler des Fußballsports gemacht: Er ist der weltweit erste und einzige Fußballprofi, der auf allen sechs Kontinenten in einem Profiverein unter Vertrag stand. In Simbabwe holte den einstigen deutschen U17-Nationalspieler nun seine Vergangenheit ein.
Scheckliches Déjà-vu
"Ich bin behandelt worden wie ein Verbrecher“, sagt Pfannenstiel gegenüber n-tv.de. Der derzeitige Torwarttrainer der Fußballnationalmannschaft Namibias befand sich Anfang Oktober auf Einladung des simbabwischen Verbands (Zifa) in der Republik im Süden des Kontinents. Er sollte sich als ehrenamtlicher Fußball-Entwicklungshelfer ein Bild von den Nationaltorhütern des Landes machen und einen Workshop Anfang kommenden Jahres vorbereiten. Allerdings untersagten ihm die Behörden Simbabwes die Ausreise nach Deutschland. Der laut Pfannenstiel "fadenscheinige Grund“: eine fehlende Arbeitserlaubnis und wenig später die fehlende Angabe von Pfannenstiels Verhaftung in Singapur 2001.
Mehrere Stunden verbrachte Pfannenstiel am Flughafen, bewacht von Sicherheitsbeamten. "Ich habe Panik geschoben und fühlte mich in das Jahr 2001 zurückversetzt“, erklärt der 37-Jährige. Damals war er in Singapur verhaftet, verurteilt und für mehr als 100 Tage ins Gefängnis gesteckt worden. Der Vorwurf lautete: Manipulation. "Ein Witz! Es hieß, ich habe zu gut gehalten und so die Ergebnisse beeinflusst“, sagt er und führt weiter aus: "Auch zu diesem Teil meiner fußballerischen Vergangenheit stehe ich. Ich habe ein Buch darüber geschrieben und in deutschen Fernsehshows ausführlich darüber berichtet.“ International wurde der Vorwurf entkräftet. Pfannenstiel musste dennoch die Haft absitzen, spielte danach noch in fast einem Dutzend anderer Länder und für insgesamt mehr als 24 verschiedene Vereine. Dennoch: "Die Situation von damals belastet mich auch heute noch psychologisch extrem stark“, erklärt er.
Pfannenstiel am Pranger
Fast zeitgleich starten simbabwische Medien eine "Schmutz- und Verleumdungskampagne“, so Pfannenstiel. In dicken Lettern wird der "Korruptionsvorwurf von 2001“ wieder aufgewärmt. Deshalb vermutet Pfannenstiel als Hintergrund für das ganze Spektakel ein "fußballpolitisches Komplott“ um den Nationaltrainer Simbabwes, den Belgier Tom Saintfiet, der zuvor Namibia trainierte und Pfannenstiel dort zum Torwarttrainer machte.
Saintfiet, der unter anderem auch 2005/2006 Trainer des deutschen Amateurklubs BV Cloppenburg war, wurde auf dem Trainingsplatz, mitten in der Vorbereitung auf das Qualifikationsspiel zur Afrikameisterschaft zwischen Simbabwe und Kap Verde, vom Verband Zifa mitgeteilt, dass er wegen fehlender Arbeitserlaubnis sofort das Land verlassen müsse. "Er nahm eine achtstündige Autofahrt nach Botswana auf sich, um keinen Ärger mit den Behörden zu bekommen - obwohl er bereits einen Vertrag mit dem Verband unterschrieben hatte“, führt Pfannenstiel aus.
Das afrikanische Problem
Saintfiets Fehler: Er setzte auf mehrere erfahrene, im Ausland spielende Profis und nicht auf die "vom Verband gewünschte“ Jugend. "Die Zifa präferiert aber eher junge Spieler, weil sich einige Leute im Verband und im Umfeld eine besondere Wertsteigerung für den Verkauf ins Ausland versprechen.“ Dieses Vorgehen sei "leider immer noch typisch für so manch afrikanisches Land“, konstatiert Pfannenstiel, der nach mehreren Stunden bangen Wartens und erst nach Einschaltung der deutschen Botschaft Simbabwe verlassen kann.
Pfannenstiel behält sich rechtliche Schritte vor. Der 37-Jährige, der Torwarttrainerkurse für den Deutschen Fußball-Bund (DFB), den afrikanischen Veband CAF und die FIFA gibt und Gründer von Global United - Fußballprofis gegen den Klimawandel - ist, sagt aber auch klipp und klar: "Da ich viel in Afrika arbeite, bin ich schon einiges gewohnt - das gehört zum Job. Afrika hat einiges an Fußballpotenzial zu heben und ich werde mein Engagement daher nicht durch einen solchen Vorfall eingrenzen."
Quelle: ntv.de