Sieben Tore kassiert der FC Liverpool. Zum ersten Mal seit 57 Jahren, zum ersten Mal in der Historie der englischen Premier League. Das Team ist desolat, Jürgen Klopp ist konsterniert, der Gegner völlig verzückt. Genauso wie ein britischer Royal - und ein bisschen auch Manchester United.
Es ist eine Ziffernkombination, die im Fußball nicht alle Tage vorkommt: 7:2. Es müssen außergewöhnliche Spiele her, um den Ball sieben Mal im gegnerischen Tor zu versenken. So wie beim legendären WM-Halbfinale 2014, dem 7:1 der deutschen Nationalmannschaft gegen Brasilien. Oder aber der Gegner ist unterklassig, dem Match nicht gewachsen. So wie der Drittligist FC Blackpool, der vor genau 13 Monaten in einem Freundschaftsspiel dem FC Liverpool mit 7:2 unterlag. Nichts, aber auch gar nichts deutete darauf hin, dass es nun der FC Liverpool - Champions-League-Sieger der Vorsaison sowie amtierender englischer Fußballmeister - selbst sein könnte, der ein derartiges Debakel erlebt.
Normalerweise ist Jürgen Klopp als eloquenter Mann bekannt, einer, der gut und gerne redet. Doch an diesem Abend ist nichts normal. Der von ihm trainierte FC Liverpool verliert eben mit 2:7. Aston Villa hat dem Klub eine historische Klatsche zugefügt, die höchste, die das Team je in der Premier League kassierte. Die Liga gibt es seit 1992 - und tatsächlich verlor der FC Liverpool schon mal 2:7, zuletzt allerdings 1963 gegen Tottenham Hotspur.
Und so war selbst Klopp nach der Partie einigermaßen ratlos. "Ich weiß nicht, ob ich das erklären kann", sagte er sichtlich konsterniert bei Sky Sports. "Aber ich kann Ihnen sagen, was ich gesehen habe. Ich habe ein Spiel gesehen, in dem Aston Villa aus verschiedenen Gründen sehr, sehr gut gespielt und uns zu all den Fehlern gezwungen hat, die wir gemacht haben."
"Offensichtlich den Faden verloren"
Der Schock sitzt tief beim Trainer. "Ich hab im Fußball schon alles gesehen, das heißt aber nicht, dass ich eine Lösung für alles habe", sagte Klopp. "Wir haben offensichtlich den Faden verloren. Man konnte schon in der ersten Hälfte sehen, wie die Körpersprache abfällt."
Es ging schon überraschend los: Bereits nach vier Minuten führte Aston Villa durch ein Tor von Ollie Watkins. Der Engländer ist Stürmer, sein Job ist das Toreschießen, doch nach diesen vier Minuten dürfte nicht mal er beim Jubel daran geglaubt haben, dass er an diesem Abend noch zwei weitere Tore schießen wird: in der 22. Minute das 2:0, später das zwischenzeitliche 4:1 (39.). "Ich habe schon öfter Hattricks erzielt, aber das war auswärts gegen Newport auf einem sumpfigen Spielfeld", sagte er nach dem Spiel. Und dann fügte er noch an: "Unglaublich."
Unglaublich für Watkins, doch selbst nach dessen Hattrick hätte es noch ein Spiel werden können, so typisch für einen Favoriten. Denn in der 33. Minute gelang Mohamed Salah der Liverpooler-Anschlusstreffer zum zwischenzeitlichen 2:1. Und es ist schließlich Liverpool, das Fabelteam, wer hätte sich da gewundert: Die Anfangsphase irgendwie verschlafen, dann aber voll da und dem Gegner keine Chance lassend. Nicht aber mit Aston Villa. 4:1 stand es bereits zur Halbzeit.
Man United profitiert
Und während Salah nur noch ein weiteres Tor beisteuern konnte (60.), trafen für Villa noch Ross Barkley (55.), sowie Kapitän Jack Grealish gleich zweimal (66./75.). "Wir haben all unsere blödsinnigen Sachen und Fehler in ein Spiel gepackt", sagte Klopp. "Hoffentlich können wir wieder von vorne anfangen." Blödsinnige Fehler gab es derlei reichlich: Schon den Führungstreffer leitete Keeper Adrian, der für den verletzten Alisson im Tor stand, mit einem haarsträubenden Fehlpass im eigenen Strafraum ein. Er spielte einen ungenauen Pass auf Teamkollege Joe Gomez, Grealish konnte den Ball erobern und Watkins vollenden. Drei weitere Treffer kamen abgefälscht zustande - für Liverpool kam inklusive einer desolaten Abwehr alles zusammen.
Klopp hofft nun, dass seine Spieler sich schnell berappeln. "Ich würde liebend gern morgen und Dienstag eine Trainingseinheit haben und mit den Jungs darüber sprechen", sagte er. Doch nicht einmal das ist ihm vergönnt - die Liga macht zwei Wochen Pause, Länderspiele stehen an.
Übrigens, es gibt mindestens zwei Parteien, denen die Liverpool-Klatsche gelegen kommt. Zum einen Prinz William, der bekennender Aston-Villa-Fan ist. Und zum anderen Manchester United. Dank Liverpool spricht kaum jemand von der 1:6-Pleite, die das Team von Ole Gunnar Solskjaer am Nachmittag gegen Tottenham Hotspur kassierte.
Quelle: ntv.de