Fußball

Betrugsskandal im Fußball DFB-Referee in Verdacht

Auch wenn das Entsetzen über den neuerlichen Skandal groß ist: Dass Sportwetten zum Betrug einladen, ist lange bekannt.

Auch wenn das Entsetzen über den neuerlichen Skandal groß ist: Dass Sportwetten zum Betrug einladen, ist lange bekannt.

(Foto: AP)

Im neuerlichen Fußball-Wettskandal soll auch ein Schiedsrichter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ins Visier der Ermittler geraten sein. Ein der Manipulation verdächtigter Profi des VfL Osnabrück beteuert indessen seine Unschuld, während der DFB sowohl eine konsequente Aufarbeitung ankündigt als auch zur Besonnenheit mahnt.

In den Skandal um rund 200 manipulierte Fußballspiele in neun Ländern ist offenbar auch ein DFB-Schiedsrichter verwickelt. Der Unparteiische soll bei einem Spiel der Regionalliga Süd im Mai Schmiergeld von den mutmaßlichen Wett-Betrügern kassiert haben, berichtet der "Spiegel". Zudem soll auch der Regionalligist SSV Ulm tiefer in den neuen Wettskandal verwickelt sein, als bislang bekannt. Vier Partien in der Endphase der vergangenen Saison sollen angeblich unter Manipulationsverdacht stehen. Ulms Vize-Präsident Mario Meuler erklärte jedoch: "Wir gehen davon aus, dass wir von dem Wettskandal nicht betroffen sind."

Die Spieler des Süd-Regionalligisten haben eine Erklärung unterschrieben, dass sie an keinerlei Wettmanipulationen beteiligt sind oder waren. Der Vorstand und der Aufsichtsrat des SSV Ulm 1846 hatten angekündigt, "alles in ihrer Macht stehende zu tun, umso schnell wie möglich, aber auch so gründlich wie nötig, mitzuhelfen diese unglaublichen Vorwürfe aufzuklären".

Reichenberger: "Nie ein Spiel manipuliert"

(Foto: AP)

Unterdessen hat der angeblich in den Wettskandal verwickelte Profi Thomas Reichenberger vom VfL Osnabrück eine Beteiligung an Spielmanipulationen dementiert. Vor der Drittliga-Partie am Samstag gegen die zweite Mannschaft von Borussia Dortmund (4:1) trat der 35- Jährige samt Teamkollegen vor die Fans und beteuerte seine Unschuld. "Ich hatte nie Kontakt mit der Wettmafia und habe mit dem Wettskandal nichts zu tun. Ich habe nie ein Spiel manipuliert oder Geld dafür genommen, schlecht zu spielen oder zu verlieren", bekräftigte er.

Von seinem Club erhält Reichenberger Rückendeckung. "Die Verantwortlichen des VfL Osnabrück stehen geschlossen hinter Thomas Reichenberger", sagte Vereins-Präsident Dirk Rasch der "Zeit". Er äußerte aber die Befürchtung, dass der Abstieg seines Vereins durch Manipulation der Relegationspartien für die 2. Bundesliga in der vergangenen Saison zustande gekommen sein könnte.

"Offensichtlich ist nichts mehr auszuschließen", sagte Rasch. Nach zwei 0:1-Niederlagen gegen den SC Paderborn im vergangenen Sommer waren die Osnabrücker in die 3. Liga abgestiegen. Zugleich kritisierte Rasch die Präventions-Instrumente des Deutschen Fußball-Bundes (DFB): "In dem einen oder andern Fall mag das Frühwarnsystem des DFB funktioniert haben. Allgemein muss ich konstatieren, dass das Frühwarnsystem die globalisierte kriminelle Energie nicht stoppen kann."

Aktionismus und Beschwichtigung

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) will im Kampf gegen die Wettmafia keine Zeit verlieren und hat eine möglichst schnelle Bestrafung der beteiligten Spieler sowie Funktionäre angekündigt. Sobald beweiskräftige Unterlagen vorlägen, "wird unser Sportgericht und der Kontrollausschuss die sportgerichtlichen Maßnahmen treffen und das entsprechend ahnden", sagte DFB-Präsident Theo Zwanziger. Das sportgerichtliche Urteil könne "vielleicht sogar weit vor einer Anklageerhebung und einer richterlichen Entscheidung" fallen.

Zwanziger betonte allerdings, dass der Wettskandal auch ein gesamtgesellschaftliches Phänomen sein. "Ich weiß nicht, wie viel Korruptionsverfahren es bei Siemens oder an anderer Stelle in der Gesellschaft gibt. Wo Geld ist, da ist auch Korruption. Der entscheidende Punkt ist, wie gehen die Sportler damit um", sagte Zwanziger auf dem Turntag des Deutschen Turner-Bundes (DTB) in Koblenz. "Korruption und Bestechung haben wir auch, aber wer hat das denn nicht", beschwichtigte der DFB-Präsident. Zudem verwies er explizit darauf, dass von 1,4 Millionen Fußballspielen jetzt lediglich 32 vom Staatsanwalt untersucht werden.

Auch Uli Hoeneß, der Manager des FC Bayern München, versuchte in WDR 2 die Aufregung zu relativieren: "Solange es Verbrecher gibt, wird es so etwas geben. Es ist schlimm, aber ich finde es jetzt nicht so dramatisch, dass man sich stundenlang darüber aufregen muss." Auch sein Kollege Klaus Allofs mahnte zur Besonnenheit. "Das wichtigste aber ist jetzt, nicht zu spekulieren und Anschuldigungen anzustellen", sagte der Manager von Werder Bremen.

Umfassendes Korruptionsgesetz nötig

Unterdessen hat die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International Deutschland effektivere Präventionsmaßnahmen im Fußball angemahnt. "Wir brauchen natürlich die Repression, sprich Strafgesetze, Kontrollen, Frühwarnsysteme, damit es den Tätern so schwer wie möglich gemacht wird", sagte die Vorsitzende der Organisation, Sylvia Schenk, im Deutschlandradio Kultur. Zugleich mahnte sie einen Mentalitätswandel im Fußball an: "Man muss sich auch über die Moral und das Unrechtsbewusstsein bei Spielern, Schiedsrichtern und Funktionären unterhalten. Korruption gilt immer noch als Kavaliersdelikt."

Gestern hatte sich bereits die bayrische Justizministerin Beate Merk (CSU) für ein umfassendes Gesetz gegen Manipulation und Korruption im Sport ausgesprochen. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sieht hingegen keine Veranlassung, das geltende Strafrecht zu ändern. "Die Verurteilungen der Vergangenheit - etwa von Herrn Hoyzer und Herrn Sapina im Wettskandal 2005 - zeigen, dass auch auf der Basis des geltenden Rechts Manipulationen und Betrugsvorwürfe im Sport sachgerecht geahndet werden können. Und zwar sowohl mit Mitteln des Strafrechts als auch im Zivilrecht, wenn es um einen Ausgleich des entstandenen Schadens geht", sagte sie dem "Tagesspiegel am Sonntag".

Ungeahntes Ausmaß

Europas Fußball wird vom größten Betrugsskandal seiner Geschichte erschüttert. Der Manipulationsverdacht reicht den Ermittlern zufolge bis in die Champions League und die Europa League. In Deutschland sind nach vorläufiger Darstellung der Staatsanwaltschaft und der Polizei Bochum insgesamt 32 Spiele der 2. und 3. Liga sowie der Regional- und Oberliga betroffen.

Im Ausland gibt es jetzt nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung" erste Hinweise auf verdächtige Spiele. Der Zeitung liegt demnach eine Liste mit Partien vor, die mutmaßlich manipuliert wurden. Betroffen sind keine großen Vereine. Interessant sei aber das Muster der versuchten und wohl auch oft erfolgreichen Manipulationen.

Mit Belgien, der Schweiz, Österreich, Slowenien, Kroatien, Bosnien, der Türkei und Ungarn sind acht weitere Länder ebenfalls im Visier. Größtenteils sollen Erstligaspiele betroffen sein. Rund 200 Spiele stehen unter Manipulationsverdacht, es gebe "bisher über 200 Tatverdächtige", hatte die Staatsanwaltschaft Bochum und die Polizei am Freitag auf einer Pressekonferenz mitgeteilt. Der Leiter der UEFA-Disziplinarkommission, Peter Limacher, erklärte: "Das ist der bisher größte Skandal im Fußball."

Quelle: ntv.de, cwo/dpa/sid

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