Fußball

Alarmierender Liga-Alltag schreckt ab DFB brechen Referees weg

Im Amateurbereich fehlen dem DFB immer mehr Schiedsrichter.

Im Amateurbereich fehlen dem DFB immer mehr Schiedsrichter.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Der DFB hat ein Nachwuchsproblem: bei den Schiedsrichtern. Zwischen 2010 und 2011 sinkt deren Zahl um fast 2500, ganze Amateurligen müssen ohne Referees auskommen. Grund sind oft unzumutbare Zustände auf dem Platz. Berichte über fehlenden Respekt und tätliche Angriffe sind an der Tagesordnung.

Beschimpfungen, Pöbeleien und Gewalt: Der teilweise frustrierende Alltag deutscher Fußball-Schiedsrichter führt langsam aber sicher zu einem Nachwuchsproblem. Schon jetzt müssen ganze Ligen auf Kreisebene ohne Schiedsrichter auskommen, die gut 76.000 Unparteiischen in Deutschland reichen längst nicht mehr.

Immer mehr DFB-Schiedsrichter zeigen dem Fußball die Rote Karte.

Immer mehr DFB-Schiedsrichter zeigen dem Fußball die Rote Karte.

(Foto: picture alliance / dpa)

"Über 95 Prozent des deutschen Fußballs spielen sich auf Kreisebene ab. Da gibt es ganz klar Nachwuchsprobleme, wir können Spiele nicht besetzen", sagte Lehrwart Lutz Wagner vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) dem Sport-Informations-Dienst (SID). Die aktuellsten Statistiken beziehen sich auf das Jahr 2011. Exakt 76.019 Schiedsrichter waren im Januar 2012 beim DFB registriert - 2436 weniger als im Vorjahr und sogar 5353 weniger als Anfang 2006. Zwar wurden im vergangenen Jahr noch mehr als 8000 neue Schiedsrichter ausgebildet, aber immer mehr legen ihre Pfeife zur Seite.

Unzumutbare Zustände auf dem Platz

Die Ausstiegsgründe sind ganz unterschiedlich und lassen sich auch nicht mit einer leicht gesunkenen Zahl an aktiven Fußballern und Vereinen zwischen 2010 und 2011 erklären. Alter, Umzug, Familie, Beruf oder Studium spielen oft entscheidende Rollen, wenn Schiedsrichter nicht weiterpfeifen. Fest steht aber auch: "Ein großer Hauptgrund ist, dass viele sagen, sie kommen mit den Zuständen auf dem Platz und dem Verhalten der Beteiligten nicht zurecht. Dieser Prozentsatz ist viel zu hoch", sagt Wagner. Von denen, die aufhörten, gebe jeder Dritte Aspekte wie Beschimpfungen als Grund an.

Auch in den 21 Landesverbänden wird das nicht erst seit dem tödlichen Übergriff auf einen Linienrichter in den Niederlanden Anfang Dezember so wahrgenommen. "Die Gewinnung von neuen Schiedsrichtern ist nicht das Problem. Das Problem ist, sie für den Fußball zu erhalten", sagt Bernd Domurat, Schiedsrichter-Lehrwart im Niedersächsischen Fußball-Verband (NFV). Die Hemmschwelle bei Spielern, Eltern oder Zuschauern, gegen den Schiedsrichter vorzugehen, sei gesunken. "Und die Vorfälle werden öffentlicher", sagt Domurat.

Beleidigungen eher Regel als Ausnahme

Werbung für den Schiri-Job ist das nicht. Bei einer aktuellen Befragung der Uni Tübingen von 2600 Schiedsrichtern in Württemberg gaben 54,6 Prozent an, oft, fast immer oder manchmal auf dem Platz beleidigt zu werden. 32 Prozent sagten, sie würden selten von Spielern, Trainern oder Zuschauern beleidigt. 17,3 Prozent sind bereits tätlich angegriffen worden.

Die Dunkelziffer ist noch gar nicht eingerechnet. Im Bayerischen Landesverband, mit etwa 16.000 Schiedsrichtern der größte im DFB, wurden in den vergangenen beiden Jahren bereits 100 bis 200 weniger Schiedsrichter ausgebildet als aufhörten. Vor allem bei den 20- bis 40-Jährigen, also denjenigen, die eigentlich im besten Alter sind, fehlt es an Quantität.

Gegenseitiger Respekt fehlt

Dabei unternehmen DFB und Landesverbände einiges, um ihre Schiedsrichter zu unterstützen. Bewährt hat sich das Prinzip des Paten, eines älteren Begleiters, der dem Nachwuchs auch das Auftreten auf und neben dem Platz sowie korrektes Verhalten in Konflikten vermitteln soll.

"Aber der Vorfall in den Niederlanden hat uns bestärkt in der Ansicht, dass alle Beteiligten gefordert sind, am gegenseitigen Respekt zu arbeiten." Vor allem die Vereine sehen die Schiedsrichter-Obleute dabei in der Pflicht. Eine bessere Bezahlung - auf Kreisebene liegt der Satz bei 10 bis 20 Euro - könne die Nachwuchssituation dagegen nicht verbessern.

"Die Bezahlung drückt eine gewisse Wertschätzung aus. Sie ist ein Anreiz, aber die Qualität der Schiedsrichter wird dadurch nicht besser und wir lösen damit auch keine Probleme", sagt Wagner. Stattdessen setzen die Landesverbände im Kampf um die Schiedsrichter mittlerweile auf Projekte wie Online-Ausbildung, variableren Umgang mit der Mindestzahl zu pfeifender Spiele oder altersunabhängige Förderung. Auch die Kommunikation mit den Klubs soll verbessert werden.

Quelle: ntv.de, Marlen Benen, sid

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