Chelseas Motor stottert noch Der BVB hat keine Angst vorm klappernden Geldriesen
15.02.2023, 13:39 Uhr
Nationalspieler Kai Havertz kam für viel Geld, doch nach ihm folgten neue Spieler, die noch viel mehr Geld kosteten.
(Foto: IMAGO/Paul Marriott)
Die Champions League läuft. Nach Bayern München greift jetzt auch das zweite internationale Aushängeschild der Bundesliga ins Geschehen ein. Borussia Dortmund trifft auf den FC Chelsea, der in den letzten Monaten neben dem Platz mit viel Geld protzte, doch sportlich miserabel durch die Saison stolpert.
Die aberwitzige Einkaufstour der "Geldschleuder" FC Chelsea gibt auch Borussia Dortmund Rätsel auf. Die hausinterne Abteilung Gegner-Analyse, so erzählte es Trainer Edin Terzić, kann nach dem Irrsinn des Transfer-Winters höchstens erahnen, was die BVB-Mannschaft im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League (heute 21 Uhr/DAZN und im Liveticker auf ntv.de) erwartet: "Wir wissen es nicht genau."
Wie auch? Weit mehr als eine halbe Milliarde Euro hat Chelsea in den vergangenen sieben Monaten in Spieler investiert, rund 300 Millionen allein durch das Winterfenster geblasen: Hier 121 für den argentinischen Weltmeister Enzo Fernández, was selbst im Land der Großeinkäufer ein Rekord ist, da bis zu 100 für Michailo Mudryk, einen jungen Mann von Schachtar Donezk, der zuvor höchstens Experten ein Begriff war.
Der BVB muss den englischen Krösus dennoch mit Mut und Selbstvertrauen ins Stolpern bringen - sonst wird es ziemlich schwierig mit dem Einzug ins Viertelfinale. "Wir müssen höllisch aufpassen", warnt Sportdirektor Sebastian Kehl trotz der Serie von sechs Siegen in sechs Pflichtspielen seit Jahresbeginn.
BVB-Trainer Terzic tippt auf "enge Spiele"
Auch Kehl schaut verwundert bis irritiert nach London: "Es könnten womöglich keine größeren Gegensätze aufkommen." Damit macht sich der BVB kleiner, als er ist, aber: Der Verein hat tatsächlich lange gezögert, bis er dem - nun verletzten - Nationalstürmer Youssoufa Moukoko einige Millionen für eine Vertragsverlängerung rausrückte. Es wird wohl Sebastien Haller stürmen, der nach seiner Krebserkrankung schnell wieder im Akkord gefragt ist.
Ihre Flatterhaftigkeit scheinen die Borussen abgelegt zu haben: Nicht viele Spiele werden überzeugend gewonnen, aber sie werden gewonnen. "Wir haben gezeigt, dass wir uns weiterentwickelt haben. Das ist noch nicht genug, um die gesamte Saison davon zu zehren", sagt Kehl, "aber es ist (...) extrem wichtig für uns und zeigt, dass mit uns zu rechnen ist."
Ob es für Chelsea reichen wird, dürfte noch nicht im Hinspiel entschieden werden. Terzić glaubt an eine ganz knappe Entscheidung über mindestens 180 Minuten. "Wir sind uns sicher, dass es nicht morgen entschieden wird, sondern dass es zwei enge Spiele werden", sagte er. Auch Chelsea-Trainer Graham Potter, der im Herbst 2022 auf den ehemaligen BVB-Trainer Thomas Tuchel folgte, wollte sich nicht in die Favoritenrolle drängen lassen. "Es ist die K.-o.-Phase der Champions League. Ein absoluter Höhepunkt. Es ist ein großer Test gegen einen fantastischen Klub", sagte er: "Wir freuen uns alle auf das Spiel."
Tuchel-Nachfolger Potter verspürt Druck
Wahrscheinlich ist es für den BVB auch ein guter Moment, gegen den FC Chelsea anzutreten. Dessen viele teure Puzzleteile haben sich noch keineswegs zu einem funktionierenden Kollektiv zusammengefügt, wie zuletzt die ernüchternden Liga-Unentschieden gegen den FC Fulham und bei West Ham United zeigten. Die Tabelle der Premier League führt den Klub des deutschen Nationalspielers Kai Havertz auf dem zehnten Platz - Investition und Ertrag stehen (noch) in einem fast lachhaften Missverhältnis.
"Im Fußball braucht man mehr, was man mit Geld nicht kaufen kann. Man muss seine Ressourcen gut und clever einsetzen", betonte Potter, der einräumte: "Klar, es gibt mehr Druck und mehr Erwartungen, wenn man viel Geld ausgibt." Für Potter hat der Scheinriese Chelsea übrigens auch Ablöse gezahlt: 24 Millionen Euro an Brighton & Hove Albion. Dafür gab es unter anderem 20 Punkte Rückstand auf den Tabellenführer FC Arsenal. In England wird bereits spekuliert, ob Klub-Besitzer Todd Boehly schon der Finger zuckt.
Oder doch wieder die Geldbörse? Die Londoner strecken ihre Ausgaben mit extrem langen Vertragslaufzeiten (bei Mudryk bis 2031) auf viele Jahre, um sich durch die Financial-Fairplay-Regeln zu schummeln. Die Verbände haben diese Praxis bereits ins Auge gefasst und erwägen Maßnahmen dagegen.
Quelle: ntv.de, sue/sid