Favre "komplett aus der Haftung" Der BVB knabbert am bayrischen Trauma
08.04.2019, 12:59 Uhr
"Wir können es nicht mehr ändern": Lucien Favre.
(Foto: imago images / DeFodi)
Ist jetzt alles aus? Geht die Meisterschale jetzt direkt an den FC Bayern? Das nicht. Doch die Dortmunder Borussia hat ein Problem damit, das 0:5-Debakel in München am 28. Spieltag der Fußball-Bundesliga zu verarbeiten. Am Trainer soll's aber nicht gelegen haben.
Woran lag's? Wie konnte das passieren? Nach dem 0:5 beim FC Bayern an diesem 28. Spieltag der Fußball-Bundesliga hatten sich die Chefs der Dortmunder Borussia darauf geeinigt, dass es auf keinen Fall die Schuld des Trainers gewesen sein soll. Sportdirektor Michael Zorc verkündete: "Wer die Aufstellung als Begründung sieht, hat keine Ahnung von Fußball." Und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sagte: "Der Trainer ist komplett aus der Haftung. Wenn wir so auftreten wie gestern, kann er aufstellen wie er will."
Nun ist Lucien Favre tatsächlich über den Verdacht erhaben, sich mit den Feinheiten dieses Spiel nicht auszukennen. Aber eine Interpretation dieses Debakels ist, dass er sich mit der Zusammenstellung seiner Startelf ein klein wenig verzockt hat und eben doch seinen Teil dazu beigetragen hat, dass die Borussia sechs Spieltage vor dem Ende der Saison nur noch auf Platz zwei der Tabelle steht, einen Punkt hinter den Münchnern. Die seltsame Mutlosigkeit, das mäßige Zweikampfverhalten und die mitunter slapstickartigen Fehler in der Abwehr sind jedenfalls nicht alleine damit zu erklären, dass mit Verteidiger Achraf Hakimi, Angreifer Paco Alcácer und Mittelfeldspieler Raphael Guerreiro drei wichtige Spieler verletzt fehlten. Da mutete es schon ein wenig seltsam an, dass Favre den sehr formstarken Mario Götze auf der Bank ließ und auf Mahmoud Dahoud im zentralen Mittelfeld setzte.
Kapitän Marco Reus musste dafür als einzige Spitze auflaufen und sagte hinterher: "Jeder weiß, dass das nicht meine Lieblingsposition ist." Und warum dann die Umstellung? "Das müssen Sie den Trainer fragen." Dann präzisierte er: "Erklärt hat es mir der Trainer nicht. Jeder weiß, dass ich auf dieser Position nicht spielen will, aber ich spiele da, wo mich der Trainer aufstellt." Er sagte aber auch: "Im Endeffekt ist das scheißegal, wo du auf dem Platz stehst. Du musst Ehrgeiz zeigen und Leistung bringen. Und das haben wir heute alle einfach nicht geschafft." Die Statistiker zählten keinen einzigen Torschuss des deutschen Nationalspielers, das Experiment darf also als gescheitert gelten.
Immer noch besser als die meisten anderen
Und was sagte der Trainer? "Nach dem Spiel ist es einfach zu sagen, dass es nicht gut war, auf Mario Götze zu verzichten. Aber ich weiß nicht, ob es im anderen System besser gewesen wäre. Wir können es nicht mehr ändern." Das ist ja das Schöne am Fußball: Nichts Genaues wissen wir nicht. Die DFL wird kaum dem Vorschlag zustimmen, die Partie noch einmal anzusetzen, um Favre die Chance zu geben, das Team anders aufzustellen.
In Dortmund werden sie genug damit zu tun haben, darüber hinwegzukommen, dass sie in München so untergegangen sind. Und da sie wie der FC Bayern in der Champions League nicht mehr mitspielen dürfen, haben sie bis zum kommenden Samstag Zeit, das Trauma zu bewältigen. Dann wird (ab 18.30 Uhr im Liveticker bei n-tv.de) der 1. FSV Mainz 05 im Westfalenstadion vorstellig. Vielleicht hilft es ihnen, sich daran zu erinnern, dass sie immer noch besser Fußball spielen können als die meisten anderen Mannschaften in der Bundesliga. Die gute Nachricht für den BVB ist ja, dass er so schnell nicht wieder auf einen Gegner treffen wird, der in der Lage ist, so groß aufzuspielen, wie es die Münchner taten.
Kann das klappen? Wer Reus direkt nach der Lehrstunde in Fröttmaning hörte, der ahnt, dass das schwer werden könnte. "An diesem Auftritt werden wir noch lange zu knabbern haben. Psychologisch ist das ganz bitter", sagte der Kapitän. "Wir reden zwar immer davon, dass wir konkurrenzfähig sein wollen gegenüber den Bayern, aber das Spiel hat uns leider gezeigt, dass wir noch sehr, sehr weit weg davon sind." Da müssen schon seine Vorgesetzten die Richtung vorgeben. "Natürlich wollen wir Meister werden, das wollen wir nach wie vor", sagte Klubchef Watzke am Sonntag dem Bezahlsender Sky. Für das nächste Spiel gelte: "Die Mannschaft ist besser, als sie sich in München präsentiert hat. Wir werden uns gegen Mainz am Samstag anders präsentieren. Das Stadion wird kochen."
Das klingt nach einem guten Plan. Nur sollten die Dortmunder dieses Mal auch das tun, was sie angekündigt haben. Auch vor der Partie in München war es ihr Ansinnen, mutig und offensiv aufzutreten. Und Favre muss sich damit abfinden, dass er nun erstmals in der Kritik steht, seit er im Sommer vergangenen Jahres seinen Job beim BVB angetreten hat - auch wenn ihn seine Chefs wacker verteidigen. Er hat es ja selbst gesagt: "Solche Leistungen können wir jetzt nicht mehr zeigen, sonst war es das mit der Meisterschaft."
Quelle: ntv.de