Fußball

Mit Ancelotti zum Spitzenteam? Der FC Everton leidet unter Klopps Erfolgen

Carlo Ancelotti will den FC Everton mit klarer Führung wieder auf Kurs bringen.

Carlo Ancelotti will den FC Everton mit klarer Führung wieder auf Kurs bringen.

(Foto: imago images/PA Images)

Der FC Everton wäre gerne eine Spitzenmannschaft. Deshalb hat der Liverpooler Klub einen der erfolgreichsten Trainer überhaupt verpflichtet, nämlich Carlo Ancelotti. Der einstige Bayern-Coach findet im Goodison Park eine Aufgabe vor, die ungewohnt für ihn ist.

Carlo Ancelotti hat seinen Dienst beim FC Everton gerade erst angetreten, trotzdem ist er der Meinung, dass ihm der Verein ein Denkmal setzen sollte. Bei seiner Vorstellung als Nachfolger des überschätzten Marco Silva kurz vor Weihnachten erinnerte der 60 Jahre alte Italiener daran, dass er auf den Fluren des charmanten Everton-Stadions Goodison Park im Mai 2011 die Nachricht von seinem Aus als Trainer des FC Chelsea erhielt, den er noch in der Saison zuvor zum Double geführt hatte. "Ich wurde in einem dieser Korridore entlassen. Der Klub sollte eine kleine Plakette anbringen, um die Stelle zu würdigen", sagte er.

Ein bisschen Selbstironie kann nicht schaden bei seinem neuen Job. Everton gehört zu den erfolgreichsten Klubs in England und liegt in der Liste der Meister mit neun Titeln auf dem vierten Platz hinter Manchester United, dem Stadtrivalen FC Liverpool und dem FC Arsenal. Allerdings ist es schon eine Weile her, dass die Toffees – der Spitzname bezieht sich auf einen Süßwaren-Laden in der Nähe des Stadions – den Fußball auf der Insel beherrschten. Zuletzt war der Klub 1987 Meister. In der jüngeren Vergangenheit ist Everton vor allem damit aufgefallen, trotz horrender Transfer-Ausgaben und hoher Ansprüche immer wieder dramatisch zu enttäuschen. Mit Ancelotti soll sich das ändern.

"So schnell wie möglich in die Spitzenplätze"

Bei den Fans kommt der neue Trainer bestens an.

Bei den Fans kommt der neue Trainer bestens an.

(Foto: imago images/Sportimage)

Der ehemalige Bayern-Trainer ist einer der erfolgreichsten Vertreter seines Fachs und gewann drei Mal die Champions League. Außer ihm gelang das nur Bob Paisley (im Vorgängerwettbewerb Europapokal der Landesmeister) und Zinedine Zidane. Dass Everton nach dem gescheiterten Experiment mit dem jungen Silva einen Übungsleiter dieses Formats für sich gewinnen konnte, ist ein Zeichen für die Ambitionen des Klubs, der gerade ein neues Stadion in prestigeträchtiger Lage direkt am Mersey-Fluss plant.

Ancelotti selbst versteht es, die Fantasie der Fans anzuregen: "Mein Traum ist es, Everton so schnell wie möglich in die Spitzenplätze der Premier League zu bringen", sagt er und nennt als mittelfristiges Ziel sogar die Qualifikation für den internationalen Wettbewerb. Zuletzt war Everton 2017/2018 in der Europa League dabei, scheiterte aber schon in der Gruppenphase. In der Liga landete der Klub in den vergangenen beiden Spielzeiten auf dem achten Platz und ist vor der Reise zum Tabellenvorletzten Watford am Samstag Zwölfter.

Liverpools Rausch sorgt für Evertons Kater

Das sportliche Mittelmaß schmerzt um so mehr, weil Stadtrivale Liverpool mit Coach Jürgen Klopp im Moment der Goldstandard im internationalen Fußball ist als Champions-League-Sieger, Klubweltmeister und kommender Meister der Premier League. Die Vereine sind sich nah und doch fern. Der Goodison Park und das Stadion an der Anfield Road liegen in Sichtweite zueinander, die Fans der beiden Klubs halten bei den wichtigen Themen zusammen, zum Beispiel beim Kampf um Gerechtigkeit für die Opfer der Hillsborough-Katastrophe oder mit Essens-Sammlungen für Bedürftige. Sportlich ist die Rivalität dennoch groß. Das Merseyside-Derby gehört zu den intensivsten Veranstaltungen im englischen Fußball-Kalender.

Vor knapp einem Monat trafen die Teams mal wieder aufeinander, nämlich im FA-Pokal. Liverpools 1:0-Erfolg war eine Demütigung für Everton, denn Ancelottis Gegenüber Jürgen Klopp hatte eine Elf ohne Stammspieler und mit vielen Talenten aus dem Nachwuchs auf den Rasen geschickt. Das Ergebnis schien zu bestätigen, was Liverpools Trainer-Ikone Bill Shankly einst über die fußballerischen Machtverhältnisse am Mersey-Fluss gesagt hatte: "Diese Stadt hat zwei großartige Mannschaften – Liverpool und Liverpools Reserve." Everton wartet seit zehn Jahren auf einen Sieg gegen den Nachbarn und musste sich in der jüngeren Vergangenheit mit kleinen Erfolgen wie dem 0:0 im März 2019 begnügen, das Liverpool die Tabellenführung und letztlich auch die Meisterschaft kostete.

"Schmeichler, Verführer, Pferdeflüsterer"

Die ersten Ergebnisse unter Ancelotti in der Liga machen Mut. Aus sechs Spielen gab es für die Toffees drei Siege und nur eine Niederlage. Trotzdem ist Skepsis angebracht. Der Italiener gilt als Meister darin, hochkarätig besetzte Mannschaften und Spieler mit großem Ego bei Laune zu halten. Er feierte seine Erfolge unter anderem mit Paris Saint-Germain und Zlatan Ibrahimovic und dem Real Madrid Cristiano Ronaldos.

Der "Telegraph" bezeichnet Ancelotti als "Schmeichler, Verführer und Pferdeflüsterer der empfindlichen Egos an der Spitze des Spiels". Bei Everton hat er es mit einer anderen, für ihn ungewohnten Herausforderung zu tun. Er muss Konstanz in einen irrlichternden Klub bringen und den wild zusammengestellten Kader so umbauen, dass eine Mannschaft mit Zukunft entsteht. Im Grunde hat er eine ähnliche Aufgabe wie die, die Klopp im Oktober 2015 bei seiner Ankunft an der Anfield Road vorfand. Dessen Mitbewerber um den Trainerposten bei Liverpool war damals übrigens: Ancelotti.

Quelle: ntv.de

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