
Afena-Gyan machte sich selbst im Eiltempo bekannt.
(Foto: imago images/HochZwei/Syndication)
José Mourinho zeigt sich dieser Tage von seiner liebevollen Seite. Für einen seiner Stürmer greift er tief in die Tasche, bezahlt Felix Afena-Gyan superteure Schuhe. Wer ist der junge Ghanaer? Und warum schwärmt der oft grummelige Trainer so von ihm?
Fußballer und teure Mode, zwei Themen, die untrennbar miteinander verbunden scheinen. Da läuft Leroy Sané bei einem DFB-Lehrgang schonmal mit weißer Teddyplüsch-Jacke auf, da ist nach der offiziellen Verabschiedung von Joachim Löw mehr die Rede von Mats Hummels grün-weiß-kariertem Mantel. Bei Schuhen ist die Begierde genauso groß, die Rede ist nicht von stylischen Fußballschuhen.
Und mit dem Fashion-Fieber sind nicht nur gestandene Profis infiziert, auch die Jungen sind ganz heiß auf die neuesten Trends. Das zeigt Felix Afena-Gyan. Der Ghanaer ist gerade einmal 18 Jahre alt und aktuell glücklicher denn je. Wegen eines Paars Schuhe. Und wegen José Mourinho, der sie ihm geschenkt hat. Nicht ganz freiwillig, aber doch mit ganzem Herzen. Mehr als 800 Euro kosten die Sockenschlüpfschuhe von Balenciaga, die Afena-Gyan so glücklich machen. Er hat dafür aber auch Großes geleistet. Er hat es geschafft, Andrjy Shevchenko das Comeback in Italien zu vermiesen.
Der Ukrainer, der als Spieler beim AC Mailand brillierte, der ein Nationalheld ist und zuletzt die ukrainische Nationalmannschaft trainierte, ist zurück im Land. Der mittlerweile 45-Jährige coacht jetzt den FC Genua, seit 7. November ist er im Amt. Aufgrund der Länderspielpause für die WM-Qualifikation stand das erste Spiel für ihn erst 14 Tage später an. Am Sonntag war es dann so weit, Debüt gegen die AS Roma. Der Abstiegskandidat empfängt den Tabellen-Fünften, ein schwerer Auftakt. Bis zur 82. Minute ist es ein gelungenes Debüt für Shevchenko, sein Team hat zwar kein Tor geschossen, aber auch keins kassiert. 0:0, das wäre was zum Einstand. Doch dann kommen die großen Minuten von Afena-Gyan.
Der 18-Jährige wird in der 74. Minute von Mourinho eingewechselt, es ist sein dritter Kurzeinsatz für die Römer. Nach seinen 20 Minuten auf dem Platz steht es 2:0 - der Ghanaer trifft in der 82. und 94. Minute. Der Mittelstürmer entscheidet das Spiel, er katapultiert sich vom Nobody zum gefeierten Youngster.
Aufs Nationalteam verzichtet
Wer also ist dieser junge Stürmer, der als erster seines Jahrgangs 2003 ein Tor in der Serie A erzielte? Bis Anfang dieses Jahres ein großes Talent. Afena-Gyan kickte für das Projekt EurAfrica FC. Dort entdeckte ihn das römische Scouting-Team und lotste ihn Ende Januar nach Rom, wo er eigentlich für die U19 vorgesehen war. Doch Mourinho ist so begeistert von dem Sturmjuwel, dass er Afena-Gyan in die A-Mannschaft eingebunden hat, seinen ersten Einsatz hatte er am 27. Oktober gegen Cagliari bekommen. Und so wird es auch weitergehen: "Es tut mir leid für De Rossi (Alberto, Trainer der U19, Anm.d.Red.) und die Primavera-Mannschaft, aber Felix wird bei uns bleiben." Man wird ihn dort vermissen, schließlich schoss er in fünf Spielen sechs Tore für das Nachwuchs-Team.
Dass er von Ghana ausgerechnet nach Italien und speziell nach Rom kam, dürfte den Teenager besonders gefreut haben. Er verliebte sich in die AS Rom, so berichtet es die "Gazzetta dello Sport", als das Team im Jahr 2018 für die Champions-League-Sensation gegen den FC Barcelona sorgte. Im Viertelfinal-Hinspiel hatte Rom mit 1:4 verloren, zog dann aber dank eines 3:0 im Rückspiel doch noch ins Halbfinale ein. Seine Verliebtheit verdeutlichte er bei seinen ersten Toren gegen Genua auch mit dem Kuss aufs Wappen auf dem Trikot.
Sein Können fiel auch in seiner Heimat auf, Ghanas Nationaltrainer Milovan Rajevac nominierte ihn für die WM-Qualifikationsspiele gegen Äthiopien und Südafrika. Doch vorerst erteilte Afena-Gyan den "Black Stars" eine Absage. "Ich hatte das Gefühl, dass es für mich zu früh war, weil ich mich körperlich, aber auch geistig und psychisch weiterentwickeln muss", erklärte er dem italienischen Journalisten Gianluca Di Marzio. Er hoffe, dass er trotz seiner Absage irgendwann für Ghana spielen kann: "Ich habe großen Respekt vor meiner Nationalmannschaft und hoffe, dass ich ihr in Zukunft angehören werde. Der Trainer hat mich gefragt und ich habe ihm gesagt, dass ich mich noch nicht bereit fühle. Ich hielt es für verfrüht, einen solchen Schritt zu tun." Zudem wollte er lieber in Rom bleiben und bei Mourinho trainieren, um sich weiterzuentwickeln.
Mourinhos teures Versprechen
Seinen Trainer dürfte er mit dieser Entscheidung ziemlich glücklich gemacht haben. Mourinho schwärmte nach dessen Doppelpack gegen Genua regelrecht von seinem neuen Talent: "Was mich am meisten beeindruckt hat, war seine Coolness vor dem Tor. Wenn er auch technisch nicht fantastisch ist, hat er eine starke Mentalität. Man trifft heute diese ganzen Kids, die denken, sie wüssten schon alles, aber er ist bescheiden und man kann beobachten, dass er alle möglichen Informationen um sich herum aufsaugt." Und die Schwärmerei existiert auch anders herum, Afena-Gyan ist begeistert von seinem Coach: "Mourinho ist eine großartige Persönlichkeit, ein großartiger Trainer. Er gibt einem die Motivation, jeden Tag zu lernen. Ich bin froh, dass er da ist."
Über seine Tore sagte er: "Heute wurde mein Traum wahr. Ich will meine Leistung bestätigen, mich beweisen und in Zukunft noch mehr leisten." Nun, die sauteuren Balenciaga-Schuhe dürften ihn zumindest etwas unter Druck setzen.
Wieso er die überhaupt von Mourinho geschenkt bekommt? Das erklärt der Coach bei DAZN: "Ich habe Felix versprochen, ihm diese Schuhe zu kaufen, die er wirklich mag. Sie sind ziemlich teuer, sie kosten 800 Euro. Er rannte auf mich zu und rief mir zu, ich solle das nicht vergessen. Das Erste, was ich morgen früh mache, ist, ihm die Schuhe zu kaufen." Also war Afena-Gyan nicht nur zum überglücklichen Jubeln auf seinen Trainer zugerannt …
Dass es ihm natürlich nicht nur um die Schuhe ging, bewies er im Interview nach dem Spiel: "Ich widme die Tore dem Verein, den Fans, allen, meiner Familie und meiner Mutter. Mama, ich danke dir so sehr dafür, wie weit du mich gebracht hast. Ich weiß das wirklich zu schätzen."
Und Mourinho? Der hielt Wort. Sein Nachwuchsspieler postete bei Instagram am Montagabend ein Video, auf dem die Übergabe der begehrten Ware zu sehen ist. Mit großen Augen und einem Grinsen öffnet Afena-Gyan den Schuhkarton, schaut dann den neben ihm stehenden Coach etwas ungläubig an und umarmt ihn. Mourinho weist ihn und umstehende Leute auf Details der Schuhe hin, schließlich probiert der 18-Jährige sie an - und wird noch zu einem kleinen Tanz genötigt, was er sichtbar peinlich berührt über sich ergehen lässt. Aber was tut man nicht alles für ein heißbegehrtes Paar Schuhe.
Quelle: ntv.de