Waldemar Hartmann zum Geburtstag Der Roy Black auf Weizenbier
10.03.2018, 12:57 Uhr
29. Mai 1994: Da hat Rudi Völler noch gespielt. Und das Verhältnis zu Waldemar Hartmann war noch in Ordnung.
(Foto: imago/Pressefoto Baumann)
Der ehemalige Kneipenwirt und ARD-Reporter blickt auf ein bewegtes Leben zwischen Weizenbier, Lambada mit Pelé und Stress mit Lothar Matthäus zurück. Heute wird Waldemar Hartmann 70 Jahre alt. Und was war da mit seiner Prostata im "Doppelpass"?
Kollege Manfred Breuckmann hat einst in einer Kolumne nach einer "Doppelpass"-Sendung mit dem Gast Waldemar Hartmann geschrieben: "Hartmann gab den wildgewordenen Kleinbürger, der, von Bierdunst umnebelt, sämtliche zynischen Stammtisch-Vorurteile dieser Welt bediente." Kurz zusammengefasst könnte man auch sagen: Waldi ist stets ziemlich nah dran an Volkes Stimme. Ein Mann, der um keine Meinung (besonders natürlich nicht um seine eigene) verlegen ist. Wie sagte er einmal so schön live im Fernsehen: "Wir haben noch ein paar Nachrichten, die ich Ihnen aus dem Bauch nahebringe."
Es gibt da die berühmte Geschichte aus der RTL-Sendung "Wer wird Millionär?". Hartmann sollte als Telefonjoker bei der 64.000-Euro-Frage aushelfen. Die lautete: "Welche Fußballnation konnte bei bisher 19 Weltmeisterschaften nie den Titel im eigenen Land gewinnen?" Für einen Sportjournalisten eigentlich eine machbare Aufgabe, vor allem, wenn man zwischen vier Antwortmöglichkeiten auswählen kann. Dass Hartmann falschlag (die richtige Antwort wäre Brasilien gewesen), hätte man ihm vielleicht noch durchgehen lassen.
Aber er legte sich ausgerechnet auf Deutschland fest: "Da gibt es ja nur eins. Deutschland hat natürlich im eigenen Land keine WM gewonnen. Wir haben ja einen dritten Platz im Jahr 2006 gemacht, und das war die einzige, die wir gespielt haben!" Er fügte zu allem Überfluss noch hinzu: "Noch nie im eigenen Land … kann man in 'Dritte Halbzeit', in meinem Buch, nachlesen." Das Medien-Echo war gewaltig. Hartmann musste mehrmals beteuern, dass er nicht betrunken gewesen sei - wiewohl das als Ausrede wahrscheinlich sogar besser gewesen wäre.
"Du sitzt locker bequem auf deinem Stuhl"
Schließlich hat eine der denkwürdigsten Stunden der deutschen Abendunterhaltung dazu geführt, dass eine ganze Republik einen Moderator unter dem Spitznamen "Weizenbier-Waldi" kennt. Der 6. September 2003 ist in die Geschichte eingegangen. Damals, nach dem 0:0 der deutschen Nationalmannschaft in Island, lieferte sich Teamchef Rudi Völler den berühmten "Ich kann diesen Käse nicht mehr hören"-Schlagabtausch mit einem souverän-ruhigen Hartmann.
Das Ganze gipfelte im folgenden Dialog. Hartmann: "Ja, ich hab doch keine Schärfe jetzt da reingebracht." Und Völler antwortete: "Ja, du nicht. Du sitzt locker bequem auf deinem Stuhl und hast drei Weizenbier getrunken und bist schön locker!" Obwohl Hartmann damals nachschob: "Ich bin auch kein Weizenbier-Trinker", erhielt er kurz danach einen gut dotierten Werbevertrag mit einer Münchner Brauerei. Dieser hielt viele Jahre, und Hartmann frohlockte gerne offen und ehrlich: "Ich brauche keine Riester-Rente, ich habe meine Rudi-Rente." Immer mit aufblitzendem Schalk in den Augen spricht Hartmann, der auch einmal den Bass in der Band von Roy Black spielte, auf joviale Art mit den Fußballgrößen: "Ja, meine Damen und Herren, bei uns ist jetzt Berti Vogts, der Bundestrainer! Berti Vogts - ich sag einfach mal Berti …!" Doch das stößt nicht immer auf Gegenliebe: "Wieso, wir duzen uns doch gar nicht?", entgegnete Vogts.
Sein Handwerk hat der gebürtige Nürnberger Hartmann Ende der 1970er Jahre in seinem damals besonders bei verletzten Spielern beliebten Laden "Waldy’s Pub" gelernt. Nach schweißtreibenden Einheiten bei Fitmacher Volker Kottmann ging es für die Spieler noch auf einen Absacker rüber zu "Waldy". Dort knüpfte Hartmann auch die ersten Kontakte zum Bayerischen Rundfunk. Die kumpelhafte Art behielt er in all seinen Jahren als ARD-Mann bei.
"Hab mit Pelé Lambada getanzt"
Kollege Oliver Welke sagte einmal: "Mir wäre das jahrelange Saufen mit den Spielern zu anstrengend. Das mag dem einen oder anderen Gespräch förderlich sein, ist aber auch ziemlich teuer." Doch genau diese spezielle Art der Berufsauslegung hat Hartmann viele unvergessliche Erlebnisse beschert. 1990 bei der WM in Italien zog er mit Karl-Heinz Rummenigge, dem damaligen Ko-Moderator der ARD, des Nachts durch Mailand. Drei Jahre hatte Rummenigge einst für Inter gespielt und sich in der Stadt eine Menge Freunde gemacht. Noch heute erinnert sich Waldemar Hartmann gerne an diese Nächte zurück: "Wir sind in jeden Club reingekommen!" Und dass das besondere Läden waren, zeigte sich auch am Publikum: "Morgens um fünf Uhr hab ich mit Pelé Lambada getanzt. Wer kann das schon behaupten?!"
Einige Jahre später sollte in Arosa eine Schneefußball-WM stattfinden, an der auch Lothar Matthäus hätte teilnehmen sollen. Die deutsche Legende war aber zu diesem Spaß-Wettkampf nicht erschienen - er sei im Krankenhaus, ließ er verlauten. Darüber war nicht nur der Veranstalter sehr erbost, auch der Moderator der abendlichen Gala schien nicht gerade glücklich über die Abwesenheit des schillernden Stars.
Der neue Comedy-Nachwuchskünstler Waldemar Hartmann stichelte vor versammeltem Publikum kräftig drauflos. Pointensicher spottete Waldi über das geheime Motiv für Matthäus’ plötzliche Absage: "Lothar will bei der Geburt seiner nächsten Frau dabei sein." Über viele Jahre war der Schnauzbart in Waldemar Hartmanns Gesicht ein zuverlässiges Erkennungszeichen auch für Menschen, die nur wenig mit Fußball zu tun haben. Doch eines Tages war er weg. Abrasiert. Comedian Michael Kessler kommentierte dies später einmal so: "Waldi hätte sich nie den Schnäuzer abnehmen dürfen: Das war sein Markenzeichen, und ein Prominenter ohne Markenzeichen, das geht nicht. Stellt euch mal ZZ Top ohne Bärte vor, Gina Wild mit kleinen Titten oder René Weller mit Gehirn!"
Eines Tages wuchs es jedoch wieder in Hartmanns Gesicht. Eigentlich mit einem ehrenwerten Anliegen verbunden. Zur Aktion "Movember" ließ sich der langjährige ARD-Moderator einen Schnauzbart stehen, um damit auf die Prostata-Vorsorge aufmerksam zu machen. Im "Doppelpass" sprach ihn Jörg Wontorra auf das Anliegen an. Hartmann antwortete mit einem Schenkelklopfer: "Naja, es spielt mir ja sonst keiner mehr dran rum, verstehst du! Wenn es mir langweilig wird, gehe ich zum Arzt: Einmal Prostata, bitte!"
Einer seiner Nachfolger bei der ARD dachte noch Jahre nach Hartmanns Ausscheiden an ihn. Als Mehmet Scholl einmal gefragt wurde, ob ihm jemand seine Kleidung raussuchen würde, meinte er: "Ich ziehe einfach an, was mir gefällt. Stellen Sie sich vor, ich müsste in die Requisite und bekäme Waldemar Hartmanns Hemd. Den Geruch krieg‘ ich doch nie wieder weg!" Alles Gute, lieber Waldemar Hartmann zum 70. Geburtstag, einen Wodka Shot zu deinem Ehrentag, Gesundheit und Glück auf!
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Quelle: ntv.de