Fußball

Guardiola hebt FCB auf neues Level Der Veredelungstechniker

Vorsprung durch Ehrgeiz, Vision und Autorität: Meistertrainer Josep Guardiola.

Vorsprung durch Ehrgeiz, Vision und Autorität: Meistertrainer Josep Guardiola.

(Foto: REUTERS)

Innerhalb von neun Monaten übertrifft Trainer Josep Guardiola alle Erwartungen - mit mutigen Entscheidungen. Er verpflanzt Philipp Lahm, setzt Weltklassespieler auf die Bank, wagt mehr Offensive. Und macht den FC Bayern noch besser.

Andere Trainer hätten gewartet, Josep Guardiola nicht. Er musste Thomas Müller jetzt sofort etwas erklären, also winkte er ihn energisch zur Seitenlinie. Das Spiel lief mit Abstoß Hertha BSC weiter, aber dann spielte der FC Bayern eben kurz quasi zu zehnt, diese Ansage war wichtiger. Ein Josep Guardiola hat keine Zeit zu verlieren.

Ganze 27 Spieltage hat es gedauert, da hat der spanische Trainer schon seine erste deutsche Meisterschaft geholt. "Sehr zufrieden" sei er, sagte er auf der Pressekonferenz nach dem 3:1-Sieg in Berlin. Er lobte seine Spieler, den Verein, seinen Vorgänger Jupp Heynckes. Um dann daran zu erinnern, dass seine Bayern in der Hinserie "nicht top gespielt" hatten. Auch jetzt "können wir uns in jedem Spiel verbessern". Das sieht er als seine Aufgabe an, diese Bayern unschlagbar zu machen. Guardiola als Getriebenen zu charakterisieren fällt leicht, man wüsste nur gern, was ihn eigentlich mehr antreibt: sein Ehrgeiz oder der Erwartungsdruck?

Nach München kam der 43-Jährige mit den Meriten eines Heiligen, eines Fußball-Messias. Sein Barcelona prägte eine halbe Dekade, 14 Trophäen sammelte Guardiola mit Messi, Iniesta und Co.. Die Fallhöhe hätte gewaltiger nicht sein können: Hätte Guardiola in München nicht sofort Titel geholt, es wäre, als ob Jesus auf die Erde zurückkehrte, ohne das Himmelreich mitzubringen. Aber Guardiola hat geliefert.

Überzeugen durch Erfolg

Guardiola und sein wichtigster Spieler, Philipp Lahm.

Guardiola und sein wichtigster Spieler, Philipp Lahm.

(Foto: imago sportfotodienst)

Andere Trainer hätten Rücksicht genommen, Josep Guardiola nicht. Philipp Lahm hatte sich als einer der besten Außenverteidiger der Welt etabliert, seine Karriere mit dem Gewinn der Champions League gekrönt, sein Wort hat Gewicht beim FC Bayern. In der Vorbereitung auf die neue Saison fand er sich plötzlich im Mittelfeld wieder. Mit sparsamer Miene erklärte der Kapitän nach einem 4:0 in Rostock, das er für einige Minuten sogar auf der angestammten Rechtsaußen-Position von Arjen Robben verbracht hatte: "Natürlich fühle ich mich hinten rechts wohler." Ein Josep Guardiola ordnet alles und alle seiner Vision unter.

Jupp Heynckes hatte dem Spanier ein intaktes wie kompaktes Team hinterlassen, aber mit dem Triple eben auch eine schwere Bürde. Wie sollte er das übertreffen? Wie sollte er Mario Götze und seinen Wunschspieler Thiago Alcantara in die perfekte Bayern-Maschine integrieren? Indem er einen zusätzlichen Platz im Mittelfeld schaffte - Heynckes bot eine Doppelsechs vor der Viererkette auf, unter Guardiola reicht meist eine Sechs. Indem er seinen Kader zu mehr Flexibilität erzog - in Guardiolas Offensiv-System zählen die individuellen Stärken und Positionen wenig; Hauptsache, der Ball zirkuliert ständig mit wenig Kontakten, bis der umhergescheuchte Gegner irgendwo eine Lücke offenbart. Indem er ständig rotiert - eine richtige Stammelf gibt es nicht, zumindest auf den Offensivpositionen kann sich kein Spieler sicher sein, in der Startformation zu stehen.

Seinen Kapitän hat Guardiola ziemlich schnell von seiner neuen Position überzeugen können. Auch mit einer gehörigen Portion Zuckerbrot: "Philipp Lahm ist für mich der intelligenteste Spieler, den ich je in meiner Karriere trainiert habe", sagte der Spanier in seinen ersten Wochen bei den Bayern. Neuerdings würde Lahm sogar bei der Weltmeisterschaft in Brasilien gerne als Sechser für Joachim Löw auflaufen: "Im Moment sehe ich mich im Mittelfeld". Guardiola hat es vorhergesehen.

Führen durch natürliche Autorität

Andere Trainer hätten Mario Mandzukic öffentlich abgewatscht, Josep Guardiola nicht. Der Kroate war schon früh in der Saison durch betont trotzigen Jubel und abfällige Gesten in Richtung seines Trainers aufgefallen. Robert Lewandowski im Anmarsch, die Bank viel öfter unter dem Hintern, als es dem Stürmer lieb war – der Frust war offenbar so groß, dass sich Mandzukic in der Winterpause im Training hängen ließ. Guardiola ließ ihn zum Rückrundenauftakt gegen Mönchengladbach einfach zu Hause. Ein Josep Guardiola akzeptiert keine Egoisten.

"Ich muss zum Besten für die Mannschaft und für den Verein entscheiden. Wir haben einen großen Kader. Jede Woche kann das passieren, dass ein, zwei Super-Super-Spieler nicht in den Kader kommen", sagte Guardiola vor dem nächsten Spiel gegen Stuttgart. Und siehe da, Mandzukic durfte wieder mit. Seitdem zeigt er seine Leistung ohne vernehmbares Murren. Die Spieler wissen, dass ihr Trainer recht hat: Jede Woche sitzen Weltklassemänner nur auf der Bank. Nicht, weil Guardiola ihr Gesicht nicht gefällt, sondern weil sie nicht so gut in den Spielplan passen wie andere.

Einer, der bald seit 40 Jahren beim FC Bayern ist, hält Guardiola schlicht für ein "Genie": der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge. "Dieser Mann hat eine unglaubliche Gabe, die Mannschaft auf den Punkt richtig vorzubereiten – taktisch, physisch, mental." Nun muss er das auch sagen, schließlich überweist er dem Katalanen angeblich stolze 17 Millionen Euro pro Jahr. Der Erfolg rechtfertigt aber die Investition. Bisher hat Guardiola als Trainer des FC Bayern München jedenfalls noch nie etwas falsch gemacht.

Quelle: ntv.de

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