Fußball

Verfechter des Defensivfußballs Deschamps führt mit eiserner Hand

"Wir sind eine Baustelle": Didier Deschamp versucht die europäischen Fußball-Problemkinder zu resozialisieren.

"Wir sind eine Baustelle": Didier Deschamp versucht die europäischen Fußball-Problemkinder zu resozialisieren.

(Foto: dpa)

Unaufgeregt, sachlich, klar: Didier Deschamps sieht sich als "Hüter der Werte", und in dieser Eigenschaft ist er als französischer Nationaltrainer besonders gefragt. Er hat zwei Aufgaben: Die WM-Qualifikation überstehen und das Image aufpolieren.

Wer wissen will, was für ein Trainertyp Didier Deschamps ist, der sollte sich den Dokumentarfilm "Les Yeux dans les Bleus" über das französische Weltmeisterteam von 1998 anschauen. In einer Halbzeitpause spricht erst Trainer Aime Jacquet sehr emotional Fehler an, dann ergreift Deschamps das Wort. Unaufgeregt, sachlich und mit einer natürlichen Autorität erteilt der damals 29 Jahre alte Kapitän seinen Teamkollegen in der Kabine klare Anweisungen.

Und was, wenn die Flegel auch seine Legende verbrauchen? Dann steht die nächste schon bereit. Zidendine Zidane macht gerade seinen Trainerschein.

Und was, wenn die Flegel auch seine Legende verbrauchen? Dann steht die nächste schon bereit. Zidendine Zidane macht gerade seinen Trainerschein.

(Foto: REUTERS)

Schon als Spieler hat Deschamps wie ein Trainer gedacht. Es war daher auch keine Überraschung, dass der frühere Mittelfeld-Stratege nach dem Ende seiner aktiven Karriere im Jahr 2001 beim AS Monaco die Trainerlaufbahn einschlug. Genauso wenig wie seine Ernennung zum Nationalcoach elf Jahre später. Die Equipe Tricolore ist für den in Bayonne geborenen Basken seit seinem Länderspieldebüt 1989 eine Herzensangelegenheit: "Es war die schönste Erfahrung, die ich in meiner Karriere als Profifußballer erleben durfte. Und jetzt begegne ich diesem Trikot als Auswahltrainer wieder." Das WM-Qualifikationsspiel bei Welt- und Europameister Spanien ist für Deschamps sportlich die bislang größte Herausforderung. Seine Arbeit wird in Frankreich trotz der 0:1-Testspielniederlage am Freitag gegen Japan geschätzt, vor allem weil das Team um Bundesliga-Star Franck Ribéry auch nach außen wesentlich geschlossener auftritt.

Unvergesslich die unrühmliche EM 2012

Schon bei seiner Vorstellung hatte Deschamps, der sich selbst als "Hüter der Werte" bezeichnet, die zum Egoismus und zur Exzentrik neigenden Nationalspieler Frankreichs öffentlich gewarnt: "Nach all dem, was in den letzten Jahren passiert ist, dürfen sie sich nichts mehr erlauben. Nicht den kleinsten Ausrutscher." Vielleicht hatte der seit Montag 44-Jährige auch wegen des Mannschaftsklimas gezögert, als der Verband ihn bat, die Nachfolge seines früheren Teamkollegen Laurent Blanc anzunehmen. Der hatte mit der für "Les Bleus" in vielerlei Hinsicht unrühmlichen EM 2012 einen Scherbenhaufen hinterlassen.

Deschamps hat deswegen auch zwei Aufgaben: Die WM-Qualifikation überstehen und das Image aufpolieren. Kein Problem, meint sein ehemaliger Teamkollege Bixente Lizarazu: "Didier führt eine Mannschaft mit eiserner Hand." Und der Verfechter des Defensivfußballs führt sie meist zum Erfolg. Bei seiner ersten Trainerstation in Monaco erreichte der nur 1,73 m große Coach 2004 mit dem krassen Außenseiter das Champions-League-Finale. Danach stieg er mit seinem Ex-Klub Juventus Turin in die Serie A auf und führte Olympique Marseille nach 17 Jahren Durststrecke wieder zum Meistertitel.

Sollte allerdings nach Blanc auch Deschamps das französische Nationalteam nicht in den Griff bekommen, könnte es ein dritter Führungsspieler aus dem Weltmeisterteam von 1998 versuchen. Der zweimalige Weltfußballer Zinedine Zidane kann sich durchaus vorstellen, Deschamps eines Tages abzulösen. "Warum nicht? Man sollte nie zu viele Worte darüber verlieren, da es immer einen amtierenden Trainer gibt. Aber Sie haben mir diese Frage gestellt und ich habe Ihnen diese Antwort gegeben", sagte Zidane der französischen Sporttageszeitung L'Equipe.

Quelle: ntv.de, Jörg Soldwisch, sid

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen