Fußball

DFB-Boss Zwanziger "nachdenklich" Deutsche WM-Spiele nicht begehrt

Erst hieß es, von den 21.000 DFB-Tickets für die WM-Gruppenphase seien lediglich 1000 verkauft worden. Dann gab es Entwarnung und eine Korrektur der abgesetzten Karten auf rund 7000. Nun nennt der DFB erstmals konkrete Zahlen - und muss weit zurückrudern.

Augen zu und durch hilft dem DFB und seinem Boss Theo Zwanziger bei der Kartenproblematik nicht weiter.

Augen zu und durch hilft dem DFB und seinem Boss Theo Zwanziger bei der Kartenproblematik nicht weiter.

(Foto: dpa)

Das befürchtete Szenario von leeren Zuschauerrängen bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika droht bittere Realität zu werden. Wie der Deutsche Fußball- Bund (DFB) bekanntgab, mussten die bisher gemeldeten und ohnehin niedrigen Verkaufszahlen für die drei Gruppenspiele der Nationalmannschaft deutlich nach unten korrigiert werden. Statt der vom Weltverband FIFA in der vergangenen Woche kommunizierten 6750 Tickets konnte der DFB in der am 13. Januar abgelaufenen Sonderverkaufsphase lediglich 1916 Karten für die Partien gegen Australien, Serbien und Ghana an Fans verkaufen. Damit liegt er auf dem niedrigen Niveau fast aller europäischer WM-Teilnehmer.

"Das macht mich nachdenklich. Ich denke, dass da viel zusammenkommt, die Hotelpreise spielen sicherlich auch eine Rolle. Deshalb müssen wir nacharbeiten", sagte DFB-Chef Theo Zwanziger. Mit einer Medienoffensive will der Verband nun um Vertrauen für den WM- Gastgeber werben. Die Sicherheitslage in Südafrika gilt ebenso als ein Grund für das begrenzte Karteninteresse. "Wir müssen die Monate bis zur WM für Vertrauenswerbung nutzen", sagte Zwanziger. "Wir tun das nicht nur für unsere Mannschaft, sondern in erster Linie für die Südafrikaner."

Schlecht ist ganz normal

Berufsoptimist: DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach.

Berufsoptimist: DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Der DFB bemüht, die schlechten Zahlen zu relativieren. "Sie sind normal und entsprechen dem Ergebnis der WM 2002 in Japan und Korea, als wir beim ersten Spiel gegen Saudi-Arabien in Sapporo insgesamt nur 540 Tickets an deutsche Fans verkauft hatten", sagte Generalsekretär Wolfgang Niersbach. In der Summe lagen die Zahlen vor acht Jahren aber etwas höher, damals wurden 2946 Karten für die Gruppenspiele gegen Saudi- Arabien, Irland und Kamerun verkauft.

Rund 21.000 Karten - zwölf Prozent der Stadionkapazitäten - standen dem weltweit größten Sportfachverband zur Verfügung. Bereits am Freitag hatte die FIFA reagiert und für diesen Ticketverkauf in allen 32 WM-Ländern ein neues Zeitfenster vom 9. Februar bis 7. April geöffnet. Nur in England war das nationale Kontingent ausgeschöpft worden. Im restlichen Europa war das Ticketinteresse ähnlich bescheiden wie in Deutschland. Und im Gastgeberland Südafrika wird wegen der nur langsam in Gang kommenden Ticket-Euphorie mittlerweile nach neuen Verkaufswegen gesucht.

Optimistische Kalkulationen

Der DFB selbst orderte für die Südafrika-Vorrunde 1400 Karten für die "sogenannte Fußball-Familie", also Angehörige der Spieler oder auch Vereinstrainer, so dass insgesamt 3316 Karten vergeben sind. Die von der FIFA kommunizierte Zahl von 6750 Tickets bezog sich auf alle verkauften Karten an deutsche Fans bis hin zum möglichen Finale am 11. Juli in Johannesburg. In den ersten beiden Verkaufsphasen, als Karten für alle 64 Spiele bestellt werden konnten, gingen 25.050 Kartenbestellungen aus Deutschland ein. In der bis zum 22. Januar laufenden dritten Phase rechnet Niersbach mit etwa 10.000 weiteren Bestellungen.

DFB-Schatzmeister Horst R. Schmidt, der die FIFA in WM-Fragen berät, hofft auf rund 10.000 deutsche WM-Touristen. Die Organisatoren kalkulieren mit 450.000 Fans aus aller Welt. Diese Zahl dürfte bei den jetzigen Buchungsquoten aus Europa aber nur schwer zu erreichen sein.

Kulturelle Problematik unterschätzt

Das Ticketthema bleibt für die FIFA in jedem Fall brisant. Und sie offenbart eine vom Weltverband und seinem sich als größter Afrikafreund präsentierenden Präsidenten Joseph Blatter nicht erkannte kulturelle Problematik. Das in Europa konzipierte und bei der WM in Deutschland 2006 bewährte Vertriebssystem über das Internet funktioniert in Südafrika nicht. Der einfache Fußball-Fan am Kap kauft sich Karten nicht in einem komplizierten Online-Verfahren, sondern am Spieltag am Ticketschalter. Über diese Option denkt man bei der FIFA - die von Kartenkäufern aus Sicherheitsgründen persönliche Daten abfragt - noch nicht nach, hieß es aus der Zentrale in Zürich.

Immerhin brachte Cheforganisator Danny Jordaan die nachträgliche Einrichtung direkter Verkaufsstellen ins Spiel. Fünf Monate vor dem WM-Anpfiff sind rund 800.000 der insgesamt drei Millionen Karten verkauft, immerhin rund 70 Prozent davon in Südafrika. In der kommenden Woche wollen FIFA und WM-OK in Johannesburg öffentlich Zwischenbilanz ziehen. Die dringend benötigte frohe Kunde könnte da aus Deutschland kommen. Niersbach liegt eine Anfrage eines Unternehmens über 5000 Karten für das Spiel gegen Serbien in Port Elizabeth vor. Diese Firmenanfrage werde man "selbstverständlich vermitteln".

Quelle: ntv.de, cwo/dpa

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