Fußball

Abgehängt in der Jugend-CL Deutscher Fußball-Nachwuchs hinkt hinterher

Für die Uefa Youth League ist die U19-Mannschaft von Borussia Dortmund automatisch qualifiziert, doch Erfolge feiern sie - wie auch die anderen deutschen Teams - nicht.

Für die Uefa Youth League ist die U19-Mannschaft von Borussia Dortmund automatisch qualifiziert, doch Erfolge feiern sie - wie auch die anderen deutschen Teams - nicht.

(Foto: imago/Thomas Bielefeld)

Die Nachwuchsförderung des deutschen Fußballs wird viel gelobt, nur in der Uefa Youth League spiegelt sich die Exzellenz nicht wider. Sind die goldenen Zeiten wieder vorbei? Deutsche Jugendtrainer widersprechen - und liefern Erklärungen.

In der Champions League sind die deutschen Vereine erfolgreich. Bayern München und Borussia Dortmund haben das Viertelfinale locker erreicht. Ganz anders die Situation in der Nachwuchsklasse Uefa Youth League. Im Halbfinale stehen die A-Jugendmannschaften von Real Madrid, FC Barcelona, Benfica Lissabon und dem FC Salzburg. Die deutschen Jugendteams sind nur Hinterherläufer.

Thomas Flath trainiert die U19 von Borussia Mönchengladbach.

Thomas Flath trainiert die U19 von Borussia Mönchengladbach.

(Foto: imago/osnapix)

Vier deutsche U19-Mannschaften nahmen diese Saison an der Gruppenphase teil. Nur Borussia Dortmund erreichte das Achtelfinale und scheiterte gegen den FC Barcelona. Für deutsche Verhältnisse war das fast schon ein Erfolg. Letzte Saison fand die K.o.-Phase komplett ohne deutsche Beteiligung statt. Hat der deutsche Fußball, der sich seit Jahren über die gute Jugendarbeit definiert, plötzlich eine Nachwuchs-Krise?

Thomas Flath möchte davon nichts hören. Seit September 2015 trainiert er die A-Jugend von Borussia Mönchengladbach, hat somit zwei Spielzeiten in der Uefa Youth League mitgemacht. "Mein Eindruck ist, dass die deutschen Vereine sich insgesamt ordentlich präsentiert und mit den Top-Mannschaften auf Augenhöhe gespielt haben. Manchmal fehlte das Quäntchen Glück", sagt er.

Regional-Mannschaft trifft auf internationale Auswahl

Mangelndes Glück alleine genügt allerdings nicht zur Erklärung. Der europäische Wettbewerb befindet sich in der vierten Spielzeit. Seitdem gab es fünf spanische Halbfinalteilnehmer, zwei portugiesische, zwei belgische und zwei englische. Mit Schalke 04 gelangte nur ein deutscher Verein in die Runde der letzten Vier – und das ist bereits drei Jahre her.

Flath weiß, dass die ausländischen Vereine oftmals anders aufgestellt sind: "Wir haben in der Vorrunde gegen Manchester City und den FC Barcelona gespielt. Diese Mannschaften haben auffällig viele ausländische Spieler im Kader, häufig auch U-Nationalspieler. Das sind keine normalen Vereinsmannschaften, sondern eher internationale Auswahlmannschaften."

Real Madrid setzt in seiner Nachwuchsakademie auf Training der individuellen Stärken, erklärt Stefan Kohfahl, der die westeuropäischen Fußballschulen des Klubs leitet.

Real Madrid setzt in seiner Nachwuchsakademie auf Training der individuellen Stärken, erklärt Stefan Kohfahl, der die westeuropäischen Fußballschulen des Klubs leitet.

(Foto: imago/GlobalImagens)

Dazu passt eine Aussage des langjährigen Nachwuchsleiters von Bayer Leverkusen, Jürgen Gelsdorf, der gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" sagte: "Die Nachwuchsarbeit der deutschen Vereine ist nicht so schlecht, wie es die Ergebnisse erahnen lassen. In den anderen Ländern wird nur einfach viel mehr Geld in die Jugend gepumpt."

Die deutschen Vereine hingegen suchen vielfach innerhalb der Region nach talentierten Jugendlichen. Ein kleiner Markt, wenn man bedenkt, dass mit Gladbach, Bayer Leverkusen und Borussia Dortmund drei der vier deutschen Youth-League-Teilnehmer im gleichen Gebiet nach Talenten schauen. Nur der FC Bayern München hat ein größeres Einzugsgebiet.

Spanien bietet individuelleres Training

Ein weiterer Unterschied zwischen deutschen und ausländischen Vereinen: In Deutschland wird mehr Wert auf die schulische Ausbildung gelegt. "Bei uns fällt notfalls eine Trainingseinheit für die Schule aus. Gerade in der Prüfungsphase werden die Jugendspieler häufiger freigestellt", sagt Flath. Als Trainer, der viele Erfahrungen im Ausland gesammelt hat, weiß er, dass das nicht überall so ist: "Bei vielen ausländischen Vereinen liegt der Fokus mehr auf dem Sport. Die Jugendlichen trainieren schon früh unter Profi-Bedingungen."

Trainieren die Talente von Barca & Co. einfach mehr? Oder trainieren sie vielleicht besser? Letzteres glaubt der Hamburger Stefan Kohfahl, der die westeuropäischen Fußballschulen von Real Madrid leitet. Für ihn ist es kein Zufall, dass wieder einmal zwei spanische Mannschaften im Halbfinale der Youth League stehen. Er führt die Erfolge auf die bessere Nachwuchsarbeit zurück. "Spanische Vereine haben ein gut durchdachtes Konzept, wie ein F-Jugendspieler in die A-Jugend gebracht wird", verrät Kohfahl. "Jeder Verein hat eine Methodik-Abteilung, die die Weiterentwicklung der Spieler bewertet. Es findet mehr individuelles Training statt als in Deutschland. In Spanien wird mehr an den Schwächen gearbeitet." Das Ergebnis würde sich auf dem Fußballfeld zeigen: "Spanische Spieler sind körperlich meist schwächer, finden aber mehr spielerische Lösungen."

Youth-League-Erlebnisse motivieren Jugendliche

In den ersten beiden Spielzeiten galten die Ergebnisse der Uefa Youth League noch als kaum aussagekräftig. Teilnehmen durften lediglich die U19-Mannschaften, deren Profis sich für die Champions League qualifiziert hatten. Es war also gut möglich, dass die besten A-Jugendmannschaften nicht europäisch gespielt haben. Zur Saison 2015/2016 wurde das geändert. Seitdem können sich die nationalen Meister eigenständig über K.o.-Spiele gegen andere nationale Meister qualifizieren.

Der sogenannte Meisterschaftsweg läuft parallel zur Gruppenphase der Champions-League-Qualifizierten. Wer sich in zwei K.o.-Runden durchgesetzt hat, trifft auf einen Gruppenzweiten der Gruppenphase - der Sieger dieser Spiele zieht neben den Gruppenersten ins Achtelfinale ein.

Die Mehrfachbelastung mit Ligabetrieb, Youth League und Schule ist groß. "Daher hängen die Mannschaften, die in der Youth League spielen, momentan auch in der Junioren-Bundesliga etwas hinterher", sagt Flath. Trotzdem überwiegen für ihn die Vorteile des internationalen Wettbewerbs: "Das ist für die jungen Spieler eine tolle Herausforderung. Partien gegen Barcelona, Manchester City, Sevilla oder Celtic Glasgow haben einen großen Wert."

Da die U19-Mannschaften in der Gruppenphase die gleichen Partien bestreiten wie die Profis in der Champions League, waren die Anreisen zu den Auswärtsspielen ein gemeinschaftliches Erlebnis. Thomas Flath erzählt: "Wir saßen im selben Flieger wie die 1. Mannschaft. Das war eine schöne Annäherung zwischen den Profis und der höchsten Jugendmannschaft. Nach unserem Spiel haben die A-Jugendlichen das Champions-League-Spiel im Stadion erlebt. Am nächsten Tag flogen wir gemeinsam zurück. Das hat den Jungs viel Spaß gemacht." Nur die Ergebnisse hätten eben besser sein können.

Quelle: ntv.de

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