Fußball

"Zu viel Kraft gebraucht" Die Arbeitsschweinchen retten den FC Bayern

Nochmal gut gegangen: Ein müder FC Bayern rettet drei Punkte in Köln.

Nochmal gut gegangen: Ein müder FC Bayern rettet drei Punkte in Köln.

(Foto: imago images/Jürgen Schwarz)

Der FC Bayern hetzt von einem Pflichtspiel zum nächsten. Das kostet Kraft und das geht so langsam auf die Qualität. Zweimal geht es gut, auch weil man im Krisenmodus funktioniert.

Die Fußball-Bundesliga kennt allerhand eigenartiges Personal: Zuverlässig geht spätestens ab April vielerorts das Abstiegsgespenst um, wer viele Tore schießt, ist seit Jahrzehnten ein Torjäger, wohingegen der Ausputzer im taktischen Giftschrank verschwunden ist. Dank Thomas Müller weiß die interessierte Fußball-Öffentlichkeit inzwischen, dass auch eine andere Gattung im Spielbetrieb mitmischt: "Das war keine Gala und keine Glanzvorstellung", räumte Torschütze Müller nach dem zähen 2:1 (2:0) seines FC Bayern beim 1. FC Köln ein, "aber dann musst du halt mal das Arbeitsschweinchen rausholen."

Die Arbeitsschweinchen sicherten also dem Rekordmeister den fünften Saisonsieg und die Tabellenführung - in Abwesenheit der Gala-Bayern. Die hatten noch in den ersten sieben Saisonspielen im Schnitt vier Tore erzielt, die Gegner reihenweise zerlegt. National, international, komplett egal.

Doch die Gala-Bayern pausieren derzeit. Wer will es ihnen angesichts des gerade für die Spieler des FC Bayern absurd eng getakteten Corona-Kalenders des ersten Saisondrittels verübeln. Schon zuletzt in der Champions League bei Lokomotive Moskau (2:1) haderten sich die Bayern zum Sieg, ihr Spiel war weder schön noch torreich - und am Ende trotzdem erfolgreich. "Wir wussten, dass es unangenehm wird. Aber wir haben es uns auch selber schwer gemacht", ärgerte sich Joshua Kimmich da. "Man muss sagen, dass das absolut nicht unser bestes Spiel war." Nun gelang das noch einmal gegen den 1. FC Köln: ein Sieg mit einem absolut nicht guten Spiel. "Wir haben Tempo und Technik", sagte Müller, "aber wenn es auf dem Weg mal nicht funktioniert, dann muss man eben in den anderen Modus schalten". Die Arbeitsschweinchen müssen es derzeit richten.

Lewandowski verzichtet freiwillig

Nun war es nicht so, als habe Bayern-Trainer Hansi Flick eine zweite Mannschaft aufs Feld geschickt, mit Müller, Joshua Kimmich, Serge Gnabry standen drei Dauerbrenner in der Anfangsformation, Verteidiger David Alaba wurde eingewechselt. Doch Flick hatte sein Team ganz bewusst geschwächt, mit Torjäger Robert Lewandowski und Mittelfeldspieler Leon Goretzka waren zwei Stammkräfte gleich ganz in München geblieben. "Wir reden immer über Belastungssteuerung, dann müssen wir auch Taten folgen lassen", erklärte Flick, "wir haben momentan alle drei, vier Tage ein Spiel. Und dann tut es gut, wenn man mal zwei Spieler zu Hause lassen kann."

Bei Lewandowski seien dafür nicht einmal Überredungskünste nötig gewesen. "Er hatte sofort Gefallen an dem Gedanken gefunden", sagte Flick, "schon die vergangene Saison war für ihn lang, er hat ja auch Länderspiel-Termine für Polen. Alle erwarten immer Tore von ihm, das ist auch mental eine gewaltige Anstrengung." Dass der ehrgeizige Dauerbrenner Lewandowski weitestgehend freiwillig auf ein Spiel verzichtet, lässt tief blicken, wie groß die Belastung derzeit tatsächlich ist. Vor allem die letzten Minuten, als die Bayern nach dem Anschlusstor von Dominick Drexler (82.) nicht wie gewohnt noch einmal zulegen konnten, zeigte das Dilemma.

"Sehen das gerne anders"

Gegen Köln, das zuletzt im März einen Bundesligasieg bejubeln durfte, konnte man sich das kreative Durchschnaufen noch einmal leisten, auch wenn es beinahe schiefgegangen wäre: "Wir hätten heute einen Punkt machen müssen. Niemand hätte sich beschwert, wenn es 1:1 oder 2:2 oder ein bisschen anders gestanden hätte", ärgerte sich Markus Gisdol, Trainer des 1. FC Köln hinterher. Flick wollte nur bedingt zustimmen, war aber auch nicht zufrieden: "Am Ende war es verdient, aber wir haben uns das Leben zum Schluss einfach selbst schwer gemacht. Wir haben für meine Sichtweise zu viel Kraft gebraucht. Ich bin mit drei Punkten zufrieden, mit dem Spiel aber nicht ganz."

Die Arbeitsschweinchen hatten zu viel Arbeit, dabei ging es für den FC Bayern bei dem Trip an den Rhein doch eben genau darum, sich zu viel Arbeit und ein bisschen Energie zu sparen. Am Dienstag steht das Champions-League-Duell gegen Red Bull Salzburg auf dem Programm, bevor es am Samstag dann gegen Borussia Dortmund um die Tabellenführung in der Bundesliga geht. Spätestens im "Klassiker" sollte der kollektive Energiespar-Modus dann Wirkung zeigen. "Wir sind Bayern München, wir wollen Erfolg haben", sagte Flick: "Die Art und Weise, wie wir Fußball spielen, gehört normalerweise dazu. Und natürlich sehen wir das gerne anders. Aber man muss die Gesamtsituation mit einbeziehen. Und am Ende geht es um das nackte Ergebnis." Auch wenn Thomas Müller die Arbeitsschweinchen lieb gewonnen hat: Die Gala-Bayern mögen sie zumindest in München lieber.

Quelle: ntv.de, ter

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