Fußball

Wegweisender Sieg gegen Bayern? Die Entscheidungsschlacht des Lucien Favre

Wohin geht der Weg? Borussia Dortmunds Trainer Lucien Favre steht beim Gipfeltreffen mit dem FC Bayern vor einem Schlüsselspiel.

Wohin geht der Weg? Borussia Dortmunds Trainer Lucien Favre steht beim Gipfeltreffen mit dem FC Bayern vor einem Schlüsselspiel.

(Foto: imago images/Kirchner-Media)

Für BVB-Trainer Lucien Favre steht beim Topspiel in der Bundesliga alles auf dem Spiel. Verliert er, entwischen ihm die Bayern schon wieder. Gewinnt er aber, bleibt er vielleicht doch noch länger in Dortmund. Das Gipfeltreffen kommt für Favre dabei zur besten Zeit, der BVB ist so gut wie lange nicht.

Es steht ungemein viel für Lucien Favre auf dem Spiel im Gipfeltreffen mit dem FC Bayern München. Vielleicht seine gesamte Karriere beim BVB. Ist dies schon Favres Abschiedstournee? Steht der Trainer von Borussia Dortmund, dessen Vertrag am Ende der Saison ausläuft, heute Abend (18.30 Uhr im Liveticker auf ntv.de) zum letzten Mal im heimischen Signal Iduna Park an der Seitenlinie bei einem deutschen Clásico gegen die Bayern? Manch Medium und mancher Experte glaubt das zumindest erkannt zu haben: Favre wird vielerorts angezweifelt wie schon so oft in seiner Karriere und wie auch immer wieder in seiner Zeit beim BVB.

So glaubt die "Sport Bild" zu wissen, dass der BVB bereits drei Kandidaten für eine Favre-Nachfolge habe: Julian Nagelsmann von RB Leipzig, Marco Rose von Borussia Mönchengladbach und Jesse Marsch von Red Bull Salzburg. Und natürlich ist sich auch Lothar Matthäus mal wieder sicher, dass Favre in Dortmund auf der Abschussrampe stehe: "Ich glaube, dass die Ehe von Borussia Dortmund und Lucien Favre spätestens zum Ende der Saison zu Ende gehen wird", prophezeit der Sky-Experte. Das gleiche Spielchen gab es übrigens in der vergangenen Saison schon einmal, damals schrieb der Weltmeister von 1990 in seiner Sky-Kolumne: "Ich glaube nicht, dass Favre in der nächsten Saison noch auf der BVB-Bank sitzt".

Favre formte die beste Abwehr der Liga

Nun, der Schweizer ist noch immer da und dank seiner Arbeit reitet der BVB dieser Tage eine Erfolgswelle. Denn Favre hat es endlich geschafft, - nach der desolaten Wachrüttler-Niederlage in der Champions League bei Lazio Rom - die Defensive zu stabilisieren. Fast zwei Jahre wurde er dafür kritisiert (44 Gegentore in der Spielzeit 2018/2019, 41 in der vergangenen Saison). Endlich fand der Trainer nun passende Lösungen, um der Mannschaft eine defensive Grundeinstellung einzuimpfen und nicht nur Hurra-Fußball nach vorne spielen zu lassen: Er installierte die Viererkette wieder, auch um mit offensiven Außenverteidigern Überzahlsituationen in der gegnerischen Hälfte zu generieren. Dabei lernte Favre aus der vergangenen Saison, als die schwache Abwehrleistung seines Teams durch zu viele einfache Treffer bestraft wurde.

Rückenwind bekommt Favre vor dem Gipfeltreffen von BVB-Legende Ottmar Hitzfeld, der glaubt, der Schweizer habe die richtigen Schlüsse gezogen: "Man sieht klar, dass sie sich weiterentwickeln unter ihrem Trainer Lucien Favre." Er meinte damit vor allem die defensive Stabilität und schrieb dem Coach den positiven Trend zu. "Favre macht in Dortmund einen überragenden Job", sagte Hitzfeld den "Ruhr Nachrichten". "Man muss doch auch die Voraussetzungen betrachten: Die Bayern haben finanziell ganz andere Möglichkeiten als der BVB. Favre muss in Dortmund einen anderen Weg gehen, mit jungen Spielern arbeiten und sie ausbilden. Der FC Bayern kauft diese Topspieler einfach ein."

Sechs der letzten sieben Pflichtspiele haben die Schwarz-Gelben nun gewonnen und alle davon ohne ein einziges Gegentor. Das schafften sie mit Favre als Coach noch nie. Auch wenn vorne mal nicht ein Offensivfeuerwerk abgebrannt wird, in dieser BVB-Mannschaft entsteht keine Nervosität und hinten wird kaum etwas zugelassen. Mit erst zwei kassierten Treffern stellen die Dortmunder sogar die beste Defensive der Liga, die Bayern haben sich bereits neun Tore gefangen. Dass der Schweizer durchaus lernbegierig ist, zeigt auch die Statistik, dass der BVB in seiner Amtszeit nur zweimal zwei Spiele hintereinander in Bundesliga, Champions League und DFB-Pokal verlor.

Kann der BVB einen Meistercoach gehen lassen?

Und so gibt sich der BVB mutig und selbstbewusst wie lange nicht mehr von einer Bayern-Partie: Respekt werden die Münchner vor ihnen haben, tönt es da aus der Mannschaft, und: "Wir können die Bayern schlagen." Aus dem "können" muss für Favre nun aber ein "wir haben die Bayern geschlagen" werden. In der Liga gewann Dortmund zuletzt Ende 2018 gegen den Rekordmeister - es wird Zeit für Favre, den großen Konkurrenten mal zu besiegen.

Die Zeichen könnten nicht besser sein, im Supercup unterlag man zuletzt nur knapp. Der BVB scheint endlich auf einem Level mit den Münchner angekommen zu sein: Junge, wilde und torgefährliche Offensive gepaart mit einer stabilen Abwehr (sogar ohne Mats Hummels, wie man in der Champions League gegen Brügge beobachten konnte). Sportdirektor Michael Zorc sagte im Vorfeld: "Verbale Vergleiche bringen uns keine Punkte. Wir sind in einer guten Verfassung und hatten die richtige Herangehensweise. Jetzt wollen wir sie endlich mal schlagen."

Verliert Lucien Favre aber erneut gegen die Bayern - wie in der Saison 2018/19, als man so lange an der Bundesligaspitze stand oder 2019/20, als man im direkten Duell am 28. Spieltag 0:1 unterlag und die Münchner endgültig davon ziehen ließ - und laufen sie ihm jetzt wieder weg, werden die Kritiker noch lauter. Und dann kann der Schweizer so langsam wohl wirklich einpacken. Wenn Favre jedoch gewinnt, dann könnte dies ein wichtiger Schritt gen Meisterschaft sein. Und damit auch ein Schritt in Richtung einer dann vielleicht doch möglichen Vertragsverlängerung. Denn könnte der BVB es sich wirklich leisten, einen Meistertrainer gehen zu lassen?

Quelle: ntv.de

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