Münchner Zirkusspielchen im Kaffeesatz Klopp empfiehlt: "Schnauze!"
12.03.2012, 13:10 Uhr
"Es gibt Menschen, die sich beschissener finden als ich mich": Jürgen Klopp.
(Foto: dpa)
Überraschenderweise gewinnt Borussia Dortmund nicht jedes Spiel in der Fußball-Bundesliga, was die Bayern hoffen lässt, am Ende der Saison doch ganz oben zu stehen. Bleibt das Problem, dass sie noch fünfmal auswärts antreten müssen. Deswegen sei der BVB "haushoher Favorit".
In der Bundesliga, der geneigte Fußballfreund wird es mitbekommen haben, hat sich am Wochenende Sensationelles ereignet. Nicht die Kölner Provinzposse um Sportdirektor Volker Finke, der nun kein Sportdirektor mehr sein darf. Das ist dort normal, zumal sie in Köln mit ihrer Provinzialität kein Problem haben, sie halten sie für einzigartig und sind stolz darauf. Nein, der Hammer des 25. Spieltags war, dass Borussia Dortmund ein Spiel nicht gewonnen hat, zum ersten Mal in diesem Jahr, zum ersten Mal seit neun Partien.
Und weil der FC Bayern in einem, wie die "Süddeutsche Zeitung" schrieb, "Zirkusspielchen" überforderte Hoffenheimer mit 7:1 zurück ins Kraichgau schickten, haben sie jetzt fünf Punkte Rückstand auf den BVB, nur noch, wie es allenthalben heißt. Dabei ist im Grunde wenig passiert. Genauso wenig, wie die Meisterschaft zugunsten der Dortmunder entschieden war, als sie sieben Punkte Vorsprung hatten, sind nun die Bayern im Vorteil, weil sie zwei Zähler näher an den Deutschen Meister und Tabellenführer herangerückt sind. Fünf Punkte sind fünf Punkte sind fünf Punkte, der Rest ist Kaffeesatzleserei. Aber es bleibt zumindest spannend. Und es darf darüber spekuliert werden, ob die Dortmunder einfach nur auch einmal unentschieden gespielt, oder doch eine kleine Schwäche im Titelkampf gezeigt haben.
Favorit sind immer die anderen
Alles andere als sensationell ist, dass die Münchner ein Heimspiel gewinnen, schließlich haben sie das in dieser Saison bereits elf Mal getan, öfter als jede andere Mannschaft in der Liga. Von den 13 Partien in der heimischen Arena verloren die Bayern nur zwei - zum Auftakt gegen Borussia Mönchengladbach und am 13. Spieltag gegen eben jene Borussia aus Dortmund. Aber wenn sie, wie Deutschlands erfolgreichster Torjäger Mario Gomez gegen Hoffenheim nach fünf Minuten, ein frühes Tor erzielen, gibt es kaum noch ein Halten. Das wissen sie auch in München, halten sich aber ungewohnt vornehm zurück und spielen munter das Spiel mit, das da heißt: Favorit sind immer die anderen.
Es wird den Bayern zwar gefallen haben, dass die Dortmunder nun doch nicht auf alle Zeiten jedes ihrer Spiele gewinnen, auch wenn sie nun - Vereinsrekord! - seit 19 Partien ungeschlagen sind. Und ein sichtlich vom Schützenfest beseelter Präsident Uli Hoeneß, Vorstand der Abteilung Attacke der Rekordmeister, leistete sich auch eine kleine Portion Genugtuung: "Die Mannschaft hat die Antwort darauf gegeben, dass wir und natürlich noch nicht aufgegeben haben", zitierte ihn die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Aber so richtig groß feiern oder gar von einer Trendwende sprechen wollte beim FC Bayern niemand. Vielleicht, weil sie wissen, dass die Mannschaft demnächst auch wieder auswärts antreten muss, fünfmal in den ausstehenden neun Spielen. Und in der Fremde haben die Münchner bisher erst fünf von zwölf Begegnungen gewonnen.
Meister in der Kategorie Unterstatement
Sportchef Christian Nerlinger, Vorstand der Abteilung Diplomatie, jedenfalls beeilte sich, zu Protokoll zu geben, dass in Sachen Meisterschaft der BVB der "haushohe Favorit" bleibe. "Der Sieg war wichtig, um wieder Ruhe reinzubringen." Zumindest hat diesmal niemand darüber spekuliert, ob Trainer Jupp Heynckes nicht vielleicht schon im Sommer geht. Auch Mittelfeldspieler Toni Kroos sagte, so ein Kantersieg sage im Grunde relativ wenig aus. "Wir haben uns halt Selbstvertrauen geholt", das sie schon am Dienstag brauchen, wenn sie im Achtelfinale der Champions League versuchen, gegen den FC Basel die 0:1-Niederlage aus dem Hinspiel wettzumachen. Es dürfte sie beruhigen, dass sie zu Hause spielen dürfen.
Meister in der Kategorie Unterstatement bleiben aber die Dortmunder, allen voran ihr Trainer Jürgen Klopp. Sich selbst findet er zwar ganz gut - "Es gibt Menschen, die sich beschissener finden als ich mich" -, ansonsten aber gilt: "Diese Frage immer, wollt ihr deutscher Meister werden, die ist so doof. Das will doch jeder. Die können uns alle hypen, wie sie wollen. Wir kicken einfach weiter", sagte er nun dem Magazin "Spiegel". "Und heißt es, wir seien fast unschlagbar, da sage ich: Schnauze!"
Und wie man bei einem aufopferungsvoll kämpfenden Abstiegskandidaten gewinnt, können die Bayern am kommenden Samstag zeigen. Dann treten sie bei Otto Rehhagels Hertha in Berlin an. Die Dortmunder, die gegen den SV Werder Bremen spielen, haben sich ihre drei Punkte im Olympiastadion bereits vor gut drei Wochen abgeholt. Und falls am 26. Spieltag weder in Berlin noch in Dortmund etwas Spektakuläres passiert - in Köln lassen sie sich bestimmt etwas einfallen.
Quelle: ntv.de