Fußball

Fans enttäuscht von Katar-Deal FC Bayern flüchtet sich in heiße Marketing-Luft

Jamal Musialas linker Trikotärmel trägt das Logo von Qatar Airways.

Jamal Musialas linker Trikotärmel trägt das Logo von Qatar Airways.

(Foto: IMAGO/Sven Simon)

Vor einem Jahr kommt es auf der Hauptversammlung des FC Bayern wegen des Sponsoring-Deals mit Katar zum absoluten Chaos. Diesmal beantworten die Münchner vorab Mitglieder-Fragen zur Kooperation. Doch der FCB flüchtet sich in belanglosen PR-Sprech - und geht voll auf Linie mit Katar und FIFA.

Der FC Bayern äußert sich mal wieder zum Thema Katar. Das tut der Verein gerne und oft. Mal in Person von Präsident Herbert Hainer, mal wütet Ehrenpräsident Uli Hoeneß in altbekannter Manier. Der Tenor ist stets derselbe: In dem Emirat, das für verschiedenste Menschenrechtsprobleme bekannt ist, verbessert sich nichts, wenn man keine Kooperationen mit ihm eingeht, beziehungsweise wenn man sie einstellt. Soll heißen: Der Deal der Münchner mit Qatar Airways, der staatlichen Fluglinie des Landes, wird nicht angetastet.

Auch nun erzählt der FC Bayern mal wieder etwas zu Katar und besagter Partnerschaft. Diesmal auf der vereinseigenen Homepage. Bevor es heute Abend (18 Uhr) zur Jahreshauptversammlung kommt, beantwortet der Klub Fragen von Vereinsmitgliedern, die ihm auf dem Round Table am Anfang Juli zum Thema "Entwicklungen in Katar" überreicht wurden. 32 Fragen sind es insgesamt, die Antworten fallen mal lang und mal kurz aus. Doch - und das sollte der größte Verein in Deutschland besser hinbekommen - am Marketingsprech kommt der FC Bayern selten vorbei.

Ein kurzer Blick zurück zeigt, warum der deutsche Rekordmeister diesen Schritt nun unternimmt. Die Jahreshauptversammlung 2021 endete im Chaos. Besonders Katar war ein Streitpunkt, auch weil der Antrag eines Mitglieds, über die Kooperation mit Qatar Airways abzustimmen, gar nicht erst zugelassen worden war. Ein entsetzter Uli Hoeneß hatte am Rednerpult gestanden und das Podium nach kurzer Zeit wieder wortlos verlassen, als der Aufruhr einer Fan-Opposition mit Pfiffen und Buhrufen gegen die Bayern-Bosse mit Präsident Hainer als zentraler Reizfigur rund um das Streitthema Katar-Sponsoring eskaliert war. Mit einem Schreiben richtete sich der Klub anschließend an seine Mitglieder, räumte ein, "nicht alles richtig gemacht" zu haben und erkannte an, "dass sich beim Thema Katar einiges aufgestaut hatte".

Wiederholung derselben Phrasen

Über das Unrecht, das in Katar geschieht muss nicht mehr viel erzählt und geschrieben werden. Von Ausbeutung von Arbeitsmigrantinnen und -migranten über die Verfolgung von Homosexuellen inklusiver empfindlicher Strafen bis zu eingeschränkten Frauenrechten. Mutmaßlich soll der Wüstenstaat sogar Terrorismus finanziert haben.

Nun also der nächste Versuch des FC Bayern, das Katar-Sponsoring zu erklären. Doch wieder versagt der deutsche Rekordmeister. Als Antworten auf die Mitglieder-Fragen zu diesen Themen produziert er nur heiße PR-Luft, wiederholt manchmal dieselben Phrasen und bleibt oft eine wirkliche Auskunft schuldig.

Eine Frage nach konkreten Fortschritten in Katar, zu denen der FC Bayern nachweislich beigetragen hat, beantworten die Münchner mit "Frauensport und für Gleichberechtigung", ohne eben konkrete Beispiele in diesen Felder nennen zu können. "Darüber hinaus pflegt der FC Bayern einen Dialog", heißt es weiter, aber ohne Erklärung, warum man dafür überhaupt ein Sponsoring benötigt. Oder warum man als Teil des Deals Werbung für Qatar Airways auf dem Trikot-Ärmel machen muss, was Katar im Sinne des Sportswashings hilft, sich trotz Menschenrechtsverletzungen mittels eines der bekanntesten Klubs der Welt ein positives Image aufzubauen.

Überhaupt heißt es in mehreren Antworten, der Sport könne keine "Ersatzhandlungen" für die Politik durchführen. Das ist natürlich einerseits wahr, andererseits muss dem FC Bayern bewusst werden, dass ein Katar-Sponsoring eben auch immer politisch ist. Der Klub bewegt sich schon längst nicht mehr im rein "sportlichen" Raum und hat damit im Zeitalter der Politisierung des Fußballs eine besondere Verantwortung. Dass Qatar Airways ein staatliches Unternehmen eines Unrechtstaates ist, wird damit abgetan, dass Bundesregierung auch an der Lufthansa oder der Deutschen Bahn "beteiligt" wäre.

FC Bayern auf einer Linie mit Katar und FIFA

Bei der Frage, warum nur mit dem Frauenteam und nicht mit dem der Herren bei Trainingslagern in Katar Aktionen vor Ort durchgeführt werden, wo doch das Herren-Trainingslager für deutlich mehr Aufmerksamkeit sorge, gibt sich der Rekordmeister auf einmal als "Frauenversteher" und Kämpfer für Frauenrechte. Der FC Bayern, bei dem Hoeneß lange Frauenfußball kritisierte und der sich dafür entschied, zunächst die Basketball- anstatt der Frauen-Abteilung im Verein auszubauen.

Wenn man sich in Deutschland eine Gesellschaft wünsche, "in der Frauen und Männer die gleichen Rechte besitzen", heißt es in den Antworten, dürfe es "keinen Unterschied machen, ob sich im Namen des FC Bayern Frauen oder Männer für Gleichberechtigung einsetzen". Solch ein Statement der Münchner zu Equal Pay oder Equal Pay würden Fußballerinnen bestimmt auch gerne mal hören.

Anschließend gibt der Verein Auskunft zur Frage, ob Präsident Herbert Hainer und Vorstandschef Oliver Kahn einem homosexuellen FCB-Spieler raten würden, mit seinem Partner nach Katar zu fliegen. Der FC Bayern erklärt, man habe sich "bei der FIFA erkundigt" und diese habe mitgeteilt, "dass die WM 2022 ein integratives und sicheres Fußball-Fest für alle" werde. Außerdem habe schließlich das Organisationskomitee der WM klar gesagt, "dass jeder willkommen ist und gebeten, die Kultur des Landes zu achten". Die Ansichten Katars und der FIFA überraschen nicht. Dass die Münchner diese ohne Hinterfragen übernehmen und voll auf Linie gehen, könnte für homosexuelle Fans sogar gefährlich werden.

Denn Warnungen von Menschenrechts- und LGBTQ+-Organisationen widersprechen dem PR-Sprech des Weltverbandes und des queerfeindlichen Wüstenstaats deutlich. Im September riet Human Rights Watch homosexuellen Fußballfans vor einer Reise nach Katar explizit ab. Am besten lasse man es, sagte Deutschland-Direktor Wenzel Michalski der "Schwäbischen Zeitung". Die Botschaft aus Katar an Gäste und Touristen, sich an Traditionen des Landes zu halten, könne man als "charmant vorgebrachte Warnung" verstehen, sagte Michalski, da schwinge mit: "Wenn ihr das so auslebt wie in Berlin-Schöneberg, dann werden wir uns schon irgendwas ausdenken." In Artikel 285 des Strafgesetzbuches Katars heißt es zu gleichgeschlechtlichen Handlungen: "Wer ohne Zwang, Nötigung oder List mit einem über 16-jährigen Mann schläft, wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu sieben Jahren bestraft." Nach islamischem Recht ist sogar Auspeitschen und die Verhängung der Todesstrafe möglich.

Hoeneß will Deal verlängern

Auch beim Thema der Vorwürfe der Terrorismusfinanzierung gibt der FC Bayern keine gute Figur ab. Ein Mitglied möchte wissen, inwieweit sich der Klub mit den Vorwürfen auseinandergesetzt hat. "Dem FC Bayern ist nicht bekannt, dass sich die Qatar Airways Group oder Katar an Terrorismusfinanzierung beteiligt hätten", lautet darauf die Antwort. Es ist natürlich wenig erstaunlich, dass ein Fußballverein nicht weiß, ob ein Unternehmen oder ein Staat solch einen Akt unternommen hat oder nicht. Aber dass es Gerichtsverfahren und Medienberichte zu den Vorwürfen gibt, hätten den Münchnern schon auffallen dürfen.

Weiterhin gibt der Klub in dieser Antwort bekannt, dass Katar sich nicht auf der Verdachtsliste der "von den G-7-Staaten eingesetzten Financial Action Task Force (FATF)" mit dem Thema der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung befände. Das stimmt auch. Doch dass neun der 37 FATF-Mitgliedern autokratische Staaten sind und dass der Liste, auf der aktuell nur 25 Länder zu finden sind, deshalb wenig Bedeutung zukommt, verschweigt der Rekordmeister. Die Research-Plattform "Know your country" listet Katar im Bereich der Geldwäsche auf Rang 92 von 246 und attestiert dem Emirat ein wachsendes Problem mit dem Thema.

Und so scheint der FC Bayern zwar bemüht, aber für Fragen zur politischen Integrität des teuren Partners nicht wirklich gewappnet. Eine Enttäuschung für die Fans auf der heutigen Jahreshauptversammlung. Der Sponsorenvertrag mit Qatar Airways läuft bis 2023. Trotz der umstrittenen Menschenrechtssituation in Katar und dem Gegenwind aus der Fanszene wird er wohl - Uli Hoeneß machte sich jüngst dafür stark - im kommenden Jahr verlängert.

Quelle: ntv.de

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