Fußball

"Bester Start für einen Trainer" FC Bayern wirft sich schützend vor Vincent Kompany

Der FC Bayern erhofft sich viel von Vincent Kompany.

Der FC Bayern erhofft sich viel von Vincent Kompany.

(Foto: IMAGO/MIS)

Diverse Trainer haben dem FC Bayern abgesagt, trotzdem ist der Rekordmeister bemüht, Vincent Kompany als Wunschlösung zu präsentieren. Eine andere Wahl hat die Münchner Chefetage um Sportvorstand Max Eberl allerdings auch kaum.

Vincent Kompany steht für offensiven Fußball, erlebte bei seinem ersten öffentlichen Auftritt als neuer Trainer des FC Bayern jedoch einen Klub in der Defensive. "Ob man Erster, Zweiter, Dritter ist, ob es eine Rangfolge ist", versuchte Sportvorstand Max Eberl schon früh abzuräumen, dass der 38-Jährige je nach Lesart irgendwo zwischen fünfter und zehnter Position auf der Cheftrainer-Kandidatenliste gestanden hat. "Da wurde sehr viel reininterpretiert, was nicht gestimmt hat", sagte Eberl mit kritischem Blick auf die vielfältige Berichterstattung rund um die schier endlose Suche.

Wobei ja Ehrenpräsident Uli Hoeneß höchstselbst zwischendurch konstatierte, dass etwa Ralf Rangnick die dritte Wahl gewesen sei - der dann lieber Nationaltrainer in Österreich blieb. Auch die Tatsache, dass die Nachfolge von Thomas Tuchel "eigentlich im April" (Zitat Eberl) geklärt sein sollte und Kompany nun Ende Mai präsentiert wird, ist ein gewichtiges Indiz dafür, dass die Pläne des FC Bayern mehrfach umgeschrieben werden mussten.

"Wir hätten das Gespräch [mit Kompany] direkt machen müssen, dann wäre die ganze Suche beendet gewesen", sagte Eberl und schien damit die Hoffnung zu verbinden, die Diskussion um eben jene Suche ebenfalls beenden zu können. Dabei wird diese Debatte die Münchner noch (mindestens) monatelang begleiten.

Aber natürlich kann der FC Bayern sich auch nicht hinstellen und Kompany, der bis 2027 unterschrieben hat, als Notlösung präsentieren und damit die Autorität des neuen Chefs an der Seitenlinie gleich massiv beschädigen. Natürlich müssen Eberl & Co. sagen, dass Kompany die Optimalbesetzung ist. Und er verdient selbstverständlich auch die Chance, sich trotz der Umstände als solche zu beweisen.

Eberl möchte "ein paar Dinge zurückrudern" beim FC Bayern

Doch die Anfragen an Xabi Alonso und Julian Nagelsmann, die Gespräche mit Ralf Rangnick, Hansi Flick und Oliver Glasner, die "Bleibt er doch?"-Verhandlungen mit Thomas Tuchel, die Gerüchte um Roberto De Zerbi, Zinédine Zidane, Julen Lopetegui, Roger Schmidt und Sebastian Hoeneß verschwinden anderseits nicht einfach. Auch nicht, wenn Max Eberl dazu sagt, dass sich "manche gemeldet und abgesagt haben, mit denen wir nie gesprochen haben".

Zumal der jetzt vorgestellte Vincent Kompany eben gleich mit der Mission startet, einen Kaderumbruch erfolgreich zu gestalten und den FC Bayern nach der ersten titellosen Saison seit über einem Jahrzehnt wieder an die Spitze zu führen. "Dass ich hier bin, bedeutet, dass sie einen sehr guten Job machen", lobte der Belgier indes seine neuen Kollegen und vermied es zugleich, über die zahlreichen anderen Kandidaten sprechen zu müssen. Sicher auch, weil er am wenigsten dazu beigetragen hat, dass der Rekordmeister wieder vermehrt als "FC Hollywood" bezeichnet wurde. Und zugleich ab sofort ein großes Interesse daran hat, dass an der Säbener Straße endlich wieder geschäftige Ruhe einkehrt.

"Wir haben jetzt eine Chance, ein paar Dinge zurückzurudern und wieder eine Einheit zu werden", richtete Eberl jedoch Kritik nicht nur nach außen, sondern auch nach innen: "Das ist das, was ich mir vorstelle: Dass wir als Klub hinter unserem Trainer stehen und ihm die Unterstützung geben, die er braucht." Unter anderem Uli Hoeneß dürfte sich damit angesprochen fühlen, der Tuchel zuletzt für seine mangelhafte Förderung jüngerer Spieler kritisiert hatte - worauf der scheidende Coach antwortete, von diesen Anwürfen "in meiner Trainerehre verletzt" worden zu sein.

Große Einigkeit in München bei der Personalie Vincent Kompany

Kompany versicherte derweil, sich "mit Uli Hoeneß unterhalten" zu haben und "auch von Karl-Heinz Rummenigge" zu wissen, "dass ich die volle Unterstützung vom Verein habe". Die beiden Aufsichtsratsmitglieder haben zwar keine operativen Funktionen mehr im Tagesgeschäft, greifen in dieses jedoch immer mal wieder ein. Mal explizit gewünscht wie im Transferausschuss des Vorjahres, mal überraschend von außen wie bei Hoeneß' Äußerungen über Rangnick und Tuchel oder Rummenigges Verkündung, der FC Bayern sei mit Kompany einig.

Vorstandschef Jan-Christian Dreesen, der zwischen all den großen Namen stets etwas unterzugehen scheint, sprach trotz aller Widrigkeiten auf dem Weg zur Kompany-Verpflichtung vom "besten Start, den du als Trainer und Klub haben kannst". Was in erster Linie nach dem Bestreben klingt, die Kommunikationshoheit wiederzuerlangen: "Der entscheidende Punkt ist, dass wir uns alle einig sind in der Entscheidung für Vincent Kompany."

Ähnlich lässt sich folgender Satz von Eberl verstehen: "Ich empfinde aus meiner Wahrnehmung, dass wir den besten Trainer für Bayern München für die kommenden Jahre gefunden haben." Fast so, als wären Verpflichtungen von Alonso, Nagelsmann oder Rangnick, bei dem angeblich nur noch die Unterschrift fehlte, im Rückblick deutlich schlechtere Optionen gewesen - was zumindest zum jetzigen Zeitpunkt niemand ernsthaft behaupten kann.

FC Bayern arbeitet an spürbarem Umbruch im Kader

Trotzdem hat Eberl auch Recht, wenn er sagt, dass Kompany "einer der interessantesten Trainer Europas" sei - schon allein, weil er vom Premier-League-Absteiger FC Burnley nach München wechselt, wo der Gewinn der Meisterschaft den Mindeststandard darstellt. Wie Xabi Alonso und Pep Guardiola war er als Spieler sehr erfolgreich, hat von den besten Trainern gelernt und fühlt sich jetzt bereit, einen großen Klub zu übernehmen. Über seine Spielphilosophie sagte er einmal: "In jeder Phase des Spiels müssen wir einen Plan oder eine Idee haben, ein Tor zu erzielen. Egal, ob das ein defensiver Einwurf ist, oder eine Ecke ist, die wir verteidigen." Bei seiner Vorstellung betonte er nun, auf "mutige Spieler" und Aggressivität setzen zu wollen.

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Wer aus dem aktuellen Kader dabei welche Rolle spielen könnte, dazu wollte sich Kompany dagegen noch nicht äußern. "Von meiner Seite ist es noch viel zu früh, um über irgendwelche Spieler zu sprechen. Ich bin sehr gespannt darauf, mit allen zu arbeiten. Aber ich möchte auch noch herausfinden, wie hungrig die Spieler sind."

Eberl betonte währenddessen, dass er und Sportdirektor Christoph Freund "da wohl schon ein Stück weiter" seien und es zwar "keine Streichlisten" gebe. Dennoch stünden beim FC Bayern Fußballer unter Vertrag, "die es künftig schwerer haben könnten, das ist aber normal im Leistungssport". Was dafür spricht, dass die Transfergerüchte um Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Serge Gnabry & Co. nicht allzu bald abreißen. Wie schwer es Vincent Kompany bei seinem ersten großen Trainerjob haben wird, werden die kommenden Monate zeigen. Er selbst ist "auf jeden Fall stolz, aber auch motiviert, jetzt anzufangen". In der Hoffnung, dass dabei tatsächlich die Ruhe einkehrt, die den Münchnern seit Monaten abgeht.

Quelle: ntv.de

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