Infantino beruft Le Graët FIFA gibt Fußball-Boss nach Mobbing-Vorwurf neuen Job
28.02.2023, 13:13 Uhr
Le Graët kam mit seinem Rücktritt wohl einer Abberufung zuvor.
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Zwölf Jahre lang steht Noël Le Graët an der Spitze des französischen Fußball-Verbandes. Mit ihm als Boss wird die Mannschaft 2018 Weltmeister. Doch dann werden Vorwürfe der sexuellen Belästigung und des Mobbings laut. Zudem beleidigt er Legende Zinedine Zidane. Nun kommt er wohl einer Abberufung zuvor. Und erhält umgehend einen Job bei der FIFA.
Nach Vorwürfen sexueller Belästigung und des Mobbings gibt der Präsident des französischen Fußballverbands, Noël Le Graët, sein Amt auf. Bei einer Vorstandssitzung habe der 81-Jährige seinen Rücktritt bekannt gegeben, teilte der Fußballverband (FFF) in Paris mit. Er war zuvor immer stärker unter Druck geraten.
Vorläufig hatte Le Graët seinen Posten bereits am 11. Januar geräumt. Die Pariser Justiz ermittelt gegen ihn wegen sexueller Belästigung, er selbst bestreitet die Vorwürfe. Le Graët hatte das Spitzenamt seit 2011 inne. Seine vierte Amtszeit hätte eigentlich erst 2024 geendet. Interimsweise übernimmt der vorherige Vizepräsident Philippe Diallo das Amt bis zur nächsten Bundesversammlung am 10. Juni.
Übermäßiger Alkoholkonsum
Unmittelbar nach seinem Rücktritt wurde bekannt, dass Le Graët künftig eine neue Führungsaufgabe beim Fußball-Weltverband FIFA erhalten soll, wie der Sender RMC Sport berichtete. Der Präsident sei von FIFA-Boss Gianni Infantino in den Verband berufen worden. "Er wird das Büro in Paris leiten. Er wurde aufgrund seiner Fähigkeiten, seines Fachwissens und seiner Erfahrung ernannt", sagte das Mitglied des FFF-Exekutivkomitees, Eric Borghini, am Sitz des Verbandes.
Ein Bericht des Sportministeriums war kürzlich zu dem Schluss gekommen, dass Le Graët nicht mehr über die nötige Legitimität verfügt, um den französischen Fußball zu verwalten und zu repräsentieren. Er habe ein unangemessenes Verhalten Frauen gegenüber und habe diese regelmäßig mit Worten und SMS sexuell belästigt. Le Graëts Verhalten lasse Anstand und Würde, die sein Amt erforderten, vermissen, und seine Entgleisungen, die durch übermäßigen Alkoholkonsum verstärkt würden, schadeten dem Image des Fußballverbandes.
Der Fußballverband selber erklärte, dass dieser Bericht weniger auf objektiven Fakten als auf Einschätzungen beruhe, die manchmal zu einer unverhältnismäßigen Verunglimpfung geführt hätten. Der Verband bedauerte zudem, dass es kein richtiges Verfahren gegeben habe, und dass zahlreiche Anmerkungen des Verbandes zur Bekämpfung sexistischer und sexueller Gewalt nicht berücksichtigt worden seien. Der FFF sei stark gegen sexistische und sexuelle Gewalt engagiert.
Seltsame Erwiderung auf Vorwürfe
Der 81-Jährige weist die Vorwürfe von sich. Denen zufolge habe er unter anderem Nachrichten mit sexuellem Inhalt an aktuelle und ehemalige Mitarbeiterinnen des Verbands geschickt. Als erste hatte die Spielervermittlerin Sonia Souid über die Verfehlungen berichtet und angefügt, dass er "sehr selbstbewusst" sei und "glaubt, sich alles erlauben zu können", zitierte RMC Sport Souid. Le Graët argumentierte gegenüber RMC Sport, er habe die Nachrichten nicht verschickt, er könne gar keine SMS schreiben.
Zudem hatte Le Graët Ärger provoziert, indem er sich abfällig über Frankreich-Legende Zinedine Zidane geäußert hatte. In einem Radio-Interview hatte der nun Ex-Präsident im Januar über die Vorgänge vor der Vertragsverlängerung mit Nationaltrainer Didier Deschamps gesagt, er hätte gar kein Interesse gehabt, Zidane anzurufen. Auf die Frage, ob Zidane ihn angerufen hätte, um sein Interesse an Deschamps' Job zu bekunden, antwortete Le Graët: "Ich wäre nicht einmal ans Telefon gegangen. Was hätte ich ihm schon sagen sollen? 'Hallo Monsieur, keine Sorge, such' Dir einen anderen Verein. Ich habe mich gerade mit Didier auf einen Vertrag geeinigt.'" Das löste unter den Granden der Fußball-Nation heftige Empörungswellen aus. Kylian Mbappé etwa hatte gewettert, man gehe "nicht so respektlos mit dieser Legende um".
Quelle: ntv.de, ara/dpa/sid