Fußball

Anmerkungen von Boss Blatter Fifa-Spitze beeinflusste Reform-Bericht

Fifa-Präsident Joseph Blatter mit seinem unabhängigen Reformer Mark Pieth.

Fifa-Präsident Joseph Blatter mit seinem unabhängigen Reformer Mark Pieth.

(Foto: imago sportfotodienst)

Von einem unabhängigen Governance-Komitee ließ der skandalumwitterte Fußball-Weltverband Fifa seit 2011 Reformen ausarbeiten. Ein Medienbericht zeigt nun, dass die Reformer keineswegs unabhänig agieren konnten und wirft Fifa-Präsident Blatter Zensur vor.

Der Fußball-Weltverband Fifa und sein Präsident Joseph Blatter haben Einfluss auf den Abschlussbericht des unabhängigen Governance-Komitees genommen, der im April 2014 veröffentlicht wurde. Der "Spiegel" berichtet, dass der 78-jährige Schweizer über seinen Chefjuristen Änderungen in der finalen Fassung des vom ehemaligen Komitee-Chef Mark Pieth verfassten Papiers veranlasst habe. Dabei sei es vor allem um Blatters "Führungsverantwortung während der ISL-Affäre" sowie um dessen "mögliche Mitwisserschaft in dem Skandal" gegangen.

Was ist der ISL-Skandal?

Im ISMM/ISL-Skandal geht es darum, dass der frühere Rechtehändler ISMM/ISL jahrelang hochrangige Sportfunktionäre bestochen hatte, um lukrative Marketingverträge zu erhalten. Dokumentiert sind Zahlungen von 142 Millionen Schweizer Franken von 1989 bis zum ISL-Konkurs im Jahr 2001. Die Dunkelziffer wird von Experten weitaus höher angesetzt.

Zu den bekannten Empfängern der Gelder gehörten mehrere hochrangige Fifa-Funktionäre, auch Blatters Vorgänger als Fifa-Präsident, Joao Havelange. Belegt sind Zahlungen von 21,9 Mio. Franken an Havelange und Ricardo Teixeira, rund 1,1 Mio. Franken an Nicolas Leoz und 24.700 Franken an Issa Hayatou.

Zur Frage, inwiefern der damalige Fifa-Generalsekretär Joseph Blatter von den Bestechungspraktiken wusste, sagte der Schweizer Journalist Jean-Francois Tanda im April 2013 gegenüber n-tv.de: "Blatter wusste immer - das jedenfalls sagen ehemalige Führungskräfte bei der ISL - dass Schmiergelder bezahlt wurden. Blatter selbst nannte diese Gelder spöttisch 'oxygen', also Sauerstoff. 'Aha, der Präsident (Havelange) braucht wieder Sauerstoff', pflegte Blatter laut Ex-ISL-Chefs zu sagen."

Obwohl für Fifa-Insider - wie den Schweizer Journalisten Jean-Francois Tanda - Blatters Mitwisserschaft unstrittig ist, seien diese kritischen Passagen nach Prüfung des Fifa-Chefjuristen Marco Villiger komplett gestrichen worden. Der "Spiegel" beruft sich dabei auf eine 15 Seiten umfassende vorläufige Version seines Dossiers, die Pieth am 27. Februar 2014 an Villiger geschickt hatte. Dies war als "vertraulich" markiert.

Am 13. März schickte Villiger demnach eine stark bearbeitete Version mit 37 Anmerkungen sowie mit der Streichung einiger zentraler Passagen an Pieth zurück. "In teils pikierter, teils herablassender Art bemängelt er auch den Tenor von Pieths Bericht", schreibt der "Spiegel" zum Ton dieser Anmerkungen. So habe Villiger beispielsweise angemerkt: "Das klingt mehr nach einem Fifa-kritischen Zeitungsartikel oder Geschichtenerzählerei als nach einem wissenschaftlichen Bericht."

"Ganz normaler Vorgang"

Der Schweizer Korruptionsexperte bestätigte dem Magazin, dass er eine vorläufige und vertrauliche Version an die Fifa-Führung geschickt habe. Dies sei ein "ganz normaler Vorgang". Pieth betonte aber, nicht "ferngesteuert" gewesen zu sein. Er habe die Freiheit besessen, Anmerkungen und Einwände in seinem Bericht zu berücksichtigen oder auch nicht. Laut "Spiegel" wurden von Pieth aber viele der Anmerkungen übernommen und kritische Passagen ersatzlos gestrichen.

Der Weltverband Fifa wies in einer Stellungnahme den Vorwurf der Zensur zurück: "Von einer unlauteren Einflussnahme kann keine Rede sein." Es habe in Pieths Händen gelegen, "die Anmerkungen zu prüfen und jene aufzugreifen, die als relevant betrachtet werden - unabhängig, ob dies Anmerkungen oder Meinungen sind".

Blatter ist seit 1998 Fifa-Präsident und hatte bei seiner Wiederwahl 2011 angekündigt, nicht erneut zu kandidieren. Trotzdem tritt der 78-jährige Schweizer auf dem Fifa-Kongress im Mai 2015 erneut an, um sich in eine fünfte Amtszeit wählen zu lassen. Als Gegenkandidaten treten der Jordanier Ali Bin Al-Hussein, der frühere portugiesische Weltfußballer Luis Figo und der niederländische Fußballverbandspräsident Michael van Praag gegen Blatter an.

Quelle: ntv.de, cwo/sid

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