Umstrittene Winter-WM in Katar Fifa wirft mit Millionen nach Kritikern
20.03.2015, 19:13 Uhr
Fifa-Präsident Joseph Blatter hat lange darüber nachgedacht, wie er die Kritik an der Winter-WM in Katar abschwächen könnte. Die Lösung war ein dicker Scheck.
(Foto: dpa)
Die Winter-WM 2022 wirbelt den europäischen Spielkalender durcheinander. Um die laute Kritik der Klubs verstummen zu lassen, verdreifacht der Fußball-Weltverband Fifa deren Entschädigung. DFL-Boss Rauball klagt, die Vereine ließen sich kaufen.
Nach der Verlegung der Wüsten-WM 2022 in den Winter besänftigt die Fifa die Klubs mit Millionen - der deutsche Liga-Boss lässt sich aber nicht kaufen. "Die Entscheidung für Katar ist und bleibt ein großer Fehler der Fifa mit schwerwiegenden Folgen", sagte Ligapräsident Reinhard Rauball: "Daran ändern auch die nachträglich vorgenommenen einschneidenden Korrekturen nichts. Die wesentlichen Probleme bleiben bestehen."
Durch die Termindiskussion, die das Exekutivkomitee des Weltverbandes am Donnerstagabend mit der Bekanntgabe des Endspieldatums 18. Dezember (vierter Advent 2022) zu den Akten gelegt hatte, falle "das Thema der Menschenrechte und der unzumutbaren Arbeitsbedingungen auf den WM-Baustellen völlig unter den Tisch", sagte der 68 Jahre alte Präsident von Borussia Dortmund: "Das ist inakzeptabel. Der Weltfußball steht in der permanenten Verpflichtung, hier deutliche Verbesserungen anzumahnen."

DFL-Boss Reinhard Rauball würde lieber über Inhalte statt über Termine diskutieren.
(Foto: imago/Wolf P. Prange)
Die Verlegung in den November/Dezember "erfolgt größtenteils auf dem Rücken der Ligen und der Fans in Europa", sagte Rauball: "Allerdings haben wir in den vergangenen Wochen auch zur Kenntnis genommen, dass auch bei den Verantwortlichen in Europa wenig Bereitschaft bestanden hat, für essentielle Veränderungen zu kämpfen." Gefordert worden war nach dem Bekanntwerden der Winter-Pläne vor allem Geld - das die Fifa für mehr Ruhe wohl sehr gerne zahlt.
Bereits für die Endrunde 2018 in Russland steigen die Abstellungsgebühren an die Klubs um das dreifache auf jeweils 209 Millionen Dollar (umgerechnet 195 Millionen Euro). Für die WM 2014 in Brasilien waren 70 Millionen Dollar (65,6 Millionen Euro) ausgeschüttet worden.
Blatter-Show in Zürich
"In seriösen und fairen Verhandlungen hat sich die ECA (europäische Klubvertretung, d. Red.) mit der Fifa auf eine transparente wirtschaftliche und organisatorische Zusammenarbeit bis 2022 verständigt", sagte Bayern Münchens Vorstands-Boss Karl-Heinz Rummenigge, Vorsitzender der ECA. Die Klubs bekommen nun auch "Mitbestimmungsrechte bei der Gestaltung des internationalen Kalenders". Fifa-Präsident Joseph Blatter freute sich über einen "Riesenschritt" in der Zusammenarbeit mit den Vereinen, die noch viel zu tun haben.
Trotz aller Krisen des Fußball-Weltverbands lautete die Botschaft aus der Fifa-Zentrale insgesamt: Für Blatter und Co. existieren keine Probleme. Tote in Katar? Krieg in der Ukraine? Herausforderer bei der Wahl im Sommer? Der Fifa-Boss wischte alle Zweifel beiseite. Es war wieder einmal eine große Blatter-Show.
"Ich führe keine Wahlkampagne, ich mache meinen Job als Präsident", sagte der 79-jährige Schweizer etwa, als er nach seinen Vorstellungen für die Präsidenten-Wahl am 29. Mai in Zürich gefragt wurde. Die drei Gegenkandidaten Prinz Ali bin Al Hussein (39), Luis Figo (42) und Michael van Praag (67) hatten zuvor eifrig die Werbetrommel gerührt. "Mein Manifest ist die Arbeit, die ich in den letzten Jahren für die Fifa geleistet habe", sagte Blatter. Und die ist, meint der Fifa-Boss, der seit 40 Jahren für den Weltfußball arbeitet, exzellent.
Aufpasser für Katar-WM
So gebe es inzwischen auch kaum noch Kritik an den Arbeitsbedingungen auf den WM-Baustellen in Katar, versicherte Blatter. Berichte über menschenunwürdige Zustände auf Baustellen im WM-Gastgeberland hatten in den vergangenen Jahren Empörung ausgelöst. Tausende Arbeiter sind Menschenrechtsorganisationen zufolge an den Folgen sklavereiähnlicher Bedingungen gestorben.
"Wir haben beruhigende, positive Informationen erhalten. Katar spielt mit offenen Karten, es gibt eine Politik der offenen Tür", sagte er. Der Weltverband wird auf Bitten des Emirs wohl jemanden in das Wüstenemirat entsenden, der die Fortschritte ständig überwacht.
Ein waches Auge habe der Weltverband zwar auf Russland, Gastgeber von 2018 - mehr aber auch nicht. Forderungen nach einem WM-Entzug wies Blatter kategorisch zurück: "Die WM wird in Russland stattfinden. Das ist sicher. Ein Boykott einer WM oder irgendeiner Sportveranstaltung führte noch nie zu einer Lösung."
Quelle: ntv.de, cwo/sid