Fußball

"Ich werde immer wütender" Final-Chaos schürt heftigen politischen Zorn

Das Champions-League-Finale wurde verspätet angepfiffen.

Das Champions-League-Finale wurde verspätet angepfiffen.

(Foto: AP)

Vor dem Endspiel der Champions League kommt es zu chaotischen Szenen: Fans versuchen ohne oder mit gefälschten Tickets ins Stadion zu gelangen, die Polizei reagiert scharf, der Anstoß verzögert sich. Zwischen Frankreich und England gibt es Schuldzuweisungen.

Liverpools Bürgermeisterin Joanne Anderson hat das Vorgehen der französischen Polizei gegen britische Fans beim Champions-League-Finale in Paris als "überaus widerlich" kritisiert. Die Polizei sei "wirklich brutal" vorgegangen, zudem sei die Organisation des Fußballspiels "chaotisch" gewesen, sagte Anderson, die selbst im Stadion war, an diesem Montag der BBC. Die Liverpool-Anhänger müssten eine Entschuldigung erhalten. "Unsere Fans wurden in Bezug auf ihr Verhalten stereotypisiert. Ich werde immer wütender, je mehr Geschichten ich höre", sagte Anderson. "Fans müssen mit mehr Respekt behandelt werden."

Zuvor hatte die Bürgermeisterin bereits angekündigt, sie werde bei der britischen Außenministerin Liz Truss Antworten der UEFA und beim französischen Präsidenten Emmanuel Macron eine Untersuchung der Vorfälle einfordern. "Es ist eine Schande, den Fans die Schuld zu geben", twitterte Anderson. Auch Fanvertreter kritisieren eine einseitige Darstellung der UEFA. "Die Fans sind hier die Opfer eines Versagens der Organisation und sicherlich nicht die Schuldigen", sagte Ronan Evain vom Fanbündnis Football Supporters Europe (FSE) der ARD-"Sportschau". "Sie tragen keine Verantwortung für das Fiasko."

Scharfe Kritik an den Vorfällen gab es auch aus der britischen Regierung: "Ich war von diesen Bildern entsetzt, dass die französische Polizei Pfefferspray gegen Fans einsetzte, darunter Kinder und Behinderte", sagte Staatssekretär Chris Philp Sky News. "Und von den Bildern, die ich gesehen habe, gab es keine offensichtliche Rechtfertigung für diese Art von Verhalten." Die Europäische Fußball-Union UEFA müsse dieses Vorgehen dringend untersuchen, forderte Philp aus dem für Sport zuständigen Kulturministerium.

Die Polizei in Paris registrierte rund um das Finale zwischen FC Liverpool und Real Madrid mehr als 100 Festnahmen und 230 Verletzte. Die UEFA erklärte das Chaos beim Einlass durch das hohe Aufkommen von Fans ohne gültige Tickets. Die Drehkreuze am Eingang für Liverpool-Fans seien blockiert gewesen, weil Tausende Anhänger mit gefälschten Tickets diese nicht passieren konnten.

"UEFA und Behörden sollten sich schämen"

Frankreichs Sportministerin Amélie Oudéa-Castéra hatte die Verantwortung vor allem auf die britischen Fußballfans geschoben. 30.000 bis 40.000 seien ohne Ticket oder mit gefälschten Tickets zum Stade de France gedrängt und hätten dort für massive Sicherheitsprobleme gesorgt, sagte die Ministerin dem Sender RTL in Paris. Geklärt werden müsse noch, wo die gefälschten Tickets in derart hoher Zahl herkamen. Die Ministerin warf dem FC Liverpool außerdem vor, sich anders als Real Madrid nicht gut um die Begleitung seiner Fans gekümmert und diese sich selber überlassen zu haben. Die Ministerin bedauerte den Einsatz von Tränengas, von dem auch unbeteiligte Fans, Familien und Kinder betroffen waren.

Innenminister Gérald Darmanin verteidigtederweil das Handeln der Polizei. "Die getroffenen Entscheidungen haben Tote verhindert", sagte er nach Beratungen mit Sportministerin Oudéa-Castéra und weiteren Verantwortlichen. "Mit dem Aufheben der äußeren ersten Zugangskontrolle habe man verhindert, dass Menschen zerquetscht worden seien", erklärte Darmanin. Liverpools Bürgermeisterin Joanne Anderson hielt dem entgegen, die Polizei sei "wirklich brutal" vorgegangen.

Der Liverpooler Parlamentsabgeordnete Ian Byrne zeigte sich entsetzt. "Wir sind zurück in der Zeit von 1989, als Lügen und Verleumdungen über Hillsborough sehr schnell verbreitet wurden und dieses Narrativ gesetzt wurde", sagte Byrne dem Sender Sky News. Bei der Katastrophe von Hillsborough 1989 wurden 97 Liverpool-Fans getötet und Hunderte verletzt, als zu viele Anhänger während des Halbfinalspiels um den FA Cup zwischen Liverpool und Nottingham Forest im Hillsborough Stadium in Sheffield in einen Block strömten. Die Polizei gab Hooligans die Schuld. Doch später wurde bekannt, dass die Sicherheitskräfte schwere Fehler gemacht hatten.

Der Labour-Politiker Byrne sagte mit Blick auf das Finale in Paris, er sei "völlig entsetzt" gewesen. "Da waren Leute, die seit dreieinhalb Stunden (auf den Einlass) warteten, die eingekesselt wurden, gegen die Pfefferspray und Tränengas eingesetzt wurde - dies war ein Fußballanlass", sagte der Politiker. "Die UEFA und die französischen Behörden sollten sich schämen, was am Samstagabend passiert ist." Liverpool verlor das Endspiel gegen Real Madrid mit 0:1.

Quelle: ntv.de, ter/dpa

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