Fußball

Tore, Emotionen, Hoffnungsträger Füllkrug wird zur DFB-Lebensversicherung

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Füllkrug steht für den Aufschwung des DFB-Teams.

(Foto: picture alliance/dpa)

Fünf Länderspiele, fünf Tore: Niclas Füllkrug schlägt als Torjäger voll ein im DFB-Team. Der 30-Jährige ist ein Spätberufener bei Hansi Flick, hat in den letzten Monaten eine erstaunliche Entwicklung hinter sich. Das DFB-Team profitiert aber längst nicht nur von seiner Zuverlässigkeit vor dem Tor.

Wieder zwei Tore mehr auf dem Konto. Das gilt für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, das gilt aber genauso für Niclas Füllkrug. Der Stürmer schießt beim 2:0-Sieg im Länderspiel gegen Peru beide Tore (12./33.) und hat nun genauso viele Spiele wie Treffer - fünf. Eine beeindruckende Bilanz, eine, die auch Hansi Flick Freude bereitet. "Er hat die Treffer im Stile eines Torjägers, einer Neun gemacht", sagt der Bundestrainer nach der Partie in Mainz. Füllkrug ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass der Neustart nach dem WM-Desaster glückt.

Der Profi von Werder Bremen, dessen Spitzname "Lücke" lautet, füllt wunderbar eine lange klaffende Leerstelle im DFB-Team. Nach Miroslav Klose hat Deutschland erstmals wieder einen treffsicheren Mittelstürmer. Füllkrug ist in Windeseile zum Fanliebling gereift, nach seinen Einwechslungen bei der WM, aus der er als einziger im deutschen Team gestärkt hervorgeht, steht er gegen Peru erstmals in der Startelf. Gemeinsam mit Timo Werner bildet er eine Doppelspitze - und stiehlt dem Leipziger spielend leicht die Show. Bei seiner Auswechslung nach 75 Minuten wird er vom Publikum gefeiert. Er ist der Matchwinner, der neue Held - sieht seine Position selbst aber deutlich bescheidener: "Es ging darum, einen guten Start zu haben. Ich bekomme hier meine Situationen im Strafraum. Toll, dass ich hier schon so eingebunden bin."

Füllkrugs Monate auf der Überholspur

Nach einer Ecke scheitert er in der 11. Minute noch mit einem Kopfball an Perus Torhüter Pedro Gallese, doch nur eine Minute später überwindet er ihn erstmals. Havertz nimmt einen Diagonalball von Nico Schlotterbeck mit der Brust runter, der springt ihm etwas zu weit weg in Richtung Füllkrug. Beide sind in Schussposition, doch Füllkrug hat den schnelleren Fuß und netzt ein. 20 Minuten später schnürt er sein Doppelpack nach Vorlage von Debütant Marius Wolf. Füllkrug läuft mit perfektem Timing ein und vollstreckt an Galles vorbei.

Obwohl er schon 30 Jahre alt ist, geht es für Füllkrug erst so richtig los. Vor einem Jahr spielt er mit Werder in der 2. Liga, gemeinsam mit seinem Sturmpartner Marvin Ducksch macht er sich als gefürchteter Torjäger einen Namen, schießt die Bremer zurück in die Bundesliga, trifft dort weiter, wird erstmals von Flick nominiert, darf mit zur WM und führt aktuell auch die Torschützenliste der Bundesliga an. Es sind Monate auf der Überholspur, nach vielen zähen Jahren.

Selbstbewusster Vergleich mit den Größten

Füllkrug, das ist ein Typ, der in der Bundesliga rar ist. Ein klassischer Mittelstürmer, ein Strafraumspezialist, mit 1,90 Meter Körpergröße schwer zu kontrollieren für die gegnerischen Verteidiger. Nach zähen Jahren, vorrangig in der 2. Liga, hat sich der gebürtige Hannoveraner hochgearbeitet. An Selbstbewusstsein mangelt es ihm nicht. "Ich glaube, die letzten Jahre haben gezeigt, dass ich auf meiner Position meine besten Jahre noch vor mir habe. Robert Lewandowski, Karim Benzema - um mich nicht mit ihnen zu vergleichen -, Harry Kane, sie sind in ihren besten Jahren, oder ihre besten Jahre liegen noch vor ihnen", sagte Füllkrug kürzlich gegenüber ESPN.

Füllkrug hat lange für den endgültigen Durchbruch gebraucht, doch seine Aussagen sind deutlich: Er ist gekommen, um zu bleiben. Bei Werder Bremen, für die er schon in der Jugend spielte und 2012 den Sprung zu den Profis schaffte, hat er noch einen Vertrag bis 2025. Seine 15 Tore und 5 Torvorlagen in der Liga, aber auch seine Auftritte im Nationaltrikot dürften ihn längst für andere Vereine interessant machen.

Rasanter Aufstieg zum Fanliebling

Dazu trägt auch seine lockere Art bei. Sich selbst und Sturmpartner Ducksch bezeichnete er als "hässliche Vögel" und feiert den Aufstieg der Bremer mit einem Bengalo im Fanblock - wofür er zahlen musste. Auf eine Frage von DAZN-Reporterin Laura Wontorra, die nach dem Sieg gegen Hertha BSC im Dezember 2022 über "die wirklich wichtigen Dinge" sprechen wollte und damit seine WM-Chancen meinte, antwortete er gut gelaunt und schlagfertig: "Meinem Kind geht's gut." Füllkrug wirkt nicht wie der geleckte, aalglatte Profi, der aus seiner relativ kurzen Karrierezeit das höchstmögliche finanziell herausholen möchte. Ihm sind Follower auf Instagram oder sein Aussehen offensichtlich weniger wichtig als seine Familie und eben der Spaß am Fußballspielen.

Das macht ihn innerhalb kürzester Zeit zum Fanliebling auch im DFB-Team. Natürlich feiern die Anhänger ihn für seine Tore, aber sie feiern ihn auch, weil er ein Typ ist. Einer, der sich nicht verbiegen lässt. Einer, der seinen Aufschwung nicht als selbstverständlich nimmt. Einer, der sein Team, aber auch die Fans emotional mitreißt. "Niclas ist sehr selbstbewusst, möchte gewinnen, kann die Mannschaft mitziehen, ihr sehr viel positive Energie geben", sagt Flick lobend.

Das macht ihn auch für den DFB absolut wichtig. Nach dem WM-Desaster ist die Kritik am Verband wie am Team gleichermaßen immens. Nebenkriegsschauplätze wie der Binden-Streit überlagern das Spiel auf dem Rasen. Der Verband braucht Figuren wie Füllkrug, der die Fans begeistert. Der sie an das Gute glauben lässt.

Flick lobt und bremst Euphorie

Und der eben zuverlässig trifft - damit den Erfolg gegen Peru bringt. Für einen Moment sieht es sogar so aus, als würde er seinen zwei Toren noch ein drittes hinzufügen wollen. Als Schiedsrichterin Maria Sole Caputi aus Italien auf Elfmeter entscheidet, schnappt sich Füllkrug den Ball. Doch nur, "um ihn Kai (Havertz, Anm.d.Red.) zu geben". Er erklärt: "Kai war als erster Schütze eingetragen." Der Chelsea-Offensivmann setzt den Strafstoß in der 68. Minute aber nur an den Pfosten. Füllkrug trägt es mit Fassung. Er ist auch ohne dritten Treffer der Matchwinner.

Dabei bremst Flick die Euphorie etwas: "Es gab auch einige Situationen, in denen ich nicht so zufrieden mit ihm war." Denn der 30-Jährige ist kein Edeltechniker, keiner, der immer alles über das schöne Spiel lösen kann. Flick kreidet ihm so manchen Ballverlust an. Auch das wird Füllkrug mit Fassung tragen. Besser machen kann er es schon am Dienstag, dann wartet mit Belgien ein deutlich stärker einzuschätzender Gegner. Flick wird trotz der kleinen Kritik wieder auf ihn setzen.

Quelle: ntv.de

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