Wirtschaftsbosse verlieren die Geduld Für Hoeneß wird die Luft dünn
29.04.2013, 02:36 Uhr
Uli Hoeneß im Gespräch mit Adidas-Boss Herbert Hainer: Noch sagt es keiner öffentlich, doch die Sponsoren des FC Bayern erkennen in der Steueraffäre zunehmend ein Problem.
(Foto: dpa)
Uli Hoeneß ist "Mr. Bayern". Der Aufsichtsratschef und Präsident ist seit Jahrzehnten Dreh- und Angelpunkt beim FC Bayern München. Doch mit der Steueraffäre verliert er zunehmend an Ansehen. Seine Seilschaften im Verein tangiert das bislang noch nicht. Doch die Herren mit dem großen Geld wollen Hoeneß jetzt loswerden. Lange wird er sich nicht mehr wehren können.
Seit etwa einer Woche weiß die Republik von den Schattenseiten des Uli Hoeneß. Von der Selbstanzeige, von der Steuerhinterziehung in gigantischer Höhe, von den Börsenzockereien, seiner Schwäche fürs große Geld. Und seit etwa einer Woche fragt sich die Öffentlichkeit: Wie wird diese Sache für den von so vielen Menschen geachteten, aber von mindestens ebenso vielen Menschen gehassten Fußball-Funktionär ausgehen? Für den Mann, der bisher trotzig alle Anfeindungen gegen sich überstanden hat?
Juristisch betrachtet ist für die Beantwortung dieser Frage die Staatsanwaltschaft München zuständig. Diese ermittelt gegen Hoeneß in der Steuersache - und zwar, wie jetzt herauskam, wegen der eigenen Schlampigkeit des Bayern-Präsidenten: Wie der "Spiegel" berichtet, schaltete sich die Staatsanwaltschaft Anfang des Jahres nur ein, weil die Selbstanzeige Hoeneß' formale Fehler enthielt. Unter Zeitdruck soll Hoeneß' Steuerberater das Schreiben verfasst haben.
Hoeneß hatte es eilig. Er soll von der Schweizer Bank Vontobel, die das fragliche Geld verwaltet, einen Tipp bekommen haben. Journalisten des "Stern" haben Erkundigungen bei dem Züricher Geldinstitut eingeholt. Man recherchiere nach einem Prominenten aus der Sportwelt: "Da stellt einer blöde Fragen, nur dass Sie es wissen", soll ein Banker durchgegeben haben. Hoeneß verlor die Nerven und brachte mit der hastig zusammengeschusterten und nicht wasserdichten Selbstanzeige den Stein ins Rollen.
Lange sehen sich die Bosse das nicht mehr mit an

Soll Uli Hoeneß seine Ämter ruhen lassen?
Die handwerklichen Schnitzer seines Steuerberaters bringen Hoeneß jetzt Probleme: Die Öffentlichkeit hat von seinen finanziellen Eskapaden Wind bekommen. Ob sie auch die Straffreiheit für Hoeneß gefährden, ist ungewiss. Entscheidend ist hierfür di e Frage, ob die Behörden Hoeneß' Steuerhinterziehung schon vorher auf die Schliche gekommen sind. Und das ist nach wie vor unklar. I mmer wieder ist die Rede von Steuer-CDs, auf denen er befürchtet hatte, dass Steuerfahnder seinen Namen finden. Berichte darüber, dass die Münchener Staatsanwaltschaft über einen von Nordrhein-Westfalen gekauften Datenträger schon im Sommer 2012 von Hoeneß' Finanzgebaren erfahren hat, haben sich nicht bewahrheitet.
Ob seine Selbstanzeige rechtzeitig eingegangen ist, damit beschäftigen sich nun Anwälte, Ankläger und Richter. Über die berufliche Zukunft des Uli Hoeneß jedoch urteilen andere. Der Druck auf Uli Hoeneß, seine Ämter beim FC Bayern München aufzugeben, wächst mit jedem Tag. So soll es eine Strömung innerhalb des neunköpfigen Aufsichtsrats des Klubs geben, die Hoeneß zur Aufgabe bewegen will. Es sind im Wesentlichen die Unternehmenslenker der vertretenen Konzerne - allesamt Dax-Multis und Sponsoren des Bundesligisten. Sie fürchten, dass der Fall Hoeneß zum Imageschaden für ihre Firmen wird.
Angeblich soll es schnell gehen. Hartnäckig verbreitete sich am Wochenende das Gerücht, dass schon am Montag über Hoeneß im Aufsichtsrat beraten wird. Hoeneß selbst reagierte ungehalten: "Das ist totaler Blödsinn", sagte er der "Südde utschen Zeitung". "Die nächste Aufsichtsratssitzung findet wie geplant am 6. Mai statt, das steht schon seit vorigem November fest – und bis dahin passiert überhaupt nichts." Normalerweise müsste man Hoeneß glauben. Er wird am besten wissen, wann Entscheidungen im Aufsichtsrat anstehen. Er ist der Vorsitzende des Gremiums. Doch es liegt ein Putsch in der Luft. Schließlich sind Audi, Adidas, Telekom & Co. die mit dem Geld.
Hoeneß wird es nicht darauf ankommen lassen
Noch will keiner die Speerspitze der Revolution bilden. Öffentliche Statements der Konzerne sind rar. Nur Audi-Chef Rupert Stadler lässt verbreiten: "Audi ist der Überzeugung, dass nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg nur sichergestellt werden kann, wenn Regeln und Normen konsequent befolgt werden. Wir stehen für ein achtbares, ehrliches und regelkonformes Verhalten im Geschäftsalltag." Ein reichlich verklausulierter Text aus der Feder der Pressestelle. Sie bedeutet aber nicht weniger als: Wenn Hoeneß im Privaten den Fiskus betrogen hat, dann ist er im Beruf nicht mehr zu halten. Da helfen dann auch die vielen Treueschwüre seiner Kumpels beim FC Bayern nichts mehr.
Denn bislang gilt noch: Die Bayern-Seilschaften halten. Im Detail kommentiert niemand die Steuerhinterziehungsvorwürfe. Aber persönlich springen Hoeneß alle wichtigen Personen verbal bei. Sportvorstand Matthias Sammer etwa sagte: "Ich werde immer an seiner Seite sein. Für mich steht der Mensch im Mittelpunkt. Er wird sich auf mich verlassen können, ganz klar." Auch Trainer Jupp Heynckes, Klubchef Karl-Heinz Rummenigge - neuerdings selbst im Zwielicht - und Bayern-Übervater Franz Beckenbauer äußerten sich zuletzt solidarisch. Doch wenn die Großen aus der Wirtschaft drohen, den Geldhahn zuzudrehen, werden auch sie verstummen.
Zum einem solchen Showdown wird es vermutlich nicht kommen. Denn Hoeneß, der bislang keine Anstalten macht, seinen Posten freiwillig zu räumen, wird wohl einlenken. Zu groß die Gefahr, dass er sein Lebenswerk vermasselt. Und zu heftig wird der Druck auf ihn steigen. Und dann wird auch der "Mr. Bayern" erkennen, dass es seinem Verein zumindest vorerst ohne ihn besser ergeht. Auch wenn ein Rücktritt dem ewigen Trotzkopf Hoeneß nicht leicht fallen wird.
Quelle: ntv.de, mit dpa