Liverpool trifft auf ManCity Für Klopps Not-Abwehr wird's jetzt spannend
08.11.2020, 09:05 Uhr
Joe Gomez und der zurückgekehrte Torhüter Alisson Becker stehen mit der Liverpooler Hintermannschaft vor der ganz großen Prüfung.
(Foto: imago images/Colorsport)
Gegen Manchester City steht die Abwehr des englischen Fußball-Meisters FC Liverpool im Fokus. Die Defensive im Premier-League-Team von Trainer Jürgen Klopp ist zuletzt brüchig geworden. Die Verletzung von Virgil van Dijk reicht als Erklärung nicht aus.
Die Misere nahm ihren Anfang beim bisher letzten Aufeinandertreffen. Vor vier Monaten war der FC Liverpool zu Gast bei Manchester City, es war die erste Partie nach der vorzeitigen Meisterschaftsentscheidung für den Klub von Trainer Jürgen Klopp, entsprechend verkatert präsentierte sich die Mannschaft. 0:4 hieß es am Ende aus Sicht des neuen gegen den alten Titelträger.
Seitdem kamen noch ein paar Spiele dazu, in denen nichts mehr zu sehen war von der Defensivstärke, die den FC Liverpool in den vergangenen beiden Jahren ausgezeichnet hatte und entscheidend war bei der Besteigung des englischen Fußball-Throns. Beim 5:3 im Juli gegen den FC Chelsea und beim 4:3 zum Start der neuen Saison gegen Aufsteiger Leeds United Mitte September gab es jeweils drei Gegentore. Sogar sieben waren es beim epischen 2:7 vor zwei Monaten bei Aston Villa.
Vor diesem Wochenende, das in England am Sonntag mit der Wiedersehen von Klopps Champions mit Manchester City (17.30 Uhr im Liveticker auf ntv.de) gekrönt wird, galt deshalb diese Statistik: Seit Liverpools feststehender Meisterschaft hat kein Team in der Premier League mehr Tore kassiert als Liverpool selbst. Es spricht für den zerfahrenen Charakter dieser unberechenbaren Corona-Saison, dass die Mannschaft trotz ihrer Defensiv-Malaise durch den 2:1-Erfolg gegen West Ham United vergangenen Samstag zum ersten Mal in dieser Spielzeit die Tabellenführung übernahm und zu diesem frühen Zeitpunkt gut im Rennen liegt beim Projekt Titelverteidigung.
Van Dijks Ausfall ist ein Wendepunkt
Es wäre zu einfach, die Mängel in der Verteidigung auf den Langzeit-Ausfall von Virgil van Dijk zu schieben, der so viel mehr ist als Liverpools Abwehrchef. Er ist das Herz des gesamten Gefüges. Zu einfach deshalb, weil er bei einem Großteil der Gegentor-Flut selbst noch auf dem Platz stand, bis er vor drei Wochen gegen den FC Everton eine Kreuzband-Verletzung erlitt. Verantwortlich für die löchrige Defensive sind stattdessen verschiedene andere Faktoren.
Die Mannschaft hat einen Spannungsabfall erlitten nach dem Gewinn der Meisterschaft und ohne Zuschauer in Englands Stadien. Die Abwehr wirkt oft weniger konzentriert als gewohnt und hat in der jüngeren Vergangenheit erstaunlich viele individuelle Fehler gemacht. Van Dijk patzte gegen Leeds, Andrew Robertson gegen Arsenal, Ersatztorwart Adrián, der zwischenzeitlich den verletzten Alisson vertrat, leitete das Debakel bei Aston Villa mit einem Fehlpass ein, zuletzt legte Joe Gomez dem Gegner gegen West Ham einen Treffer auf. Außerdem wurde Liverpool ein strukturelles Markenzeichen mehrfach zum Verhängnis, nämlich die hoch stehende Abwehr. Einige Gegner schafften es immer wieder, die Verteidigung des Meisters mit schnellen Kontern auszuhebeln.
Eine der Stärken von Klopps Mannschaft ist es allerdings, sich Krisen und Rückschlägen zu widersetzen, und so war zuletzt auch bei der Abwehr-Problematik Besserung zu erkennen, paradoxerweise nach van Dijks Ausfall. In den fünf Partien ohne ihn in allen Wettbewerben gab es fünf Siege und nur zwei Gegentore. Auch die Verletzung des aushilfsweise zum Abwehrchef umfunktionierten Fabinho konnte die Mannschaft auffangen.
Riskante Strategie rächt sich noch nicht
Im Moment führt der englische Nationalspieler Gomez, 23, die Verteidigung an. An seiner Seite spielt entweder der Ex-Stuttgarter Nathaniel Philipps, ebenfalls 23, oder Rhys Williams, 19. Liverpools riskante Strategie, den erfahrenen Backup Dejan Lovren im Sommer nach St. Petersburg abzugeben und keinen zusätzlichen Innenverteidiger zu verpflichten, sie rächte sich bislang nicht.
Trainer Klopp ist begeistert davon, wie sich seine junge Not-Abwehr schlägt. Wie immer ist für ihn das Kollektiv der Schlüssel zum Erfolg. "Virg ist nicht mehr da, das bedeutet, dass wir die Verantwortung auf zehn Schultern verteilen müssen. Dann kann es funktionieren", sagte er unter der Woche nach dem 5:0 gegen Atalanta in der Champions League. Die Bilanz in diesem Wettbewerb für Liverpool: drei Spiele, drei Siege, drei "clean sheets", wie in England ein Zu-Null genannt wird. Ab sofort kann auch wieder Verantwortung auf die Schultern des zuletzt angeschlagenen Ex-Schalkers Joël Matip verteilt werden. Seine Rückkehr kommt genau zur rechten Zeit. Die Partie bei Manchester City wird die bisher schwerste Prüfung für Liverpools improvisierte Verteidigung.
Quelle: ntv.de