Showdown im Fußball-Klassenkampf Gladbach? Oder doch Bochum?
19.05.2011, 11:46 UhrDie Mannschaft der Stunde trifft auf die Aufstiegsexperten: Borussia Mönchengladbach spielt heute in der Relegation zur Fußball-Bundesliga gegen den VfL Bochum. Und gilt als hoher Favorit. Sagen die Experten. Dennoch gibt es gute Gründe, warum die zwei Begegnungen keine Selbstläufer werden. Schließlich heißt Bochums Trainer Friedhelm Funkel.

"Wir sind einfach besser und werden uns durchsetzen." Mönchengladbachs Marco Reus ist sich sicher, wie das mit der Relegation ausgeht.
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Fußball kann so einfach sein. Zwei Mannschaften, zwei Begegnungen – und der Sieger spielt in der kommenden Saison in Deutschlands höchster Liga. Also entweder weiterhin Borussia Mönchengladbach oder aber der Zweitligist VfL Bochum. Klingt spannend, ist es auch. Relegation heißt das Ganze, heute geht es los. Beide Partien sind ausverkauft und werden live in 182 Länder übertragen. 54.057 Zuschauer werden ab 20.30 Uhr im Borussia-Park dabei sein, 30.748 am kommenden Mittwoch beim Rückspiel im Bochumer Ruhrstadion.
Doch nicht alle Akteure sind restlos begeistert. Ganz einfach, weil viel auf dem Spiel steht. Besonders Bochums Trainer Friedhelm Funkel hadert mit der Situation. "Unsäglich" findet er es, dass die Deutsche Fußball-Liga vor zwei Jahren die Relegation wieder eingeführt hat. Das ist von daher verständlich, als dass sie dem Zweitligisten zum Nachteil gereicht. Schließlich wäre Funkels VfL ansonsten als Tabellendritter direkt aufgestiegen. Und Mönchengladbach als Drittletzter der ersten Liga direkt ab.
Nun aber bekommen es die Bochumer mit einem Gegner zu tun, der, wenn es eine Tabelle gäbe, die nur die Rückrunde berücksichtigt, dort den siebten Platz belegen würde. Dementsprechend optimistisch gehen die Borussen das Unternehmen an. "Wir sind einfach besser und werden uns durchsetzen", sagt Nationalspieler Marco Reus. Und auch die Statistik spricht für die Gladbacher. In bisher zwölf Relegationsspielen seit 1982 setzte sich acht Mal der Erstligist durch. Dennoch wissen weder Herr Reus noch wir, wie es tatsächlich ausgeht. Eine Prognose wagen wir trotzdem.
Drei Gründe, warum es Mönchengladbach schafft

Et läuft: Nicht einmal die optimistischsten Gladbach-Fans hätten noch vor Wochen geglaubt, dass ihr Team diesen letzten Strohhalm überhaupt nochmal zu greifen bekommt.
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AUFWÄRTSTREND. Als Lucien Favre am 23. Spieltag die Fohlen übernahm, trennten sie vom Relegationsplatz sieben Punkte. Außerdem hüteten Christofer Heimeroth und Logan Bailly – beide durften sich unter Michael Frontzeck im Tor versuchen – die Schießbude der Liga. Der Schweizer stellte die Mannschaft taktisch um, stabilisierte die Defensivarbeit und zog mit dem jungen Keeper Marc-André ter Stegen ein As aus dem Ärmel. Die große Aufholjagd begann und Gladbach mauserte sich zur siebtbesten Rückrundenmannschaft, die sich schließlich am letzten Spieltag den Relegationsplatz sicherte. Nicht einmal die optimistischsten Gladbach-Fans hätten noch vor Wochen geglaubt, dass ihr Team diesen letzten Strohhalm überhaupt nochmal zu greifen bekommt. Die Borussia ist seit vier Spielen ungeschlagen. Die Serie wird auch gegen Aufstiegsspezialist Friedhelm Funkel und seine Bochumer nicht reißen.
QUALITÄT. Im Vergleich mit den Bochumern verfügt Gladbach über den erfahreneren und deutlich besser besetzten Kader. Die Abwehr hält der 56-fache österreichische Nationalspieler Martin Stranzl zusammen, der 157 Bundesligaspiele auf dem Buckel hat. Mittelfeldspieler Juan Arango hat nicht nur einen Schuss wie ein Pferd, sondern schon sage und schreibe 92 Partien für sein Heimatland Venezuela absolviert. Und Marco Reus, der noch viel besser dribbeln kann als sein Vor- und Doppelgänger Marko Marin, steht auf dem Einkaufszettel der Bayern ganz weit oben. Keine Chance also für die Bochumer Grünschnäbel Björn Kopplin und Matthias Ostrzolek, die als Außenverteidiger gegen Reus ihr blaues Wunder erleben werden. Und gegen Mo Idrissou.
MO IDRISSOU. Wenn ein Spieler in der Relegation das Zeug für magische Momente hat, dann Mo Idrissou. Das weiß der Kameruner auch selbst und deshalb kündigte er während der vergangenen Saison, damals noch als Freiburger, an, im kommenden Jahr in der Champions League zu spielen. In diesem Jahr hat es noch nicht geklappt. In der Relegation kann er aber die Vorarbeit leisten, um nächstes Jahr in der Bundesliga die Vorarbeit dafür leisten zu können, im übernächsten Jahr in der Königsklasse Abwehrspielern wie Ricardo Carvalho, Rio Ferdinand oder Piqué das Fürchten zu lehren - wobei sich Idrissou jetzt schon mindestens auf Augenhöhe mit ihnen bewegt. Ein Mann muss schließlich zu seinem Wort stehen. Ansonsten bliebe wieder nur die Playstation.
Drei Gründe, warum es der VfL Bochum schafft

Die Rückrunde des VfL Bochum war so schlecht auch nicht: Ginge es nur nach diesen 37 Punkten aus 17 Spielen, wären die Bochumer Tabellenzweiter.
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FRIEDHELM FUNKEL. Wenn sich einer mit Aufstiegen auskennt, dann er. Fünfmal hat er das als Trainer schon geschafft: 1992 und 1994 mit Bayer Uerdingen, 1996 mit dem MSV Duisburg, 2003 mit dem 1. FC Köln, 2005 mit Eintracht Frankfurt – und nun folgt mit dem VfL Bochum der sechste Streich. Das ist der Verein, der bisher nach seinen fünf Abstiegen aus der Bundesliga jedes Mal gleich wieder aufgestiegen ist. Funkel ist der richtige Mann am richtigen Ort zur richtigen Zeit. Wenn es brenzlig wird, bleibt er ruhig. Und das überträgt sich auf die Spieler. Denn eine Relegation übersteht nicht unbedingt die Mannschaft, die den besseren Fußball spielt. Sondern die mit den stärkeren Nerven. Klarer Vorteil für Bochum.
ANGSTGEGNER. Einen Gegner, der ihnen besser liegt, hätten die Bochumer für die beiden K.o.-Spiele gar nicht bekommen können. Und den Experten, die sagen, Mönchengladbach sei im Aufwind, von wegen grandioser Rückrunde und so, denen sei gesagt: Ihr kennt nicht die ganze Geschichte. 15-mal in Folge hat die Borussia nicht gegen Bochum gewonnen. Achtmal endeten die Partien in Liga eins und zwei Remis - siebenmal gewann Bochum. Der letzte Sieg in einem Pflichtspiel datiert vom 27. Oktober 1998, als Mönchengladbach im Achtelfinale des DFB-Pokals mit 1:0 die Oberhand behielt. Da hieß der Bochumer Trainer noch Klaus Toppmöller. Und auf der Gladbacher Bank saß Friedel Rausch. Noch Fragen?
FAVORITENBÜRDE. Zugegeben, die Rückrunde der Gladbacher war wirklich nicht schlecht. Nach nur zehn Punkten und Tabellenplatz 18 in der Hinrunde hätte niemand - auch die Experten nicht - mehr damit gerechnet, dass die Borussia noch einmal die Chance bekommt, ernsthaft in den Kampf um den Klassenerhalt einzugreifen. Das war die Chance. Der VfL vom linken Niederrhein war in jedem Spiel der Außenseiter. Und genau das ist jetzt das Problem. Gegen den VfL Bochum ist Mönchengladbach auf einmal der Favorit. Das glaubt Marco Reus, das glauben die Experten. Und auch Friedhelm Funkel, der alte Fuchs, sagt: "Von zehn Relegationen gewinnt der Erstligist acht." Aber nicht gegen Friedhelm Funkel. Abgesehen davon: Die Rückrunde des VfL Bochum war so schlecht auch nicht. Ginge es nur nach diesen 37 Punkten aus 17 Spielen, wären die Bochumer Tabellenzweiter. Und müssten jetzt nicht gegen Mönchengladbach spielen. Als Außenseiter natürlich.
Borussia Mönchengladbach - VfL Bochum, 20.30 Uhr
Bochum: Luthe - Kopplin, Maltritz, Yahia, Ostrzolek - Dabrowski - Johansson, Toski - Freier, Aydin, Korkmaz. - Trainer: Funkel
Mönchengladbach: Ter Stegen - Jantschke, Stranzl, Dante, Daems - Nordtveit, Neustädter - Reus, Arango - Hanke, Idrissou. – Trainer: Favre
Schiedsrichter: Günter Perl (München)
Quelle: ntv.de