Fußball

Rangers-Stadion Ibrox Glasgow fühlt sich für BVB wie blaues Zuhause an

Das Ibrox Stadium ist der kleine Bruder des Dortmunder Stadions.

Das Ibrox Stadium ist der kleine Bruder des Dortmunder Stadions.

(Foto: imago images/Shutterstock)

Das Ibrox Stadium der Rangers gehört zu den stimmungsvollsten Spielstätten des Weltfußballs. Nach mehreren Katastrophen wurde es Ende der 1970er Jahre fast komplett neu gebaut und war seiner Zeit voraus. Als Vorlage diente: das Westfalenstadion von Europa-League-Gegner Borussia Dortmund.

Die Farbe ist natürlich ein Problem. Die Sitzschalen im Ibrox Stadium in Glasgow, wo Borussia Dortmund am Abend (21 Uhr/ Live bei RTL, RTL+ und im Liveticker auf ntv.de) gegen die Rangers nach dem Hinspiel-2:4 das Aus in der Europa League verhindern will - sie sind blau. Blau ist die Farbe der schottischen Gastgeber, aber es ist bekanntlich auch die Farbe des Dortmunder Erzrivalen Schalke 04. Blau ist eine verbotene Farbe im BVB-Kosmos.

Abgesehen davon dürften sich die deutschen Besucher in Ibrox allerdings wie zuhause fühlen, ein bisschen zumindest. Mit der Kasten-Form und den freistehenden Tribünen an jeder Seite des Spielfelds erinnert die Heimat der Rangers an das Westfalenstadion zu einer Zeit, als dieses auch offiziell noch Westfalenstadion hieß. Legt man Bilder der Spielstätten in Glasgow und Dortmund aus den 80ern und 90ern nebeneinander, ist eine verblüffende Ähnlichkeit zu erkennen. Das ist kein Zufall. Ibrox ist eine Art kleiner Bruder des Dortmunder Stadions. Die Spielstätte des BVB war einst die Vorlage für den Bau des Rangers-Stadions. Und stand damit Pate für eine Revolution.

Eine lange Geschichte von Tragödien

Um das nachzuvollziehen, muss man die dunkelsten Kapitel in der Geschichte der Rangers aufschlagen. Das frühere Stadion an gleicher Stelle mit einer Kapazität von zwischenzeitlich mehr als 100.000 Plätzen war Schauplatz mehrerer Tragödien. 1902 brach bei einem Spiel zwischen Schottland und England eine Holztribüne ein. Wie eine Falltür öffnete sich der Boden - so beschrieben es Zeitzeugen. 26 Menschen starben. 1961 kamen beim berüchtigten Old-Firm-Derby gegen den Glasgower Rivalen Celtic zwei Menschen ums Leben, als eine Absperrung auf dem Treppenaufgang mit der Unglückszahl 13 nachgab.

"Stairway 13" ist auch Synonym für die größte Tragödie von Ibrox. Bei einem Spiel gegen Celtic am 2. Januar 1971 starben im Gedränge auf der Treppe 66 Menschen. Ursache dafür war nicht etwa die Gewalt, die beim Old-Firm-Derby dazu gehörte in der Vergangenheit, sondern die Beschaffenheit von Ibrox. "Das Stadion hatte ein schlechtes Design, es war in einem schlechten Zustand, und es war überfüllt", sagt Simon Inglis im Gespräch mit ntv.de. Er ist Fachmann für britische Sport-Geschichte und Autor des Standardwerks "Football Grounds of Britain".

Die Tragödie von 1971 war der Wendepunkt für Ibrox, der Aufbruch in eine neue Zeit. Der Mann hinter dem Aufbruch hieß Willie Waddell, einst Rangers-Profi, zwischenzeitlich Sportjournalist und danach Geschäftsführer des Klubs. Er träumte von einem Stadion, das Maßstäbe setzte bei Sicherheit und Modernität. Inspiration fand er bei der Weltmeisterschaft 1974 in Deutschland. Vor allem das extra für das Turnier gebaute Westfalenstadion mit damals 54.000 Plätzen tat es ihm an. Es war die einzige WM-Spielstätte ohne Laufbahn, dafür mir fast vollständiger Überdachung der Tribünen. "Ihm gefiel, dass es ein neues Stadion war, das trotzdem den Charme britischer Stadien hatte. Außerdem hatte das Westfalenstadion offene Ecken. Das war damals wichtig, damit der Rasen Luft und Licht bekommt", sagt Fachmann Inglis. In Dortmund fand Waddell das Stadion des 21. Jahrhunderts.

Enorme Kosten, enormes Risiko

RB und BVB bei RTL

Das Playoff-Rückspiel zwischen Borussia Dortmund und Glasgow Rangers wird live und exklusiv im Free-TV bei RTL (Sendungsbeginn 20:15 Uhr, Anstoß 21 Uhr) und auf RTL+ übertragen. Der Streamingdienst von RTL Deutschland zeigt zudem acht Top-Spiele, darunter Real Sociedad San Sebastian vs. RB Leipzig (Anstoß 18:45 Uhr), der UEFA Europa League und der UEFA Europa Conference League als Einzelspiele und in der Konferenz.

Drei Jahre nach seiner Deutschland-Reise verkündete er den Umbau von Ibrox nach westfälischem Vorbild. An drei Seiten des Spielfeldes wurden neue Tribünen gebaut. Von der alten Version der Spielstätte blieb nur die Haupttribüne bestehen, ein Werk des legendären Stadion-Architekten Archibald Leitch, der unter anderem auch Old Trafford, Anfield und die Stamford Bridge baute. Die Haupttribüne ist auch heute noch das Herzstück von Ibrox mit der roten Backsteinfassade und dem Interieur mit klassischer Holzvertäfelung. Britischer geht es kaum, passend zu Identität des Klubs. Während Stadtrivale Celtic das Vereinigte Königreich ablehnt und mit dem irischen Nationalismus sympathisiert, sind die Rangers der Klub der Unionisten. Die Union-Jack-Flagge ist ihr Symbol.

Der Umbau veränderte Ibrox radikal. Willie Waddell ließ die Kapazität auf 44.000 senken und fast das ganze Stadion mit Sitzplätzen ausstatten. Außerdem kommerzialisierte er den Stadionbesuch. Inspiriert vom US-Sport gab es bei den Rangers schon in den 80ern Rangers-Burger und Rangers-Kartoffelchips. Das alles war damals noch ungewöhnlich im britischen Fußball. Waddell wollte Ibrox vom Schleier der Katastrophen befreien, indem er das Stadion neu erfand. Die Ausgaben dafür waren mit 10 Millionen Pfund enorm für die damalige Zeit, und das Risiko war es auch.

"Zunächst extrem unpopulär"

Denn das neue Ibrox, eröffnet im September 1981, kam schlecht an bei der Öffentlichkeit. Zu modern, keine Atmosphäre. In der ersten Saison fiel der Zuschauerschnitt auf auf 17.500. Dann kam die Katastrophe von Hillsborough im April 1989 mit fast 100 toten Liverpool-Fans und mit ihr der so genannte Taylor-Report. Dieser leitete eine umfassende Modernisierung der britischen Stadien und die Abschaffung der Stehplätze ein. Mit der Gründung der Premier League in England 1992 explodierte die Kommerzialisierung des Fußballs.

Ibrox war plötzlich seiner Zeit voraus. Alles, was in den 90ern Standard wurde in Großbritanniens Stadien, hatte es bei den Rangers schon zehn Jahre zuvor gegeben. Willie Waddells radikale Neuerungen erwiesen sich als prophetisch. Oder, wie Simon Inglis sagt: "Der Umbau von Ibrox war eine Revolution, die zunächst extrem unpopulär war. Die Entwicklungen der Jahre darauf gaben ihm Recht."

Es war ein persönlicher Triumph für Waddell, doch er konnte ihn nur kurz genießen. Er starb 1992 und erlebte nicht mehr, wie Englands Stadien flächendeckend modernisiert wurden - und wie das neue Ibrox den Ruf als eines der stimmungsvollsten Spielstätten im Weltfußball erlangte. Das angesehene Magazin "FourFourTwo" legte im vergangenen Jahr eine Rangliste der 100 besten Stadien Großbritanniens fest. Auf dem ersten Platz: Glasgows kleiner Bruder des Westfalenstadions.

Quelle: ntv.de

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