Fußball

Sechs Dinge, die wir am 2. Spieltag gelernt haben Guardiola glanzlos, BVB top, Schalke flop

Gerade aus, auf die rechte Seite, Ball holen, nach innen ziehen und Tor schießen: Bayerns Trainer Josep Guardiola erklärt Arjen Robben in Frankfurt, wo es lang geht.

Gerade aus, auf die rechte Seite, Ball holen, nach innen ziehen und Tor schießen: Bayerns Trainer Josep Guardiola erklärt Arjen Robben in Frankfurt, wo es lang geht.

(Foto: imago sportfotodienst)

Während Josep Guardiola mit dem FC Bayern zeigt, dass er auch Arbeitssieg kann, thront die Borussia aus Dortmund an der Tabellenspitze der Fußball-Bundesliga. Dank Jonas Hofmann. Derweil spielt Werder Bremen so, wie die DFB-Elf früher. Und Max Kruse zieht die Tarnkappe auf.

1. Pep Guardiola kann's auch profan

"Er hat unglaubliche Ideen", sagte Mittelfeld-Chef Bastian Schweinsteiger im ZDF über seinen Trainer Josep Guardiola. Wer das Spiel des FC Bayern bei der Eintracht in Frankfurt gesehen hat, muss sich fragen: Was für Ideen denn? Guardiola ließ Arjen Robben auf der Bank und Xherdan Shaqiri spielen, nun gut, auch unter Jupp Heynckes saß der Holländer manchmal draußen. Bayern kontrollierte das Spiel über viel Ballbesitz, aber auch das kann nicht verwundern. Trotzdem sahen die Fans im Frankfurter Stadion die größte Überraschung dieses zweiten Spieltages der Fußball-Bundesliga: Auch unter dem Zauberer Josep Guardiola gibt es schnöde Arbeitssiege.

"Wir wollten hier nicht schön spielen und Fußball zelebrieren. Wir wollten nur die drei Punkte", sagte Manuel Neuer. Eigentlich dachten wir, für so eine Aussage müsste ein Guardiola-Spieler 500 Euro in die Mannschaftskasse zahlen und drei Stunden lang Übersteiger üben. Aber nein, der spanische Trainer lobte seine Spieler auch noch: "Ich bin glücklich und zu 100 Prozent zufrieden." Wir hatten uns das ja anders vorgestellt mit den Bayern. Wenigstens einer erfüllt unsere Erwartungen. Matthias Sammer mahnt. Warum und wovor, muss hier nicht interessieren. Aber es stellt sicher, dass auch nach Arbeitssiegen immer wieder Gesprächsstoff da ist.

2. Eine Schonfrist gibt es nicht mehr

Läppische 150 Minuten alt war die Saison, da schallten die ersten "Bruno raus!"-Rufe durch das Stuttgarter Stadion. Beim Stand von 0:1 gegen die Heimmannschaft, die nicht gut spielte, aber gegen starke Leverkusener immerhin kämpfte. Sportvorstand Fredi Bobic sah keinen Grund, irgendwen zu schützen. "Irgendwann musst du punkten. Du willst kein Lob hören, sondern Punkte holen." Es wäre also gut für Labbadia, wenn er am nächsten Wochenende in Augsburg damit anfängt. Sonst macht das Trainerkarussell eine ganz frühe Runde. Zum Einsteigen ebenfalls bereit: Schalkes Jens Keller und Thorsten Fink.

"Ich bin nicht genervt, ich bin kampfeslustig": Hamburgs Trainer Torsten Fink, genervt.

"Ich bin nicht genervt, ich bin kampfeslustig": Hamburgs Trainer Torsten Fink, genervt.

(Foto: imago sportfotodienst)

Der ist sogar schon so angefasst, dass er sich mit seinen Kommentare n um die Thomas-Doll-Gedächtnismedaille bewirbt. "Das war Scheiße, aber ich kann nicht aufgeben", sagte er nach dem unfassbaren 1:5 im eigenen Stadion seines Hamburger SV gegen Hoffenheim. Um sicherzugehen, dass die Journalisten auch wirklich glauben, dass er nicht nach dem zweiten Spieltag schon ratlos ist, rief er ihnen entgegen: "Ich bin nicht genervt, ich bin kampfeslustig."

Ein bisschen mehr Zeit bis zum nächsten Kampf hätte Jens Keller wahrscheinlich gerne. Vier Wochen mehr, um genau zu sein, denn dann soll Klaas-Jan Huntelaar wieder fit sein - und die Abwehr vielleicht nicht mehr so ein Trümmerhaufen wie beim peinlichen 0:4 in Wolfsburg. So geht Schalke verunsichert und ohne den Toptorjäger in das wichtige Spiel am Mittwoch gegen Saloniki. Es geht nicht nur um die Qualifikation für die europäische Königsklasse , sondern auch um die mittelfristige Zukunft des Vereins. "Um konkurrenzfähig zu sein, brauchen wir die Champions League", sagte Manager Horst Heldt heute im "Kicker". Schafft Schalke den Einzug in die Gruppenphase nicht, wird es eine kurze Saison für Jens Keller.

3. Nun kennen wir Jonas Hofmann

Satte 38 Millionen Euro hat Tabellenführer Borussia Dortmund für Pierre-Emerick Aubameyang und Henrikh Mkhitaryan ausgegeben. Aubameyang hatte zum Auftakt beim FC Augsburg gleich dreifach getroffen, sein armenischer Kollege gab nun gegen Brauschweig als Nachfolger von Mario Götze auf der Position im zentralen Mittelfeld ein eher schwaches Debüt. Machte aber nichts, denn der BVB hat ja noch Jonas Hofmann, den Trainer Jürgen Klopp nach 68 Minuten einwechselte.

"Ich bin keiner, der sich verbal aufdrängt": Jonas Hofmann.

"Ich bin keiner, der sich verbal aufdrängt": Jonas Hofmann.

(Foto: imago sportfotodienst)

Erst erzielte Jonas Hofmann eine Viertelstunde vor dem Ende der Pa rtie nach Doppelpass mit Mats Hummels das 1:0, dann holte er kurz vor Schluss den Elfmeter raus, den Marco Reus zum 2:0 verwandelte. Jonas wer? Jonas Hofmann, 21 Jahre alt, Mittelfeldspieler, war 2011 von der TSG Hoffenheim in die U 23 der Borussia gewechselt, absolvierte in zwei Jahren 70 Spiele und erzielte 15 Tore in der dritten Liga. In der vergangenen Saison brachte er es auf drei Einsätze in der Bundesliga, bereitete einen Treffer vor. Nach seinem ersten Bundesligator sagte er der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung": "Ich bin keiner, der sich verbal aufdrängt, der die Klappe aufreißt. Ich will einfach den Kontakt zum Niveau der Mitspieler nicht abreißen lassen." Guter Mann.

Das gilt auch für Max Kruse. Der Stürmer wechselte vor der Saison für 2,5 Millionen Euro vom SC Freiburg zur Borussia nach Mönchengladbach. Zwei Länderspiele durfte er auf der USA-Reise der deutschen Nationalmannschaft absolvieren. Bundestrainer Joachim Löw sagt über ihn: "Max Kruse steht bei mir ganz hoch im Kurs." Max Kruse mangelt es nicht an Selbstbewusstsein, er fährt mit einem Maserati mit Tarnfarbenmuster zum Training und kommentierte das jüngst in der "Süddeutschen Zeitung": "Dafür bin ich charakterlich stark genug." Im Heimspiel gegen Hannover 96 erzielte er prompt ein Tor, war an den beiden anderen beteiligt, gab sich aber bescheiden: "Das ist ein schönes Gefühl, absolute Priorität hatte aber, dass wir das Spiel gewinnen. Es ist wichtig, dass wir die ersten Punkte haben." Guter Mann.

4. Babylonisches Sprachchaos verwirrt Hannover

Beim chancenlosen Gegner aus Hannover war nach der 0:3-Niederlage viel davon die Rede, dass es auch deswegen nicht geklappt hat, weil sich die Spieler untereinander nicht verstehen. Mittelfeldspieler Leon Andreasen, ein Däne, formulierte das hinterher so: "Wir hatten heute eine Viererkette, in der keiner ein Wort Deutsch spricht." Als da wären: Salif Sane aus dem Senegal, Marcelo aus Brasilien, Sebastien Pocognoli aus Belgien und Hiroki Sakai aus Japan. Das geht nicht, meint Andreasen: "Es war Marcelos erstes Spiel, und jeder hat in ein paar Situationen gesehen, dass die Kommunikation ein bisschen fehlt. Es ist nicht optimal. Aber wenn du auf so einem Niveau spielst, musst du es trotzdem können, auch wenn du nicht die gleiche Sprache sprichst." Und nun? Die Vereinsspitze will umgehend reagieren. Klubchef Martin Kind sagte der Tageszeitung "Die Welt": "Wir bieten unseren Spielern Deutsch-Unterricht an. Vielleicht müssen wir das in Zukunft noch intensivieren." Guter Mann.

5. Werder Bremen ist die neue Nationalelf - und andersherum

Dieses nüchterne Spiel, diese herzlose Effektivität - was hat Robin Dutt bloß aus Werder Bremen gemacht? Nun, offenbar er in seinen zehn Monaten als Sportdirektor beim Deutschen Fußballbund viel Zeit im Archiv verbracht und Videos von alten Turnieren gesichtet. Wahrscheinlich hat es ihm die WM 2002 angetan: Eine leichte Auslosung in den K.o.-Spielen, dann dreimal 1:0, und schon stand die DFB-Elf im Finale. So ähnlich läuft es gerade in Bremen. Die Auftaktspiele gegen die Abstiegskandidaten aus Braunschweig und Augsburg, zweimal 1:0, und schon ist der Saisonstart gelungen.

Die Fans, die mit einer fulminanten Abschieds-Choreografie die Trainerlegende Thomas Schaaf feierten, können sich trösten, denn sein Vermächtnis lebt fort. Wenn auch nicht bei Werder Bremen, sondern bei der Nationalmannschaft. Da versprach Bundestrainer Joachim Löw eine neue Balance zwischen Abwehr und Offensive, mehr Fokus auf die Abwehrarbeit, und dann das: Drei Tore ließ sich die DFB-Elf von Paraguay einschenken, von einem Team, das in der WM-Qualifikation in zwölf Spielen ganze neun Treffer zuwege brachte. Im Spiel nach vorn überzeugte das Team, wie eigentlich immer. Aber es sei auf einen nicht ganz unwichtigen Umstand hingewiesen: Das Schaafsche Spektakel brachte Bremen zuletzt 2009 einen Titel im DFB-Pokal, danach ging es bergab. Löw muss 2014 aus Brasilien einen Titel nach Hause bringen, sonst geht es mit seiner Gunst bei Fans und Verantwortlichen bergab.

6. Braunschweig schreibt Geschichte

Kevin Kratz hat sich an diesem zweiten Spieltag in die Geschichtsbücher geschossen. Na, zumindest in die Braunschweiger. Er erzielte nach mehr als 28 langen Jahren wieder ein Erstligator für die Eintracht. Zuletzt war das Matthias Bruns gelungen - am 1. Juni 1985 im Spiel bei Bayer Uerdingen zum 0:2. Am Ende gewannen die Braunschweiger an diesem vorletzten Spieltag mit 2:1, standen aber bereits als Absteiger fest. Das lässt sich über die Eintracht der Spielzeit 2013/2014 nicht sagen. Aber wir lehnen uns nicht sehr weit aus dem Fenster, wenn wir prognostizieren: Das wird schwer. Denn trotz Kevin Kratz und einer ordentlichen Leistung gab es am Sonntag vor 80.200 Zuschauern bei einer schlecht aufgelegten Borussia aus Dortmund ein 1:2. Der BVB hat zum ersten Mal unter Trainer Jürgen Klopp die beiden ersten Saisonspiele gewonnen. Und führt die Tabelle an. Was Braunschweig betrifft, machen wir das nicht gerne, zitieren aber, was wir nach der Niederlage am ersten Spieltag geschrieben haben: "Ansonsten könnte die Saison für das Team von Torsten Lieberknecht im schlechtesten Fall so verlaufen wie die Partie bei der Niederlage gegen Werder Bremen (nun: Borussia Dortmund): Sie haben gut mitgehalten und wurden viel gelobt. Gereicht hat es am Ende aber nicht." Fortsetzung folgt?

Der andere Aufsteiger hingegen scheint sich ganz wohlzufühlen. Herthas Trainer war nach dem 2:2 beim 1. FC Nürnberg zwar leicht angefressen. "Es ist bitter, wenn du auswärts so überlegen bist und gewinnst nicht. Da sind die Jungs eben erst mal enttäuscht", gab Jos Luhukay zu Protokoll. Schließlich fehlte den Berlinern nur eine Minute, und sie wären Spitzenreiter geblieben. Aber davon will der Trainer eh nichts wissen: "Die Tabellenführung beschäftigt uns überhaupt nicht, interessiert uns Nullkommanull." Aber auch er weiß: Vier Punkte zum Saisonstart sind eine ordentliche Ausbeute. Und am kommenden Samstag kommt mit dem Hamburger SV die Schießbude der Liga ins Olympiastadion.

Quelle: ntv.de

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