Das Team brilliert, die Bosse mahnen Hungriger FC Bayern lässt die Liga zittern
22.07.2013, 17:56 Uhr
Josep Guardiola (l.) sagt, wie der FC Bayern spielt und wer. Widerspruch? Ausgeschlossen.
(Foto: AP)
"Wahnsinn", sagt Arjen Robben über den Luxus-Kader des FC Bayern. Die Konkurrenz bibbert. Nur die Bayern-Führung jubelt verhalten. Sie stellt klar: Der Boss sitzt auf der Bank. Der Personal-Wahnsinn hat Methode. Und eine Stammelf gibt es eh nicht mehr.
Knapp einen Monat ist Pep Guardiola jetzt Trainer des FC Bayern. Im Fußball wenig Zeit für große Fortschritte. Eigentlich. Die Bundesliga-Konkurrenz ist nach dem Testturnier am Wochenende dennoch geneigt, schon zu kapitulieren. Egal wen Guardiola beim ersten Härtetest gegen den Hamburger SV (4:0) und Borussia Mönchengladbach (5:1) aufstellte oder einwechselte: Die Bayern-Angriffsmaschine präsentierte sich schon wieder in Triple-Form. Und das, obwohl ein halbes Dutzend Bayern-Stars noch gar nicht mitkickte. Obwohl die Münchner nach dem Triple doch satt und nach der intensiven Vorbereitung schlapp sein müssten. Obwohl die Spiele nur 60 Minuten dauerten.
Der Kader des FC Bayern ist eine einmalige Star-Ansammlung und würde für zwei Spitzenteams reichen.
(Foto: AP)
Nicht nur Leverkusens Sportchef Rudi Völler fürchtet eine erdrückende Münchner Übermacht. Auch Dortmunds Trainer Jürgen Klopp stellte im "Kicker" angesichts der neuen Mittelfeldstars Mario Götze und Thiago fest: "Bayern hat es tatsächlich geschafft, den außergewöhnlichen Kader der vergangenen Saison noch einmal zu verbessern." Die Münchner sehen das genauso. Arjen Robben, einer dieser "22 Topspieler" (Völler), räumte im "Kicker" ein, das sei schon "der beste Kader, in dem ich war". Sein Fazit: "Wahnsinn."
Auf Guardiola singen der Flügelspieler und seine Teamkollegen Lobeshymnen, denen sich nun sogar Dauer-Grantler Matthias Sammer anschloss. "Großes Kompliment bis hierhin an Pep und die Mannschaft, die mitzieht und die nicht den Eindruck vermittelt, dass sie genug hat, sondern dass sie weiter hungrig ist", schwärmte der Münchner Sportdirektor.
Harmonie? Härtefälle!
Das alles erinnert schon wieder verdächtig an die historische Vorsaison, als Trainer Jupp Heynckes die Münchner mit nur drei Niederlagen in der gesamten Saison zum historischen Triple und unzähligen Rekorden geführt hatte. Einerseits, weil er den FC Bayern gleichzeitig wie den FC Barcelona und Borussia Dortmund spielen ließ. Andererseits, und das war das noch größere Verdienst, weil er die Egoismen in seinem Starteam trotz personeller Härten geschickt zu moderieren und dem gemeinsamen Erfolg unterzuordnen wusste. Der FC Hollywood wurde zum FC Harmonie - und war damit erfolgreich wie nie.
Für Bayern-Ehrenpräsident Franz Beckenbauer sind Konflikte angesichts des Münchner Luxuskaders unausweichlich. "Zu viel Konkurrenz funktioniert auch nicht. Da hast du immer den einen oder anderen, der überhaupt nicht spielt. Was soll der dann machen? In der vierten Liga spielen, das ist auch nicht befriedigend", sagte der "Kaiser" der Münchner "AZ". Da müsse der FC Bayern dann eine Lösung finden: "Verleihen oder verkaufen." Ohnehin ist Luiz Gustavo seit Tagen beim VfL Wolfsburg im Gespräch. Ausleih-Kandidaten sind zudem Emre Can und Mitchell Weiser, der schon im vergangenen Halbjahr in Kaiserslautern Spielpraxis gesammelt hatte.
In München haben sie das sehr wohl registriert – und im jüngsten Freudentaumel sofort darauf reagiert. So unberechenbar das Spiel des Triple-Gewinners unter Guardiola angesichts des einmaligen Personaltableaus ist, so unberechenbar ist auch die Stimmung im Starensemble. Vor allem das Mittelfeld platzt aus allen Nähten.
Sammer beharrt darauf, dass der Bayern-Wahnsinn Methode hat, er betont: "Wir brauchen diesen großen Kader." In der Vorsaison hätte schließlich jeder "davon profitiert". Bei mehr als 20 Topspielern sind Härtefälle allerdings programmiert, zumal im Jahr vor einer WM, wenn sich jeder Spieler empfehlen will. Auch Guardiola kennt die Mechanismen: "Am Anfang der Saison reden immer alle gut über den Trainer. Doch am Samstag haben wir unser erstes offizielles Spiel, und da könnten Spieler, die nicht zum Einsatz kommen, schon erste Probleme machen."
"Die Zeiten einer Stammelf sind vorbei"
Das Testturnier in Gladbach war deshalb noch gar nicht gewonnen, da sprachen Guardiola und Sammer schon die erste deutliche Warnung an ihren Luxus-Kader aus. "Die Zeiten einer Stammelf sind vorbei. Unser Trainer wird es so handhaben, dass jeder auf genügend Einsätze kommt. Wenn sich aber ein Einzelner in den Mittelpunkt stellt, kriegt er Ärger", sagte Sammer im "Kicker".
Sofern dieser eine nicht Josep Guardiola ist. Der Coach ist aus seiner Zeit beim FC Barcelona als Disziplinfanatiker bekannt. Angeblich ließ er die Umsetzung seiner Vorgaben fürs Privatleben der Barca-Stars sogar von Detektiven überwachen. Am Wochenende stellte er klar, wer der Chef beim FC Bayern ist: er. "Wenn die Spieler akzeptieren, dass ich der Boss bin, ist alles gut." Egoismen haben da keinen Platz: "Die Spieler müssen letztendlich meine Entscheidungen akzeptieren. Dafür bin ich hier. Wenn sie an sich denken, gibt's Probleme." Aber er glaube, "sie denken an Bayern". Noch.
Quelle: ntv.de, mit sid