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Fußball-Liga rügt 1860 MünchenInvestor manövriert Zweitligisten ins Abseits

06.03.2017, 16:42 Uhr
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Präsident Peter Cassalette und Großinvestor Hasan Ismaik führen den TSV 1860 München. (Foto: imago/MIS)

Hasan Ismaik regiert bei 1860 München wie es ihm gefällt. Am Wochenende ist dem Jordanier sogar der Torjubel der Gegner zu laut. Unangenehme Fragen von Journalisten verbietet der Großinvestor und greift zu harten Mitteln.

Das Geschäftsgebaren von Investor Hasan Ismaik hat den Zweitligisten 1860 München ins Abseits manövriert: Nach dem erteilten Jubelverbot für den Gegner vom Wochenende, FC St. Pauli, und der Pressesperre schränken einige Medien ihre Löwen-Berichterstattung massiv ein. Sogar die bislang zurückhaltende Deutsche Fußball Liga (DFL) übt Kritik. Sanktionen muss der Traditionsklub aber trotz der höchst strittigen Vereinspolitik nicht fürchten.

"Angesichts der Tatsache, dass die Klubs sowohl auf ihrem Trainingsgelände als auch im eigenen Stadion Hausrecht ausüben und die DFL in diesem Fall nicht direkt berührt ist, besitzt die DFL hier keine statuarische Grundlage, weitergehend tätig zu werden", heißt es zu den Vorgängen der vergangenen Woche. Sie rügte aber dennoch, dass ein "professionelles Miteinander" von Klubs und Medien "nicht infrage gestellt werden" solle.

Löwen-Urgestein reagiert "traurig und verwundert"

Genau das hatte die 1860-Vereinsführung aber getan. Während der Pressekonferenz vor dem Punktspiel gegen den FC St. Pauli am Samstag (2:1) war Medienvertretern das Wort verboten worden, Fragen an Trainer Vitor Pereira wurden nicht beantwortet. Bereits Anfang Februar war es zum Streit gekommen, weil der Zweitligist drei Tageszeitungen die Dauerakkreditierung entzogen hatte - offiziell wegen der "Berichterstattung in den letzten Wochen und Monaten".

Im Anschluss hatte es das in solchen Fällen in den DFL-Medienrichtlinien vorgesehene Mediationsgespräch unter Führung des Verbandes Deutscher Sportjournalisten (VDS) gegeben. "Das damalige Ergebnis war ein Konsens aller Beteiligten", teilte die DFL mit. Verbessert hat sich die Situation aber nicht. Der Verein Münchner Sportjournalisten verurteilte das Löwen-Vorgehen deshalb "auf das Schärfste" und forderte den Verein "unmissverständlich auf, die in der ersten Schlichtungsrunde gegebenen Zusagen bezüglich vollumfänglicher Tagesakkreditierungen einzuhalten".

Das Verhalten des Klub stelle "einen klaren Verstoß gegen die Medienrichtlinien der DFL dar", teilte der Verband mit: "Die Verantwortlichen des TSV München von 1860 müssen endlich akzeptieren, dass kritischer Journalismus nichts mit Haus- und Hof-Berichterstattung zu tun hat und Pressefreiheit ein Grundgesetz ist."

"Kicker" verzichtet auf Interviews

Der "Kicker" verzichtet aufgrund der "pauschalen Beschimpfungen von Journalisten und Medien durch Investor Hasan Ismaik" vorübergehend auf Interviews mit Klubverantwortlichen und Spielern. "Wer unabhängige Berichterstattung verhindern will, dem gehört auch im Profifußball besonders genau auf die Finger geschaut", sagte Jörg Jakob, Leiter der "Kicker"-Chefredaktion, und sprach von "Verfolgungswahn" von Ismaik und Geschäftsführer Anthony Power.

In der Partie gegen St. Pauli hatte der Löwen-Investor zudem angeblich verfügt, dass sich die Gremiumsmitglieder aus Hamburg umsetzen sollten, weil sie angeblich zu sehr über die Tore ihres Klub gejubelt hatten. "Als unsere Gremiumsmitglieder, die in unmittelbarer Nähe zu Herrn Ismaik saßen, nach dem Ausgleich jubelten, wurden sie von einem Ordner zur Mäßigung aufgerufen", so St-Pauli-Geschäftsführer Andreas Rettig auf der Homepage der Hamburger. "Nach weiterem Jubel nach dem 2:1 wurden sie aufgefordert die Plätze zu verlassen und sich umzusetzen." Dafür wurde von Seiten des Münchner Klubs eine andere Erklärung gefunden: "Schnell wurde eine Begründung nachgeschoben, danach sollten ihnen durch das Ticketing der Löwen falsche Karten ausgestellt worden sein", so Rettig weiter: "Auch wenn im Nachgang Entschuldigungen ausgesprochen worden sind, macht es das auch nicht besser."

Löwen-Urgestein Werner Lorant reagierte "sehr traurig und verwundert". Der Trainer, der von 1992 bis 2001 in München an der Seitenlinie stand, sehe "bei den Verantwortlichen keinen Plan", das Presseverbot "gehe überhaupt nicht", äußerte Lorant im Sport1-Gespräch: "Als Verein brauche ich die Medien, gerade in einer Stadt wie München. Aussperren ist ein Unding. Schlimm."

"Mit einem großen Schmunzeln" erlebte dagegen Karl-Heinz Rummenigge die neuesten Entwicklungen um den Lokalrivalen. "Mich überrascht nichts mehr bei 1860", sagte der Vorstandschef des FC Bayern. "Der scheint agil zu sein, der Herr Ismaik."

Quelle: ara/sid/dpa

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