Trump stolz auf "Preis für mich"Johnny schenkt Donnie einen perfekten Tag

Die Gruppenauslosung der WM 2026 wird zum skurrilen Spektakel. Einer der Protagonisten ist Donald Trump, da FIFA-Chef Infantino ihm einen Friedenspreis herbeizaubert. Danach zeigt sich der US-Präsident stolz im Weißen Haus.
Donald Trump möchte keine Hilfe. Der US-Präsident steht mit FIFA-Chef Gianni Infantino auf der Bühne, zwischen ihnen der neue Friedenspreis des Fußball-Weltverbands: Ein klotziges, vergoldetes Ungetüm mit nachgebildeten Händen, die eine Weltkugel tragen. Trump nimmt die zugehörige goldene Medaille, hängt sie sich selbst um, guckt sie genau an. Alle Kameras sind auf ihn gerichtet. "Es ist eine der größten Ehren meines Lebens", säuselt Trump im Scheinwerferlicht. Endlich eine Anerkennung für meine Bemühungen, scheint sein Gesichtsausdruck zu sagen. "Ich kenne Johnny schon so lange", lächelt er seinem Bühnennachbarn zu. Applaus aus dem großen Saal.
Vom Friedensnobelpreiskomitee war Trump im Oktober verschmäht worden. Einen Monat später zog Infantino seine neue FIFA-Auszeichnung aus der Tasche. Wie sie zustande kam und wer über ihre Vergabe entschied, ist nebulös - und spätestens jetzt zweitrangig. Denn die Logik von "Johnny" Infantino ist an diesem verschneiten Freitag in der Hauptstadt so einfach wie bestechend: Nur wer sich gut mit dem Gastgeber einer WM stellt, kann mit ihr viel Geld verdienen. Und nur wo Frieden herrscht, kann auch Fußball gespielt werden. Also verleiht der Weltverband einen Friedenspreis an denjenigen Gastgeber, der sich dessen so verdient gemacht haben soll: Trump.
Die Veranstaltung um die Gruppenauslosung der Giga-WM 2026 geriet zur seltsam verzerrten Politikshow, bei der die Grenzen zwischen Sport, Unterhaltung und internationaler Diplomatie völlig verschwanden. Während die einen sich auf das Wesentliche konzentrierten - Fußball, Gruppen, Gegner und Erinnerungen an vergangene Turniere, streichelte das Programm Trumps Ego. Ein Video sang eine Eloge auf den Präsidenten, unter anderem damit, dass er sich "kontinuierlich um Frieden zwischen Russland und der Ukraine bemüht".
Infantino macht es Trump nach
Infantino warf sich vor aller Welt verbal in den Staub: "Das ist es, was wir wollen, einen Anführer, dem die Menschen wichtig sind", spricht er Trump direkt an: "Du verdienst den Friedenspreis für dein Handeln." Infantino hat sich dem Prinzip angeschlossen, nach dem Trump schon seit Jahrzehnten verfährt: Regeln und Grenzen gelten nur, solange sie nicht die eigenen, meist finanziellen Ziele behindern. Infantino steht Trump nahe und zelebriert ihre Verbundenheit, sein Ziel ist Geldverdienen; Trump möchte Anerkennung, die er von der FIFA bekommt. Win-win.
Die FIFA verpflichtet ihre Vertreter - dazu gehört auch Infantino -, politisch neutral zu bleiben. So steht es in den Verbandsregeln, die wegen Korruptionsskandalen unter dessen Vorgänger Sepp Blatter eingeführt wurden. Diese Selbstverpflichtung löste sich an diesem Freitag öffentlich in Luft auf. Für Trump machte der Schweizer schon länger Ausnahmen, schmeichelt ihm und seiner Politik, wenn er kann, spielt mit ihm Golf oder greift zum Telefon. Im Gegenzug behandelt der US-Präsident ihn wie ein spezielles Mitglied seiner Entourage bei internationalen Reisen. Auf der Bühne berichtete der FIFA-Chef davon, wie er Trump bei seinen Missionen begleitete und erlebte - als sei es ein Beleg dafür, dass er tatsächlich der Friedensbringer sei.
Während die FIFA mit diesem herbeigezauberten Friedenspreis für einen international umstrittenen Staatschef politischer denn je agiert, zeigt sie das Gegenteil, wenn sie ihre Weltmeisterschaften nach apolitischen Kriterien alias Geld und Einfluss vergibt. Die vergangenen beiden Turniere im autokratischen Russland 2018 und 2022 im Wüstenstaat Katar waren bereits umstritten. Nach der WM im kommenden Jahr folgt eine in Spanien, Portugal und Marokko 2030, bevor der Zirkus bis 2034 in die Wüstenmonarchie Saudi-Arabien wandert.
Mit seinem Flaggschiffturnier erzielt die FIFA den Großteil ihrer Einnahmen, die sie dann auch an die Mitgliedsverbände verteilt. Das nächstjährige Mega-Turnier lässt die Kassen klingeln wie nie zuvor. Auch das erwähnte Trump mehrmals, zeigte sich beeindruckt von Infantino, der etwas geschafft habe, "was niemand für möglich gehalten hätte". Kein Kunststück bei höheren Eintrittspreisen und Dutzenden Partien zusätzlich, aber darum geht es ja nicht. Kurz bevor tatsächlich die Kugeln gezogen wurden, behauptete Trump, er habe der Legende Pelé bei Cosmos New York zugesehen und gab milde zu, womöglich müsse man sich einen neuen Namen für "American Football" überlegen, da ja "Soccer" der eigentliche Fußball sei.
Die rund 2000 Anwesenden machten mindestens neutrale Miene zum abgekarteten Spiel. Das Publikum ließ sich zu Beginn von Infantino zu "U-S-A", "Ca-na-da" und "Me-xi-co" Gesängen überreden, während die drei Staats- und Regierungschefs lächelnd in den Logen saßen - neben Trump und seiner Frau Ivana auch Kanadas Regierungschef Mark Carney und Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum. Heidi Klum als Moderatorin grinste sich steif durch stanzige Scherze, zwischendurch sagten im Publikum alte Legenden ein paar Sätze. Der brasilianische Bananenfreistoßgott Roberto Carlos gab zudem wertvollste Geheimtipps für Fußballspielende: "Viel trainieren und dorthin schießen, wo der Torwart nicht hingeht".
Trump ganz hin und weg
Trump hatte seine Auszeichnung anderswo in Washington vorbereitet. Das Außenministerium hatte am Mittwoch getwittert, der Präsident sei der "größte Dealmaker in der Geschichte unseres Landes" und ein Foto hinzugefügt, das Trumps Namen am Gebäude des seit 1984 vom Kongress finanzierten "Institute for Peace" zeigte. Rund 300 Beschäftigte versuchten von dort aus, bewaffnete Konflikte in der ganzen Welt zu verhindern. Im März wurden fast alle der überparteilichen Angestellten entlassen, und die Regierung versucht, die Behörde abzuschaffen. Das Gebäude steht praktisch leer.
Am Ende der rund zwei Stunden gab es noch ein letztes Bonbon für den Gastgeber im großen Saal des Kennedy-Centers - im nationalen Kulturzentrum, dessen überparteilichen Vorstand Trump entlassen und sich selbst zum Vorsitzenden gemacht hatte. Die Village People kamen auf die Bühne und stimmten die frühere Homosexuellen-Hymne "YMCA" an. Mit dem Song wurde Trump sogar schon in Saudi-Arabien empfangen, auch bei seinen Wahlkampfauftritten erklingt er - als Rausschmeißer, zu dem Trump von der Bühne schunkelt. So auch an diesem Nachmittag in Washington; oben schwangen Trump und Ivanka ihre Hüften, unten im Saal Rudi Völler.
In dem Bereich, in dem die Journalisten den Gästen ihre Mikrofone unter die Nase halten konnten, ging es viel um Gegner und Abläufe bis zum Turnier, aber auch um Eindrücke des Nachmittags. "Show gehört dazu, dabei haben sie sich nicht lumpen lassen, aber ich bin Fußballtrainer", meinte Bundestrainer Julian Nagelsmann. Und der Friedenspreis? "Der darf Anreiz sein, weiterhin alles für den Frieden auf dieser Welt zu tun", so Nagelsmann diplomatisch. DFB-Präsident Bernd Neuendorf äußerte sich direkter: "Aus deutscher Sicht waren wir sehr froh, als der Konflikt im Nahen Osten beendet wurde." Dies wäre ohne den Einsatz des US-Präsidenten wahrscheinlich nicht möglich gewesen, meinte Neuendorf.
Für Trump war nach der Auslosung vorerst Schluss mit Fußball. Er diskutierte hinter verschlossenen Türen mit Carney und Sheinbaum über Handelspolitik, danach fuhr er ins Weiße Haus, wo er neben Republikanern den italienischen Tenor Andrea Bocelli für eine weitere Darbietung empfing. Der hatte zu Beginn der FIFA-Veranstaltung die Arie "Nessun Dorma" gesungen - niemand schläft. "Eine Milliarde Zuschauer" hätten "den Preis für mich" gesehen, schwärmte Trump seinen Parteikollegen voller Stolz vor. Es klang, als hätte Johnny ihm einen perfekten Tag geschenkt. Wer will da schon schlafen gehen?