Weltwunder und düstere Ansage Karl-Heinz Rummenigge sorgt für Wirbel in der Fußballwelt
12.02.2025, 20:29 Uhr
Karl-Heinz Rummenigge feiert die Klub-WM als Weltwunder.
(Foto: David Inderlied/dpa)
Die Klub-WM ist umstritten, weil sie für viele ohnehin schon extrem belastete Spieler eine zusätzliche Belastung darstellt. Karl-Heinz Rummenigge hat eine ganz andere Sicht auf die Dinge. In einem Rundumschlag meckert er über Jammer-Spieler.
In Deutschland mag Karl-Heinz Rummenigge nicht das Gewicht von Uli Hoeneß haben, doch international ist der ehemalige Boss des FC Bayern noch immer eine große Nummer. Manchmal vergisst man, dass es Rummenigge als meinungsstarken Fußball-Funktionär noch gibt. Dabei ist es so: Wenn er etwas sagt, dann hört die Fußballwelt zu. Und dieses Mal hat er etwas gesagt, das reichlich Wirbel verursacht. Das umstrittenste Fußball-Projekt des Jahres feiert der 69-Jährige als "Weltwunder". Die von FIFA-Boss Gianni Infantino reformierte, gigantische Klub-WM macht Rummenigge verrückt vor Glück. Damit stellt er sich gegen die Stimmen der Spieler, die die immer größer werdende Belastung durch immer mehr Spiele und aufgeblähte Wettbewerbe angeprangert hatten.
Eine mächtige Stimme war Manchester Citys Taktgeber Rodri. Er hatte sich an die Spitze der Bewegung gesetzt und sich wenige Tage später das Kreuzband gerissen. Die Liste der prominenten verletzten Spieler ist lang und wird immer länger. Ganz aktuell steht es nicht gut um Kai Havertz, dem Nationalspieler droht das Saison-Aus. Rummenigge hat für die Klagen der Spieler kein Verständnis. "Unsere Spieler sollen aufhören zu jammern! Die ganzen Vertragsverhandlungen [...] gehen immer nur in eine Richtung: immer höher, immer weiter, immer schneller. Irgendwo muss das viele Geld aber herkommen", sagte Rummenigge im Interview der "Sport Bild".
Von den Spielern selbst gestellte Falle
Der 69-Jährige sieht den Fußball in einer "Falle", die sich die "Spieler selbst gestellt haben". Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Die andere ist die Seite der Funktionäre, die die ungebremste Kommerzialisierung des Fußballs gnadenlos vorangetrieben haben. Dabei moralische Aspekte völlig ignoriert haben. Woher das Geld kam, egal. Hauptsache es fließt. Und es fließt in Mengen und die Quellen der neuen globalen Player, allen voran Saudi-Arabien, scheinen einfach nicht versiegen zu wollen. Was werden aus dem Land nicht alles für absurde News geteilt. Ein Jahresgehalt von 200 Millionen Euro für Cristiano Ronaldo ist nur die Spitze des Sandbergs.
Aber man muss gar nicht so weit schauen, um zu sehen, wie die Kommerzialisierung zu einem sich selbst beschleunigenden Monster geworden ist: Die wegen Menschenrechtsverletzungen umstrittenen Deals des FC Bayern mit Qatar Airways und Visit Ruanda oder die Dortmunder, die sich mit dem Rüstungskonzern Rheinmetall ins Bett gelegt haben. Für das immer teurere Spektakel wurde bei der Auswahl der Finanziers immer weniger Rücksicht auf Werte genommen. "Wir in Deutschland müssen aufhören zu glauben, nur unser Wertekatalog müsse der ganzen Welt übergestülpt werden", findet Rummenigge: "Diesen großen Fehler macht die Politik und leider inzwischen auch der Fußball - und weite Teile der Medien. Franz Beckenbauer hat immer gesagt: Wenn du mit dem Finger auf andere zeigst, zeigen drei Finger auf dich selbst zurück."
Auch die höchst umstrittene WM-Vergabe 2034 nach Saudi-Arabien müsse man akzeptieren, sagt der ehemalige Boss des FC Bayern. DFB-Präsident Bernd Neuendorf hatte im Dezember, auch unter dem Druck sich nicht in der FIFA ganz zu isolieren, für das Turnier im Wüstenstaat gestimmt und damit große Kritik von Menschenrechtlern ausgelöst. "Ich habe ihn angerufen und gesagt: Bernd, das war die einzig richtige Entscheidung."
"Keiner ist bereit, vom Gas zu gehen"
Allerdings sagt Rummenigge dem Fußball auch so dunkle Zeiten voraus. "Wenn das so weitergeht, wird der Fußball die einzige Industrie auf der Welt sein, die keinen Profit mehr macht, sondern nur noch Verluste produziert", sagte er. "Wir fahren alle auf eine Wand zu - und keiner ist bereit, vom Gas zu gehen." Doch wo soll diese Wand herkommen? Versiegt das Geld auf der Insel? Bei PSG? Oder gar in Saudi-Arabien? Denn klar ist auch, den Fußballern wurden viele Honigtöpfe hingestellt und wenn ihnen einer weggenommen wird, dann findet sich ein neuer (und finanziell lukrativerer). Selbst in Katar, der im Schatten stehenden Wüstenliga, gibt es noch so viel Geld zu verdienen, dass ein noch nicht allzu alter Spieler wie Julian Draxler die Vorzüge in der Welt der sportlichen Bedeutungslosigkeit zu genießen weiß
Wie also lässt sich das Problem lösen? Mit einer Gehaltsobergrenze? Rummenigge sieht das Mittel der Wahl. Würde ein Bayern-Spieler "statt 20 Millionen 'nur' noch 15 Millionen Euro" verdienen, halte er das "mit Verlaub immer noch für wahnsinnig viel Geld". Diese Aussage ist durchaus spannend, denn bei seinem FC Bayern, für den er immer noch im Aufsichtsrat sitzt, geht es derzeit massiv darum, die Gehaltskosten zu drücken und die Zukunft zu planen. Bei Spielern wie Jamal Musiala und Joshua Kimmich wird das kaum gelingen. Im Gegenteil. Und das muss ja finanziert werden. Zum Beispiel durch ein "Weltwunder", durch die Einnahmen bei der Klub-WM.
Quelle: ntv.de