Schutzsperre für 20 DFB-Referees? Kempter im Visier der Fahnder
25.10.2011, 14:06 UhrProminente Schiedsrichter stehen im Verdacht, Steuern hinterzogen zu haben. Nun gerät auch Michael Kempter ins Visier der Staatsanwaltschaft. Unschön für den Deutschen Fußball-Bund ist, dass die Anzeige gegen Kempter auf den Gerichtsstreit mit Manfred Amerell um sexuelle Belästigung zurückgeht.
Sie sollen Einnahmen aus Freundschaftsspielen und internationalen Partien nicht ordentlich versteuert, Fahrtkosten falsch oder doppelt abgerechnet, also das Finanzamt und den Deutschen Fußball-Bund betrogen haben. Während die Staatsanwaltschaft weiter gegen mehrere namenhafte Schiedsrichter ermittelt, droht dem DFB die Affäre über den Kopf zu wachsen. Und den Verband holt die eigene Vergangenheit ein. Denn nun ist auch Michael Kempter ins Visier der Fahnder geraten.
Der frühere Fifa-Schiedrichter gehört zu denen, gegen die Behörden ermitteln. "Das kann ich bestätigen", sagte sein Anwalt Christoph Schickhardt. Er dementierte allerdings Berichte, wonach die Behörden Kempters Privaträume in Sauldorf durchsucht hätten. Dazu bestehe gar kein Anlass, "weil wir mit völlig offenen Karten spielen und den Behörden alles transparent darlegen". Kempter war bereits 2009 wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe in Höhe von 23.750 Euro verurteilt worden.
Fünf Steuerfahnder hatten am Montag die Geschäftsstelle des Deutschen Fußball-Bundes in Frankfurt am Main nach Akten gesucht. Zudem sollen in Süddeutschland mehrere Wohnungen prominenter Bundesliga-Referees durchsucht worden sein. Die Schiedsrichter stehen unter Verdacht, ihre Einnahmen nicht ordnungsgemäß versteuert zu haben.
Streit zwischen Amerell und Kempter als Auslöser
Wie die "Süddeutsche Zeitung" als erste berichtete, soll der ehemalige Schiedsrichter-Obmann Manfred Amerell die Staatsanwaltschaft auf Kempters Spur gebracht haben. Das ist von daher interessant, als dass Kempter Amerell sexuelle Belästigung vorwirft. Eine Auseinandersetzung, bei der DFB-Präsident Theo Zwanziger seinerzeit keine gute Figur machte, als er sich früh auf Seiten Kempters stellte. Amerell hatte gegen Kempter geklagt und den Prozess verloren. Mittlerweile stellt sich heraus, dass dieser Streit der Hauptauslöser der Ermittlungen gegen mehrere deutsche Schiedsrichter ist.
Sie gehen vor allem eine Gerichtsverhandlung zwischen Amerell und Kempter im Februar im baden-württembergischen Hechingen zurück, wie auch die "Süddeutsche Zeitung" berichtet hatte. Amerell beklagte demnach im Laufe des Prozesses häufig wechselnde Angaben von Kempter. Amerell überprüfte diese auf ihre Plausibilität und wollte Ungereimtheiten erkannt haben - auch finanzieller Natur. Dann erstattete er Anzeige.
Die neue Affäre könnte sich zu einem echten Problem ausweiten. Denn nun droht den 20 Unparteiischen eine Schutzsperre durch den DFB - wenn der sich an die eigenen Richtlinien hält. Die Referees sind zum Teil auch in Zweitrundenpartien im Pokal an diesem Dienstag und Mittwoch angesetzt, laut "Süddeutscher Zeitung" werden in sieben von 16 Partien verdächtige Referees pfeifen. "Das Aussprechen von Schutzsperren durch den DFB erfolge - unabhängig davon, welcher Schiedsrichter betroffen sei - immer dann, wenn durch die Staatsanwaltschaft ein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde", heißt es in einem internen Protokoll der Schiedsrichter-Kommission.
Schiedsrichter-Boss Herbert Fandel will jedoch die Ermittlungen abwarten. "Schließlich wissen wir nicht im Detail, was den Schiedsrichtern vorgeworfen wird." Und DFB-Mediendirektor Ralf Köttker sagt vorerst: "Eine Schutzsperre kann nur dann zur Anwendung kommen, wenn es sich um mögliche Verfehlungen im Rahmen der konkreten Schiedsrichtertätigkeit handelt, also zum Beispiel ein Manipulationsverdacht im Raum steht. Für ein eventuelles Fehlverhalten im privaten Bereich greift eine solche Maßnahme nicht." Aber auch er wolle abwarten, wie sich die Sache entwickelt.
Quelle: ntv.de, mit dpa und sid