"Gegensatz zu Moral und Werten" Klopp-Klub wird für Staatshilfe-Antrag gerügt
05.04.2020, 12:41 Uhr
Der Nimbus des FC Liverpool leidet ob der jüngsten Maßnahme.
(Foto: imago images/Action Plus)
Genauso wie zahlreiche Firmen meldet der Premier-League-Klub FC Liverpool Kurzarbeit an. Dafür nimmt der englische Tabellenführer das Hilfsprogramm der britischen Regierung in Anspruch - und kassiert heftige Kritik. Ehemalige Spieler wie Dietmar Hamann können dies nicht mit den Werten des Klubs vereinbaren.
Champions-League-Sieger FC Liverpool hat im Zuge der Corona-Krise einige Angestellte in Kurzarbeit oder den Zwangsurlaub geschickt. Wie der Klub um Teammanager Jürgen Klopp mitteilte, wurde dafür das von der britischen Regierung aufgelegte Notfall-Programm in Anspruch genommen. Dieses garantiert im Falle von Kurzarbeit beziehungsweise Zwangsurlaub (engl. furlough) rückwirkend ab 1. März zunächst für drei Monate 80 Prozent des Gehalts bis zu einer Höhe von 2500 Pfund pro Monat (2824 Euro). Die Reds steuern den Rest bei, um finanzielle Nachteile der Angestellten auszuschließen.
Die Entscheidung stieß indes auf viel Kritik. "Ich bin erstaunt darüber, dass Liverpool diese Maßnahme der Regierung in Anspruch nimmt. Dafür war diese Maßnahme eigentlich nicht gedacht", schrieb etwa Dietmar Hamann, der 2005 mit dem LFC die Champions League gewonnen hatte, bei Twitter: "Das steht im Gegensatz zu der Moral und den Werten dieses Klubs, die ich kennengelernt habe."
Klopps Mitgefühl ist "vergessen"
Auch die ehemaligen Liverpool-Spieler Jamie Carragher und Stan Collymore zeigten wenig Verständnis. "Jürgen Klopp hat seit Beginn der Pandemie viel Mitgefühl gezeigt. Und dann ist das alles vergessen", schrieb Carragher bei Twitter. Collymore wurde noch deutlicher: "Ich kenne keinen Liverpool-Fan, egal aus welchem Umfeld, der angesichts dieses Schritts nicht empört ist."
Ähnlich äußerte sich ein anonym bleibender Mitarbeiter des Vereins. "Der Klub bezeichnet die Mitarbeiter als Familie. Ich fühle mich nicht wie ein Familienmitglied. Warum nutzt ein Klub, der mehr als 100 Millionen Pfund umsetzt, ein Regierungsprogramm für seine Mitarbeiter, wenn andere Unternehmen es mehr brauchen?", sagte er der BBC.
Zwar sind die Reds bereits der fünfte Klub, der sich zu dieser Maßnahme entschloss. Viele Fans sehen darin jedoch das Vereinsmotto "You'll never walk alone" konterkariert. Sie verweisen auf die 42 Millionen Pfund (47,7 Millionen Euro) Gewinn vor Steuern in der jüngsten Bilanz. Zuvor waren bereits die Ligarivalen Tottenham Hotspur, Norwich City, Newcastle United und AFC Bournemouth ähnlich verfahren.
Am Freitag hatten sich die Premier-League-Klubs darauf geeinigt, von ihren Profis eine Kombination aus Kürzungen und Stundungen des Gehalts um 30 Prozent zu fordern. Doch die Spielergewerkschaft (PFA) gibt sich weiter hart und verwies darauf, dass dem Staat dadurch Steuereinnahmen in Höhe von über 200 Millionen Pfund entgingen. "Was bedeutet dieser Verlust für das nationale Gesundheitswesen?", fragte die PFA. Außerdem sei es zwar "willkommen", dass die Liga 20 Millionen Pfund für wohltätige Zwecke spenden wolle. "Aber diese Summe könnte sehr viel höher sein." Und was die Spieler angehe, so brauche eine Regelung zum Gehaltsverzicht leider noch "ein bisschen mehr Zeit".
Quelle: ntv.de, ara/sid/dpa