Möglich, "dass es das dann war" Klopp blickt ganz entspannt gen Feierabend
02.09.2021, 12:34 UhrJürgen Klopp steckt seit 20 Jahren ununterbrochen in stressigen Arbeitsverhältnissen. Ewig, so erklärt er, wird das nicht so weitergehen. Einen Plan für die Zeit nach dem aktuellen Engagement gibt es schon - der Welttrainer ist entspannt, zumindest beim Gedanken an die Zukunft.
Jürgen Klopp ist eine Ikone - fragt man in Mainz, Dortmund oder Liverpool nach, darf man sicher das Gefühl bekommen, er wäre noch ein bisschen mehr. Klopp ist einer der erfolgreichsten Trainer unserer Zeiten. Er schenkte Borussia Dortmund zwei deutsche Meisterschaften, beim FSV Mainz 05 machte er aus einer grauen Maus zwischen Chaos und Depression einen der aufregendsten Bundesligisten der mittleren Nuller-Jahre und den FC Liverpool befreite er 2020 aus einer 30 Jahre währenden Starre im Warten auf die erste Meisterschaft seit 1990. Vorher hatte er dem einst stolzen Klub den Champions-League-Titel organisiert. Klopp ist seit mehr als 20 Jahren beinahe ununterbrochen im Dienst, seit er am Rosenmontag 2001 in Mainz zum Trainer gemacht wurde. Eine lange, erfolgreiche Zeit. Aber ewig wird es nicht so weitergehen, glaubt Klopp.
Ja, sein Job mache ihm "unglaublichen Spaß", sagt der 54-Jährige im Interview mit RTL/ntv. "Das Problem ist nur, in meinem Job hat man keinen Feierabend, keine Chance abzuschalten. Muss ich das wirklich bis ins hohe Alter haben? Weiß ich nicht." Seit 2015 arbeitet Klopp beim FC Liverpool, vorher war er jeweils sieben Jahre für den FSV Mainz 05 und Borussia Dortmund tätig. Jedem Abschied folgte eine unmittelbare Anschlussbeschäftigung. Diese Kette wird er, den man 2019 zum Welttrainer kürte, durchbrechen. Ein "Sabbatical" stehe an, ein Jahr ohne Engagement, wie es sich die großen Kollegen Pep Guardiola und Thomas Tuchel bereits in ihren Karrieren gegönnt haben. Klopp will da nachziehen, irgendwann. "Wenn der Vertrag in Liverpool beendet ist, wann auch immer das sein wird, muss ich erst mal feststellen, wie das ist, wieder ein 'normales' Leben zu führen. Ein Jahr Pause. Das hatte ich noch nie."
"Kann sein, dass es das mit dem Trainer Jürgen Klopp war"
Sein aktueller Vertrag in Liverpool läuft noch bis zum Sommer 2024. Natürlich muss dann nicht Schluss sein. "Aber ich bin da tiefenentspannt. Wenn man ein Jahr raus ist, kann es auch gut sein, dass vielleicht kein Hahn mehr nach mir kräht, was auch vollkommen in Ordnung ist. Es gibt so viele gute Trainer da draußen. Kann sein, dass es das mit dem Trainer Jürgen Klopp dann war", sagte Klopp. Das ist natürlich unwahrscheinlich, die Idee vom "normalen Leben" ohnehin Utopie. Vor allem das, was sich Klopp schmunzelnd davon erhofft: "Ich würde gerne mal in Dortmund ins Stadion gehen, ohne dass jemand denkt: 'Och, wäre schön, wenn der wieder zurückkommen würde'".
Klopp hat nicht nur mit seinen Titeln, sondern auch mit seiner unnachahmlichen Qualität als Menschenfänger und -begeisterer so gewaltige Fußstapfen hinterlassen, dass seit seinem tränenreichen Abschied 2015 alle Nachfolger an ihm gemessen werden. Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hatte erst 2020 die große Sehnsucht des Klubs so verpackt: "Wenn Jürgen zum BVB zurückkommen möchte, kann er das machen, in welcher Funktion auch immer", sagte Watzke der "Bild". Der BVB-Boss fügte damals augenzwinkernd an: "Er könnte aber auch jeden Verein der Welt trainieren, im Endeffekt jeden Job machen, selbst in der Show-Branche."
Ob er mal bei der deutschen National-Mannschaft an der Seitenlinie stehen wird, die am Abend (ab 20.15 Uhr/ RTL und im Liveticker auf ntv.de) gegen Liechtenstein in die Ära Hansi Flick startet? "Nett, dass ich das immer wieder gefragt werde", lächelte Klopp. Aber: "Das kann ich nicht planen." Immerhin habe er "in dem Jahr dann viel Zeit drüber nachzudenken, wie es weitergeht." Wann immer das sein wird.
Die Sehnsucht nach dem Mittelstürmer
Zur Weltmeisterschaft in Katar im kommenden Jahr muss in jedem Falle noch Hansi Flick die DFB-Elf führen. Dort will man dann auch den Titel holen, sagte unlängst Manuel Neuer. "Wir haben große Ziele für das nächste Jahr. Deswegen bin ich weiter noch dabei. Ich habe große Ziele und möchte Weltmeister werden mit der Mannschaft", versprach der Kapitän der Nationalmannschaft am Montag in Stuttgart. Laut Klopp absolut vorstellbar, "natürlich" könne man Weltmeister werden, "wie alle anderen auch." Die Qualität sei "absolut in Ordnung, aber sie ist nicht viel besser als bei anderen Nationen auch." Nein, "als haushoher Favorit gehen wir nicht ins Turnier".
Um Titel zu holen, müsse man "sich noch als Mannschaft entwickeln. Und das könnte wunderbar funktionieren. Dass man eine Gemeinschaft entwickelt, wie Italien das getan hat." Beim Europameister habe man "eindeutig gesehen, dass die sich grüner waren als andere. Die haben das mit mehr Leidenschaft angenommen als andere. Und deshalb ist das eine spannende Geschichte." Und dann gibt es noch einen Wunsch, den Klopp für die Nationalmannschaft hat: Einen Mittelstürmer. "England hat mindestens sieben klassische Mittelstürmer, die in der Nationalmannschaft spielen könnten. Warum haben wir das nicht?", fragt der Premier-League-Experte. "In der Breite haben wir das nicht. Irgendwo müssen die Spieler ja herkommen." Deutschland habe doch "ein paar Buben, die da rumlaufen, das wäre schon cool, wenn da langfristig ein Mittelstürmer bei rauskommen würde."
Quelle: ntv.de, ter